Kommentar zur Digitalisierung: Fax und Lederhose

Bayerns Digitalminister Mehring setzt auf Show statt Digitalisierung, während Frankfurt effizient Faxgeräte und -Server abschafft, meint Christian Wölbert.

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(Bild: FabrikaSimf / Shutterstock, bearbeitet durch c't)

Lesezeit: 2 Min.

Da der Slogan von "Laptop und Lederhose" mittlerweile angestaubt klingt, suchen bayerische Politiker nach frischen Wortspielen fürs zünftige Wahlkampfgetöse und die allgemeine Selbstbeweihräucherung. Ministerpräsident Markus Söder versuchte es 2021 mit "Leberkäs und Lasern", doch der Laser wollte nicht so recht zünden. Mehr Erfolg hatte sein Digitalminister Fabian Mehring von den Freien Wählern: Er habe "das Faxen dicke" und werde das Faxgerät aus der Verwaltung verbannen, verkündete er im Dezember 2023. Denn als "High-Tech-Land" müsse Bayern "bundesweit vorangehen".

Ein Kommentar von Christian Wölbert

Christian Wölbert schreibt für c't über IT-Politik, E-Government, Verbraucherschutz und Umweltthemen.

Es folgte der typisch bajuwarische Politklamauk. Mehring ließ sich dabei fotografieren, wie er ein Faxgerät in den Papierkorb hievte. Zu Fastnacht verkleidete er sich als Punk mit Anti-Fax-T-Shirt. Im August jubelte er, die Zahl der Faxgeräte in den bayerischen Behörden sei bereits von 3766 auf 1869 gesunken; und das "bereits wenige Monate nach meinem Vorstoß".

Was bei all dem unterging: Mehring will zwar die Faxgeräte abschaffen, aber nicht das Faxen. Bürger und Unternehmen können die Behörden weiterhin per Fax erreichen. Die Schreiben sollen bloß nicht auf Papier ankommen, sondern als "digitales Computerfax", wie Mehrings Ministerium in einer Pressemitteilung schreibt.

Wenn man Faxe in Bilddateien verwandelt, ist es natürlich keine Kunst, auf Faxgeräte zu verzichten. Mit sinnvoller Digitalisierung hat Mehrings "Fax-Bann" also wenig zu tun. Wichtiger wäre es, Verwaltungsprozesse zu optimieren, Gesetze auszumisten und verschlüsselte Kommunikation einzuführen. Doch da hat der Minister offenbar wenig vorzuweisen. Sein Ministerium wollte auf Anfrage nicht sagen, mit welchen konkreten Maßnahmen man es geschafft hat, die Zahl der Faxgeräte zu halbieren und blieb bei Fragen zu den nächsten Schritten im Ungefähren. Für ein Interview mit c’t hat der Minister keine Zeit.

Wer echte Vorreiter in Sachen Digitalisierung sucht, sollte sich nördlich des Weißwurstäquators umschauen. Die Stadt Frankfurt am Main zum Beispiel schafft nicht nur die Faxgeräte ab, sie will zum Jahresende auch ihren Fax-Server abschalten. Und das ganz ohne alberne Wortspiele und Selbstbeweihräucherung.

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(cwo)