Was war. Was wird. In einer gewittrigen Sommernacht: des Sommerrätsels erster Teil
Sommerlöcher? Wunschmaschinen? Oder alles nur Lug und Trug, die Einsschusslöcher lassen kein anderes Denken mehr zu? Hal Faber eröffnet trotz allem das Sommerrätsel.
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.
Was war.
*** Willkommen bei dieser kleinen Wochenschau und der ersten Ausgabe des Sommerrätsels, vor vielen Jahren als Vehikel gedacht, im WWWW das Sommerloch zu umschiffen. In diesem Jahr gibt es mehr Einschusslöcher als Sommerlöcher, in dem Gaza-Krieg abseits der Genfer Konvention, den Auseinandersetzungen an der ukrainischen Grenze oder dem Abschlachten in Syrien. Kann man in einer solchen Situation wirklich über Kunst schreiben und rätseln, wenn das Töten von Schutz suchenden Zivilisten mit der Notwendigkeit verglichen wird, den Rasen zu mähen – was den "Rasen" kräftigt. Ich schaue auf meine Karten zum Waldbühnenkonzert des west-östlichen Divan und sage ja. Man muss. Es ist wichtig und nötig, über Kunst zu schreiben oder nachzudenken, ob es Musik ist wie von Kareem Rouston oder Ayal Adler oder eben Computerkunst. Nehmen wir nur diese anmutige Komposition "Gelb, Grün und Rosa gegen Blau" des Dadaisten Pietr Koalitan, zu sehen rechts, vielleicht noch als Rap vorgetragen vom Heise-Vorlese-Button links oben: Kunst? Wunst oder gar gebombter Virus-Dunst?
*** Aber ach, das ist gar keine Kunst, sondern Punst, um es mit dem jüdischen Künstler Max Liebermann zu sagen! So kann schnell kann man sich beuysschen. Da hat jemand das Herumgeschreibsel der beteiligten Ministerien in der unsäglichen "Digitalen Agenda für Deutschland" farbig markiert und bei Netzpolitik veröffentlicht. Statt Kunst präsentiert sich so eine Art Bullshit-Ping-Pong zwischen den Ministerien und selbst die abgestimmte Fassung ist getretener Quark. Wie in der letzten Wochenschau bemängelt, fehlt die angestrebte technologische Souveränität Deutschlands aus dem Koalitionsvertrag, stattdessen werden Papa und Mama adressiert, doch bitte das Internet agendakonform zu nutzen:
"Wir wollen Mütter und Väter bei der Gestaltung eines guten Familienlebens im digitalen Zeitalter unterstützen und sie darin bestärken, die Möglichkeiten des Internets kritisch und souverän zu nutzen.
*** Nun ist Kunst, zumal Computerkunst, aus der Sicht der kritischen Leser des Heise-Newstickers eine suspekte Sache. Viele haben schon in frühen Jahren mit wenig RAM auf einfachen Home Computern Plotter in den spirographischen Wahnsinn getrieben, man denke nur an die Listings von Return to Square, wo nur das japanische "Original" als Kunstwerk höchste Sammlerpreise erzielt. Ganz zu schweigen von den Apfelmännchen, die wirklich jeder ausprobiert hat. Es gehört aber auch zur Computerkunst, wenn ein simpler Film wie Watson ist hin mehr über den Krieg in Afghanistan aussagen kann als viele Reportagen. Nun ist in dieser Woche Harun Farocki gestorben, ein halber Weggefährte von Holger Meins. Farocki verdanken wir den bemerkenswerten Bilderkrieg oder die "Images of War (at a distance)" über die Soldaten, die mit Drohnen töten. Wer da etwas von Farockis trockenen marxistischen Filmtraktaken schwafelt, hat absolut nichts verstanden.
So kommen wir denn geschwind zu Frage 1: Bilderkrieg? Wir sehen bei einem bekannten Blogger von US-amerikanischer Seite präsentierte Bilder aus der Ukraine von dem Gebiet, in dem der Flug von MH17 endete. Gesucht wird ein Künstler, der jahrelang in Deutschland solche Aufnahmen analysieren musste und daraus später eine ganz eigenständige Kunst der Zahlen und Katastrophen entwickelte.
Nur keine Atempause, Geschichte wird gemacht. Also gleich Frage 2: Computerkunst? Wunst? Vunst? Wie heiĂźt der KĂĽnstler zum Bild links?
*** Schwierige Rätsel gibt es hier nicht, nur falsch gestellte Fragen. So habe ich in der letzten Wochenschau ein Pressebild des eco-Verbandes über den De-CIX mit der Frage nach einem kommenden Jubiläum verknüpft. Die schmale Brücke bildete der Empfänger der geschickt vermarkteten ersten Internet-Mail in Deutschland, eco-Vorsitzender Michael Rotert. Zur Ankunft der Mail wird gezählt, mit 20 Cent pro A4-Seite gerechnet und kritisiert. Was fehlt, sind Beweise, wann die ersten Mails von Geheimdienstlern mitgeschnitten wurden. Erinnert sich noch jemand an die Debatte um die angebliche Hintertür in der Microsoft-Crypto-API im September 1999? Der Chaos Computer Club schäumte, doch die NSA meinte schlicht, dass sie als Cryptographic Service Provider (CSP) die Sachen braucht, um Regierungskommunikation zu verschlüsseln. Das Mitlesen von Computer-Mails sei seit Jahrzehnten kein Problem. Und wenn es mal Probleme gibt, entschuldigt man sich einfach. Das geht auch bei uns. So weit, so auffindbar. Was im vergesslichen Internet fehlt, ist die damalige Pressemeldung von Utimaco über ihre Software Safeguard mit eigenen Crypto-Schnittstellen ohne Hintertüren für ausländische Geheimdienste. Genau lesen hilft, bei allen offenen Fragen.
