Kommentar zu KI: Ohne Rücksicht auf Verluste

Der KI-Boom birgt hohe Umweltkosten. Die Parallelen zur umweltschädlichen Gier früherer Goldgräber sind offensichtlich und alarmierend, meint Wilhelm Drehling.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 66 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Wenn Goldgräberstimmung aufkommt, profitieren nicht die Goldgräber, sondern die, die Schaufeln verkaufen – besser lässt sich die Situation in der jetzigen KI-Welt nicht zusammenfassen. Jeder will KI anwenden und irgendwo reinprügeln. Sehr zum Vorteil eines Unternehmens wie Nvidia, das den Großteil der benötigten Hardware stellt und damit raketengleich an die Spitze der wertvollsten Unternehmen der Welt aufgestiegen ist.

Ein Kommentar von Wilhelm Drehling

Wilhelm Drehling widmet sich seit 2020 bei c't einer breiten Palette an IT-Security-Themen. Dabei deckt er aktuelle Ereignisse ab, taucht in die Geschichte der Kryptografie ein oder hackt Webserver für Lehrzwecke. Wie seine nerdig veranlagten Kollegen verarbeitet Drehling nicht selten Themen aus der Freizeit in c't-Artikeln: So hat der begeisterte Speedcuber schon über die Mathematik von Zauberwürfeln geschrieben, Smart-Cubes getestet, einen Sudoku-Generator programmiert, QR-Codes per Hand dechiffriert, Doom auf einem Taschenrechner gezockt und Lego-Anleitungen erstellt.

Klar, der Hype ist groß und es gibt Gebiete, in denen KI absolut sinnvoll ist. Zum Beispiel ist die Offline-Instanz von OpenAIs Whisper super, die im Handumdrehen Interviews transkribiert. Doch KI hat Schattenseiten, die viel zu oft übergangen oder schöngeredet werden.

So wie am Klondike verliert mancher jeglichen Anstand und sieht vor Dollarzeichen in den Augen nicht die Copyright- und Datenschutzverletzungen, die er fabriziert. Zum Beispiel mit Bildgeneratoren, die das gesamte Internet nach Bildern abgrasen, kategorisieren und somit Künstlern nicht nur das Leben schwermachen, sondern auch noch ihre Kunst klauen. Mit Sprachmodellen, die sämtliche Eingaben zum Trainieren wiederverwenden. Oder mit Webscrapern, die das Internet durchwühlen und auch nicht Halt machen vor Seiten, die das gar nicht wollen.

Zusätzlich fluten im KI-Goldrausch zwielichtige Start-ups den Markt mit sinnlos teuren Produkten, pappen ein großes KI-Logo drauf und versprechen die Revolution, die die Welt rettet. Nach Blockchain, Web3 und NFTs müssen die Investoren ja irgendwo ihre Millionen verbrennen.

All diese unnötigen KI-Projekte schaden zudem im großen Maße der Umwelt: KIs sind energiehungrige Kreaturen, die Strom und Wasser verschlingen. Dieser Konsum wird auch nicht so schnell aufhören, sondern im Gegenteil weiter ansteigen. Wie zwei Paper befürchten, könnten KIs bis 2027 so viel Wasser wie vier bis sechs Dänemarks verbrauchen und so viel Strom wie die ganzen Niederlande. Alleine das Trainieren von Chat-GPT3 hat beispielsweise 700.000 Liter Wasser verbraucht. Es ist wie damals, als Goldgräber in ihrer Gier Wälder abholzten und Flüsse verunreinigten. Es kann einfach nicht sein, dass 128 Jahre später die gleichen Fehler erneut begangen werden, nur damit man mit zwei Sätzen ein goldiges Bild generieren kann. Das muss aufhören.

In eigener Sache: c't bei WhatsApp

(wid)