Kommentar: iOS und Mac nahtlos vereint – endlich!

Mit iOS 8 und OS X 10.10, die am Montag in San Francisco vorgestellt wurden, verzahnt Apple sein Ökosystem intensiver als je zuvor und als jede andere Betriebssystemplattform.

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Für Manchen war Apples gestrige Präsentation zur Entwicklerkonferenz WWDC (siehe Mac & i-Liveticker) mit der Vorstellung von iOS 8 und OS X 10.10 Yosemite eine Entäuschung. Kein einziges neues Stück Hardware wurde gezeigt, weder ein Mac, noch ein iPhone oder iPad – auch keine aufgefrischte Apple-TV-Multimediabox oder gar eine "iWatch".

Doch ich garantiere, dass diese Keynote, bei der neben Firmenchef Tim Cook vor allem der für iOS und OS X zuständige Softwareboss Craig Federighi die Hauptrolle spielten, Apple-Usern noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Ein Kommentar von Ben Schwan

Mac & i-Redakteur Ben Schwan schreibt seit 1994 über Technikthemen und richtet sein Augenmerk mittlerweile insbesondere auf Apple-Geräte. Er mag das Design von Mac, iPhone und iPad und glaubt, dass Apple nicht selten die benutzerfreundlicheren Produkte abliefert. Immer perfekt ist die Hard- und Software-Welt aus Cupertino für ihn aber nicht.

Der Grund: iOS und OS X wachsen stärker zusammen als je zuvor. Und zwar nicht etwa, indem es nun ein einziges Betriebssystem gäbe, das wie Windows 8 zwischen allen Stühlen sitzt. Stattdessen bleibt OS X – trotz teils radikaler optischer Veränderungen – eine Software für Desktops und Notebooks und iOS ein System für Tablets und Smartphones. Vielmehr beginnt Apple nun, mit einer neuen Technik namens Continuity ein nahtloses Interagieren zwischen beiden Plattformen zu erlauben.

Ein einfaches Beispiel. Bislang konnte man mit AirDrop, einem Verfahren zum schnellen Austausch von Dateien im Nahbereich per WLAN, bloß Kontakt zwischen Mac und Mac oder iOS-Gerät und iOS-Gerät herstellen. Künftig geht das endlich über diese Grenze hinweg, in einem einzigen Apple-Ökosystem.

Continuity geht aber noch viel weiter. Man kann mittels "Handoff"-Funktion auf einem iPad eine E-Mail beginnen und sie dann mit einem Klick am Mac fertigstellen oder umgekehrt, Websites aus Safari mit einem Fingerzeig unterwegs weiterlesen oder eine Tabelle mal eben zwischen Plattformen verschieben und übergangslos weitertippen.

Höchst sinnvoll ist auch die Möglichkeit, ein iPhone mit dem Mac zu verzahnen. So kann man laut Apple ohne Stress Telefonate und SMS auf dem Desktop annehmen oder den Mac als Freisprecheinrichtung verwenden. Ebenfalls gut: Ein iPhone dient dem Mac als Mobilfunk-Hotspot, und zwar ohne Konfigurationsorgien.

Im Sinne des Nutzers – und Apples – vereint: Mac, iPhone, iPad.

(Bild: Apple)

Noch wissen wir nicht, ob Continuity, Handoff und das verbesserte AirDrop wirklich so problemlos funktionieren, wie Apple es gestern gezeigt hat. Schließlich sind iOS 8 und OS X 10.10 noch in der Betaphase und erscheinen erst im Herbst. Es ist Apple aber durchaus zuzutrauen, dass die Technik so nahtlos funktioniert, wie der Konzern es behauptet.

Ebenfalls noch unklar: Werden neben Apple-Apps auch Programme von Drittanbietern Continuity und Handoff beherrschen? Das wäre für eine sinnvolle Nutzung zwingend. [Update:] Apple hat angekündigt, auch Entwicklern Zugriff auf die Handoff-Funktionalität zu geben. [/Update]

Apple zeigt mit iOS 8 durchaus, dass der Konzern lernfähig ist. So sind nun endlich Drittanbieter-Widgets in der Nachrichtenzentrale erlaubt. Die Mini-Apps waren etwas, das iOS enorm fehlte und so manchen Freund durchkonfigurierter Smartphones und Tablets zu Android verführte. Apple musste hier reagieren, schließlich verliert iOS Marktanteile.

Auch ist es natürlich ein Verkaufsargument, ein derart integriertes Ökosystem bereitzuhalten. Wer ein iPhone hat, interessiert sich dann schneller für den Mac und wechselt auch schwerer wieder in Richtung Windows und/oder Android, wo es eine solch enge Verzahnung nicht gibt. Beides hilft Apple. Aber die Nutzer bekommen auch etwas, wenn sie sich darauf einlassen. Entsprechend sind Continuity und Co. eine sinnvolle Entwicklung – nicht nur für Cupertinos Bilanzen. (bsc)