Fragen? Ach ja, genau, da war was: Frage 3. Zu dem Bild rechts wird eine Aussage gesucht und natürlich auch der Künstler dieses wuchtigen Gemäldes.
Und dann gleich Frage 4: Auch im Bild links ist ein StĂĽck groĂźer Kunst zu sehen. Gesucht wird der KĂĽnstler, nicht der Prozessor
*** Es gab Kritik, warum diese Wochenschau nicht an das Stauffenberg-Attentat vom 20. Juli 1944 erinnerte. Wo doch unser Bundespräsident so schöne Worte über die Werte fand, zu denen man mutig stehen muss, will man nicht mitschuldig werden, wenn anderen Unrecht geschieht. Mit kleinen Ausnahmen natürlich, denn so ein Snowden ist ein X-Zehntel eines gigantischen Stauffenbergs, hat er doch nur "puren Verrat" geübt. Vor dieser Art des Zwiedenkens, der staatlichen Realitätskontrolle hat einst George Orwell gewarnt, in einem Buch, das Bundespräsident Gauck gelesen haben dürfte. Nun hat auch Glenn Greenwald, der reisen kann, sogar in die USA, eine Anfrage des NSA-Untersuchungsausschusses zur Zeugenvernehmung am 11. September abgesagt. Zuvor hatte Greenwald gesagt, dass er sich unter bestimmten Bedingungen einen Auftritt gut vorstellen könnte. Die Art und Weise, wie namentlich SPD-Politiker vom Schlage eines Oppermann eine Rückkehr in die USA als humanitäre Lösung für Snowden bezeichnen, gehört zu der Hohen Schule des Zwiedenkens. Sie hat Greenwald dazu gebracht, seine Meinung zu ändern. Wenn schon die Erinnerung hoch gehalten werden muss, dann die an den Waschauer Aufstand, von mir aus auch multimedial.
Folgt nahezu zwangsläufig Frage 5: Computerkunst oder keine Computerkunst? Angesichts des Bildes rechts eine vortagesaktuelle Frage.
Kommen wir dann auch gleich zu Frage 6: Im Bild links signiert David Bowie David Bowie. Ein Kunstwerk besonderer Umstände. Gesucht werden die Künstler, Fleißpünktchen gibt es für die Umstände.
*** Das "Recht auf Vergessen" war einstmals auch ein Wettbewerb, den der längst vergessene Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ausrichten ließ, mit den Minks von Sebastian Sterz als strahlender Sieges-Idee. Dahinschmelzende Links gibt es nun bekanntlich von Google, komplett mit einer Erklärung darüber, wer nach der Löschtat alles benachrichtigt wird, wie bei einer Überwachungsmaßnahme. Da sind unsere Schnüffel-Behörden zwar zur Benachrichtigung nach Beendigung verpflichtet, vergessen genau das aber immer wieder. Nun hat sich auch ein waschechter Verfassungsrichter zu Worte gemeldet, was all diejenigen verärgert, die Google für das Urböse halten. Das Thema bleibt kontrovers. Wer lang genug dabei ist, etwa seit der ersten Internet-Mail, der weiß, wie brüchig und löchrig diese digitale Kultur ist, die auf dem Fundamenten der Vorgänger errichtet wird. Wir zappeln wie der Fisch auf dem Fahrrad und wenn es nicht weitergeht, dann wird die Wikipedia bemüht, die über den Löchern thront.
Daraus ergibt sich nahezu logisch Frage 7: Aus welchem Multimedia-Projekt stammt Visualisierung einer Mail im Bild rechts?
Gefolgt von Frage 8: Heute ist Walter Benjamins Flucht in den Tod ein Ferienziel gesundheitsbewusster Wanderer. Er schrieb über den Engel der Geschichte, nach einem Bild von Paul Klee. Natürlich ist der längst computerisiert, wie im Bild links zu sehen. Gesucht wird der Künstler.
Was wird.
In der Sommerpause geht es beschaulich zu, wie in "Alle schauen zu". In Israel spielen sie Verstecken rund um einen einzigen israelischen Soldaten, in der Ukraine gibt es ein Freiluftpuzzle unter dem Beschuss von zwei Seiten. Und die Deutschen, die Deutschen gehen so um mit Asylbewerben, die vor dem Schrecken geflohen sind. Wenn Google mit seinen Alerts in dieser Woche richtig liegen sollte, dann ist das Thema der PKW-Maut ein deutscher Sommerloch-Kaiman allererster Güte. Vor allem der Vorschlag aus Österreich, aus den Dobrindt-Plänen eine europa-einheitliche Maut zu entwickeln, entzückt. Fahrerlose Autos sind auch schwer gefragt, nachdem Großbritannien erste Lizenzen für 2015 vergeben hat. Andere Probleme haben wir nicht?
Ach, egal. Frage 9: Immer diese Computerkunst. Das Bild rechts ziert ein Buch, das sich gleich zu Beginn mit fahrerlosen Autos beschäftigt. Gesucht wird der Autor, Fleißpünktchen gibt es für den Künstler.
Und zum guten Schluss Frage 10: Mit dem Bild links wird ein KĂĽnstler gesucht, der noch Ideale hatte.
Die Auflösung des ersten Teils unseres diesjährigen kleinen Sommerrätsels aus einer lauen, wenn auch gewittrigen Sommernacht erfolgt wie üblich am späten Montagsnachmittag. Mitunter aber auch in den Kommentaren der geneigten Leserschaft. (jk)