Kommentar: Warum Googles Open-Source-Rückzieher zu begrüßen ist

Bislang veröffentlichte Google den Quellcode jeder Android-Version. Beim Tablet-Betriebssystem Honeycomb ist alles anders – zum Glück.

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Seit der Markteinführung im Jahr 2008 wirbt Google mit dem Schlagwort "Open Source" für Android. Ob das gerechtfertigt ist, war immer umstritten. Seit zwei Wochen steht fest: Zumindest die Tablet-Version Honeycomb verdient das Etikett nicht, denn Google hat die Veröffentlichung des Quellcodes auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben.

Android-Boss Andy Rubin verteidigte den Strategiewechsel nun, versäumte jedoch, die wahren Vorteile herauszustellen: Aus Googles Sicht ist er unvermeidbar, um den Ruf von Android zu schützen. Aus Sicht der Anwender ist er zu begrüßen, denn er dämmt die Flut unbrauchbarer Geräte ein.

Vor Honeycomb veröffentlichte Google die Quelltexte der jeweils aktuellen Android-Version bei Markteinführung des ersten Gerätes – nicht aus Idealismus, sondern aus Pragmatismus: Zig Hersteller, auch kleine, sprangen auf den Android-Zug auf und sorgten für ein atemberaubendes Wachstum.

Die Kehrseite war eine Flut von Billig-Androiden, vornehmlich Tablets, mit lahmen Prozessoren und schlechten Touchscreens. Wer auf solche 100-Euro-Billigware hereinfällt, kauft sich beim nächsten Mal eher kein Android-Gerät mehr – Frust ist Frust, auch wenn die Hardware an der Ruckel-Bedienung schuld ist.

Das Ende der Billig-Tablets

Nun hat Google die Notbremse gezogen. Bei Android 3.0 gibt es nicht nur – wie zuvor auch – einen Hardware-Partner, der das neue System als erster einsetzen darf (in diesem Fall Motorola). Google öffnet ein zweites Zeitfenster für handverlesene Hersteller, die bewiesen haben, dass sie konkurrenzfähige Produkte bauen können. Beispiele sind Acer, Samsung oder Asus, die bereits Android-3.0-Tablets angekündigt haben.

In dieser Phase behält Google die Kontrolle und verhandelt individuell mit den Partnern. "Die Party im Androidenland ist vorbei. Wer die aktuelle Software früh bekommen will, muss seine Pläne absegnen lassen", schreibt Businessweek. Die Billigkonkurrenz kommt erst später zum Zug, vermutlich zu spät. Das ist Googles gutes Recht. In der Pflicht, GPL-lizenzierte Komponenten zu veröffentlichen, stehen die Hersteller, nicht Google.

Hat Google also alles richtig gemacht? Nicht ganz. Es ist fast schon peinlich, wie der Web-Riese auf dem Open-Source-Etikett für Android beharrt. Die "temporäre Verzögerung" bei Honeycomb stelle "keinen Strategiewechsel" dar, schreibt Andy Rubin.

Diese steile These begründet er mit einem Trick: Honeycomb sei noch gar nicht fertig, denn es laufe auf Smartphones noch nicht zufriedenstellend. Dass Honeycomb gezielt für Tablets entwickelt wurde und das erste Gerät, das Xoom, bereits seit Ende Februar verkauft wird, verschweigt er. (cwo)