Pro & Contra: Ist Apple zu streng?

Das Prüferteam im iOS-App-Store lehnt immer häufiger ganze Apps ab oder verlangt eine Beschneidung der Funktionen. Ist das richtig so?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 90 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Thomas Kaltschmidt
  • Immo Junghärtchen

Artikel aus Mac & i Heft 1/2015, S. 7

Thomas Kaltschmidt meint, die Prüfer gehen zu weit. Kunden und Entwickler sollte man nicht wie Kinder behandeln.

Eine Einlass-Kontrolle im iOS-App-Store ist ohne Frage notwendig, aber inzwischen erscheinen mir die Prüfer zu streng zu sein. Erst beflügelt Apple mit neuen Frameworks wie den iOS-8-Erweiterungen die Phantasie, um dann gute Ideen auszubremsen und sinnvollen Extensions den Zutritt in den Store zu verweigern.

So geschehen beim Launcher-Widget von Greg Gardner. Es konnte aus der Heute-Ansicht heraus Apps, Kontakte, Einstellungen und Webseiten aufrufen – eine praktische Sache –, doch Apple sah darin eine Zweckentfremdung. Das Notiz-Widget Drafts von Greg Pierce wurde abgelehnt, weil es Schaltflächen enthielt; bei anderen Apps war das kein Problem. Panic durfte in seiner FTP-App Transmit Inhalte nicht weitersenden, auch nicht an die iCloud, weil es mit Fremd- statt mit in der App entstandenen Daten hantiere. Ein FTP-Client, hallo? Wenn sich zu strengen Regeln noch Willkür gesellt, wird es kritisch. Nach öffentlichen Diskussionen setzte sich im Fall Panic dann zwar die Vernunft durch, aber der schale Geschmack bleibt.

Oder was soll man von der Ablehnung von Cluster halten, das sich erdreistet hat, die Konkurrenzplattform Android auf der eigenen Homepage in einer FAQ zu erwähnen und diese Seite innerhalb der App zu verlinken? Müssen jetzt alle digitalen Magazine und Bücher auf möglicherweise Apple-fremde Inhalte überprüft und aussortiert werden? Mal von all den fragwürdigen Moralvorstellungen ganz abgesehen, die Apple Zeitschrifteninhalte oder ein harmloses Spielchen ablehnen lassen, das einen Männerhintern in pixeliger 8-Bit-Grafik zeigt. Regeln sind richtig und wichtig, aber etwas mehr Gelassenheit stünde den Prüfern gut zu Gesicht. Sie sollten die Interessen der Anwender wahren, sonst wenden die sich am Ende entnervt ab – und die Entwickler mit. (thk)

Für Immo Junghärtchen ist die strenge Auslegung der Richtlinien im Interesse der Kunden.

Auf lange Sicht betrachtet ist Apples strikte Auslegung der eigenen Richtlinien die einzige Wahl. Mich erfüllt es jedes Mal mit Grauen, wenn ich ein Android-Handy in die Finger bekomme und nicht erkennen kann, ob da jetzt Apps zu sehen sind oder Widgets. Wer braucht einen Taschenrechner in der Mitteilungszentrale, wenn doch aus dem Kontrollzentrum heraus mit einem Tipp der Rechner auftaucht?

Eine Aufweichung der Regel, dass die Mitteilungszentrale nur für aktuelle Informationen dient, würde dem Missbrauch Tür und Tor öffnen: Bald schon mogelten schwarze Schafe blinkende Werbung hinein. Außerdem litte die Stabilität, wenn unregulierte Erweiterungen den Mobilprozessor mit Aufträgen im Dutzend bombardierten. Die Suppe auslöffeln dürfte dann der Anwender, wenn nach zwei Stunden der Akku leer und das Datenvolumen aufgebraucht wäre.

Wichtig ist auch, dass Apple Wert auf den Jugendschutz legt. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass sie ihren Sprösslingen ein iPhone in die Hand drücken können, auf dem nur altersgemäße Inhalte landen. Apple legt sich im Zweifelsfall lieber mit Entwicklern an, statt mit den Erziehungsberechtigten eine wichtige Kundengruppe zu vergraulen. Vor allen Dingen muss Apple darauf achten, dass die iOS-Plattform frei von Schadsoftware bleibt.Wir vertrauen unseren iPhones Unmengen an sehr persönlichen Daten an: wen wir kennen, was wir denken, wo wir sind. Apple ist dieses Vertrauen wichtig, und mir auch. Lieber verzichte ich auf ein paar Features, als dass ich die Kontrolle über meine Daten verliere. Apple bestimmt die Regeln, und die Entwickler verdienen gutes Geld damit. Wem sie nicht passen, der darf gern Android-Apps entwickeln. (imj)

Wer hat recht? Diskutieren Sie mit!

Zuletzt bei Pro & Contra: Verzettelt sich Apple? (se)