Kommentar: Mehr Geld für Consultants oder Deutschland geht unter!

Die Digitalisierung lief 2022 schlecht bis mies, Bremser grätschen Deutschland aus. Ein kommentierender Rückblick aufs Jahr der Nörgler.

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Deutschland 2022 – nörgelnde Bremser gegen missverstandene Digitalisierungsexperten. Wenn das Land jetzt nicht bald auf diese mutigen Consultants hört, dann können wir die Bundesrepublik abschreiben. Es ist offensichtlich: Dinge wie ein solider IT-Mittelstand, Datenschutz und freie Software – also die, bei der Open Source nicht zum Marketing verkommt – sind ja so schrecklich 90er, halt wie die sonstige Denke hierzulande. Das Ausland, oder bei aller Ehrlichkeit vielmehr die USA, machen vor, wie die Zukunft auszusehen hat.

Ein Kommentar von Moritz Förster

Moritz Förster schreibt seit 2012 für die iX und heise online. Er betreut neben dem iX-Channel die Bereiche Arbeitsplatz und Server.

Statt sich in ewigen moralischen Bedenken zu ergehen, wurde da schon längst die Privatsphäre dem Fortschritt geopfert. Wen interessieren schon solche grundlegenden Rechte, wenn sie Großkonzernen im Wege stehen? Und wenn Start-ups mit tollen Ideen wie dem kompletten Wegfall von Arbeitnehmerrechten etablierte Industriezweige wegdisruptieren? Niemanden, denn so sind die Produkte nicht nur billiger, sondern als Bonus auch kurzlebiger – sprich qualitativ konsumfreundlicher.

Wohlgemerkt: Bei der Digitalisierung Marke Übersee geht es nicht um klassische Profitmaximierung oder gar reelles Wachstum auf Pump – solche Kritik ist auch so von gestern. Heute versprechen wolkige Hoffnungen auf ein etwaiges Monopol in einem noch nicht klar umrissenen Markt den Erfolg. Wer das nicht kapiert, ist offensichtlich auf Krämerdenke beschränkt.

Warum schaffen wir das alles hierzulande noch immer nicht? Schließlich wissen diese ganzen Meckerer gar nicht, was sie wirklich wollen. Meist stellen sie völlig abstrakte Forderungen wie eine schnellere und unkompliziertere Behörden-IT oder eine sichere und verlässliche Cloud-Infrastruktur auf – aus und für Europa. Nicht nur, dass sich darunter nun wirklich niemand etwas vorstellen kann, nach all den Erklärungen wird auch schnell klar, dass das technisch völlig unmöglich ist.

Echte Digitalisierung misst sich im Volumen der Amazon-AWS-Buchungen, dem Grad der Abhängigkeit von Microsoft 365 oder der Höhe des Bergs an Android-Elektroschrott. Die Masse an Meetings unterstreicht das beste Management, denn Angestellte wollen heute auf Augenhöhe mit Belanglosigkeiten eingeschläfert werden. Gepaart mit einer ausufernden Prozessbürokratie ohne echte Zuständigkeiten – schon ist der Digitalisierungstraum 2022 fertig.

Vorbilder gibt es genug, also einfach mal machen! Wer einen Zweifel verspürt: Berater anstellen, viel hilft hier viel. Und ja nicht ins europäische Ausland gucken – da haben die nervigen Bremser ihre absurden Vorstellungen mancherorts schon durchgesetzt –, sonst kommt man noch auf falsche Ideen.

(fo)