Kommentar: Facebooks Krise geht ans Fundament

Seite 2: Sogar Sandberg sorgt sich um ihren Job

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Regelmäßig dringen peinliche Interna nach außen, Dokumente und Kritik werden öffentlich gemacht. Facebook-Insider sind gesprächig wie nie. So konnte Bloomberg für einen Artikel acht Insider interviewen, die NYT sogar mehr als 50. Vielleicht auch weil der Kurs der Facebook-Aktien deutlich gesunken ist: Aktien(optionen), die das Gehalt auffetten, sind weniger wert. Damit haben auskunftsfreudige Mitarbeiter weniger zu verlieren.

Inzwischen ist sogar bestätigt, dass sich Sandberg um ihren Arbeitsplatz sorgt. War sie lange Zeit eine gefeierte Frauen-Ikone, bekommt sie in US-Medien nun ihr Fett ab. Ein Sandberg-kritischer Kommentar, wie ihn die NYT vergangene Woche publiziert hat, wäre noch vor einem Jahr als skandalöser anti-feministischer Affront mit Schimpf und Schande bedeckt worden.

Wie sich die Kündigungsraten in der Facebook-Belegschaft entwickeln, ist (noch?) nicht öffentlich bekannt. Rosig kann die Statistik aber nicht aussehen. Die Moral ist angeknackst. Eine (ebenfalls durchgesickerte) interne Erhebung Facebooks muss für die Konzernführung alarmierend sein: Nur noch jeder zweite Mitarbeiter ist optimistisch für die Zukunft des Unternehmens. Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 84 Prozent.

Ebenfalls nur gut die Hälfte glaubt, dass Facebook die Welt verbessere. Vor einem Jahr waren es noch fast drei Viertel. Facebooks Personalabteilung soll inzwischen davon ausgehen, dass neue Mitarbeiter im Schnitt nicht einmal vier Jahre bei der Stange bleiben. Und es gibt Anzeichen dafür, dass sich die im Silicon Valley besonders begehrten Informatikstudenten nicht mehr so um Facebook-Jobs reißen wie früher.

Besonderen Aufruhr in der Belegschaft gab es, als bekannt wurde, dass eine von Facebook beauftragte republikanische PR-Firma eine antisemitische Kampagne gegen den Facebook-Kritiker George Soros gefahren hatte. Facebooks (ebenfalls gegangener) PR-Chef Elliot Schrage wandte sich daraufhin schriftlich an die Mitarbeiter. Das Schreiben wurde wenig später bewusst veröffentlicht.

"Für viele Leute quer durch die Firma ist es ungemütlich, (über den Skandal) am Arbeitsplatz zu erfahren. Viele Leute im PR-Team fühlen sich angegriffen von der Presse und sogar von ihren Kollegen", schrieb Schrage in seinem Rundbrief. "Ich bin schwer enttäuscht, dass so viel interne Diskussion und Anschuldigungen öffentlich geworden sind. Das ist eine ernste Bedrohung für unsere Kultur und die Möglichkeit, in schwierigen Zeiten zusammenzuarbeiten."

Die Serie ungewollter Veröffentlichungen hat sogar Firmenmitgründer Zuckerberg dazu veranlasst, jenen mit Entlassung zu drohen, die mit Journalisten sprechen. Offenbar hat der Milliardär noch mehr zu verbergen. (ds)