Was war. Was wird.
Die Wochenschau von Hal Faber möchte den Blick für die Details schärfen. Sie ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.
Immer wieder gibt es Informationsbröckchen, die es nicht zur richtigen Nachricht schaffen. Sie mögen nicht in das Bild passen, das eine Firma von sich präsentieren will. Sie passen nicht in die angesagten Technik-Trends oder sie sind wirklich so kümmerlich, dass es der Sammlung bedarf. Manches bleibt auch unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle: Menschen, Computer, Sensationen verdecken den Blick auf Hintergründiges und Zusammenhängendes.Die Wochenschau von Hal Faber möchte hier ein bisschen gegensteuern und den Blick für die Details schärfen. Sie ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist, so es die Bröckchenlage zulässt, Rück- wie Vorschau zugleich.
Was war
*** Filtermechanismen, die die Spreu von dem Weizen trennen sollen, die aber auch Nachrichten unterdrücken können, sind hochkomplizierte Kill-Files. Manchmal versagen sie und schon debattiert die Republik über das Fax des Kommandos Helmut Kohl. Die Fälschung vor einigen Tagen mit der Mitteilung, Kohl wolle die Spender doch nennen, schaffte es, von einigen Nachrichtenagenturen verbreitet zu werden, die keine Zeit zur Überprüfung des Faxes hatten. Das Kommando hatte Tatzeit wie Tatort gut gewählt, einen Sonntagnachmittag in unterbesetzten Agenturen. Eine E-Mail mit denselben Behauptungen wäre wohl glatt nach dev null gewandert. Damit sich solche Pannen nicht wiederholen, wollen die Agenturen jetzt Codes an Parteien und Verbände ausgeben, die häufig Pressemeldungen faxen. Fehlt der Code, ist das Fax nicht authentisch. Bei E-Mail, deren Anteil am Nachrichtenaufkommen noch minimal ist, soll das Verfahren nicht eingesetzt werden. Der Enten-Schutz sei hier nicht nötig, weil die Kennung viel schwieriger zu fälschen sei, meint ein dpa-Mann. Eine mutige Aussage im Zeitalter des Spam.
*** In der letzten Woche gab es den Superbowl. So nennt sich das wichtigste US-amerikanische Sportereignis des Jahres beim Football. Wo starke Männer mit einem dicken Ei herumrennen, konnte Apple vor langer Zeit im Jahre 1984 mit einem Video Filmgeschichte schreiben: Eine Sprinterin läuft und läuft, einen langstieligen Hammer in den Händen. Am Ende schmettert sie ihn in einen großen Überwachungs-Bildschirm und löst damit ein Bataillon Zombies aus der Starre. Die Anspielung auf den PC, der seine Anwender zu willenlosen Marionetten der Firma IBM degradiert, wurde damals nicht von allen verstanden. Was bei diesem Superbowl eingeblendet wurde, konnte jeder verstehen: Insgesamt 17 Internet-Firmen schalteten Werbung zum Superbowl, indem sie ihre Adresse einblendeten. "Es hat uns 4 Millionen US-Dollar gekostet, Ihnen diese Adresse zu zeigen", proklamierte OurBeginnings.com. Tags darauf berichtete die Firma stolz von einem 550-Prozentigen Anstieg der Netzlast auf ihren Servern. Eine andere Rechnung machte ein Werbeanalyst der Firma Media Matrix auf: Er verglich die investierte Gesamtsumme aller 17 Firmen, 42 Millionen US-Dollar, mit dem gemessenen Traffic vom Superbowl (ein Plus von 1,1 Millionen Besuchern). Stimmt die Rechnung, so hat jeder Besucher 38 US-Dollar gekostet. Irgendwo muss sich das viele Geld aus den Börsengängen ja niederschlagen, sagt der Netz-Meteorologe in US.
*** Mitunter wird so ein waschechter Niederschlag produziert. Der Kauf von Andover.Net durch VA Linux Systems ist so einer, driften doch unabhängige Meinungsforen wie Slashdot unter die Regie eines Hardwareherstellers. Rob Malda, einer der Slashdot-Gründer, hatte sich in einem Interview vor einiger Zeit gegen den Einfluss von Firmen wie Linux Systems ausgesprochen. Vergebens. Die Welt der freien Software ist um eine freie Stimme ärmer geworden.
*** Nicht nur die Foren von Slashdot sind von freien Geistern geschaffen worden. Auch die Heise-Foren leben von ihnen und ertragen dafür so manchen weltanschaulichen Unsinn. Nun kommt die Preisfrage: Wie lange hält sich solch ein Forum und wem gehören seine Inhalte? Bei Spiegel Online beantwortete man das Problem auf Gutsherrenart. Vor zwei Monaten schon löschte man das komplette Archiv aller Beiträge, die sich in drei Jahren Leserkommentierung angesammelt hatten. In der letzten Woche waren dann mit einer halbstündigen Vorwarnung alle Themen im aktuellen Forum dran, die in diesem Jahr noch keine neuen Beiträge aufwiesen. Nun schäumen die Fourmsteilnehmer und gehen auf anderen Websites ins Exil, etwa bei der ZEIT im Internet.
*** Bleibt die Frage, ob eine Speicherung wie bei Dejanews auf Jahrzehnte hinaus wirklich im Interesse aller Teilnehmer ist. In seinem Roman Tina beschreibt der große Arno Schmidt das Nachleben von Schriftstellern, die gestorben sind. Sie müssen so lange in einem Zwischenhimmel ausharren, bis der letzte gedruckte Nachweis ihres Namens verschwunden ist. Hat das Prinzip im Internet Bestand, so wird das Zwischenreich in alle Unendlichkeit expandieren, wie das Universum. Tröstlich nur, dass Wissenschaftler in Potsdam, USA, nachgewiesen haben, dass sich die Zeit auch wieder zurückbewegen kann. Wo Küken wieder in die Eier steigen, könnten auch ausufernde Foren wieder schrumpfen, gar das ganze Internet verschwinden.
Was wird
Wenn sich die Zeit nicht umdreht, sondern stur weiterläuft? Was wird es schon Grosses vor der CeBIT geben können? Im Vorfeld der Leistungsschau an der Leine verschnaufen viele Firmen und heben sich ihre Erkenntnisse für Hannover auf. Eine Ausnahme macht das BSI. Dort haben sich ausnahmsweise Wirtschaftswissenschaftler und keine Sicherheitstechniker mit dem Computer beschäftigt. Sie stellten eine simple Frage: Was kostet es eigentlich, wenn ein Computer abstürzt? Die Antwort auf diese Frage wird am nächsten Donnerstag der Öffentlichkeit vorgestellt. Die vorab bekannt gewordenen Antworten der Hersteller machen neugierig. Ein großer amerikanischer Hersteller behauptete, dass seine Rechner ab Werk nicht abstürzen können, ein anderer, der in Deutschland fertigen lässt, verwies auf einen self-healing-mode. Computer kosten also nur Strom -- und Nerven. Oder war da noch was? (Hal Faber) (jk)