Was war. Was wird. Vom Neustaat und anderen
Hat da jemand "heißer Sommer" gesagt? Quatsch, alles eine Verschwörung der Gutmenschen! Was Hal Faber immer mehr am Verstand der Menschheit zweifeln lässt.
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.
Was war.
*** Gute Güte, ist das "neue Normal" heiß. Schmilzt der Wirtschaftsstandort? Das muss Wahlkampf für die Grünen sein, vermutet die Zeitung mit den großen Buchstaben, die von kleinen Hirnen gemacht wird. Da möchte man den Keller nicht mehr verlassen, aber es gibt ja einen Trost: Ab Montag werden die Tage wieder kürzer und damit wird es immer ein kleines bisschen weniger heiß im Neustaat Deutschland. Dieser vom CDU-Politiker Thomas Heilmann ausgerufene "Neustaat" ist in aller Munde, seitdem ihn die CDU in ihrem Wahlprogramm aufgenommen hat. Gemeint ist hier erst mal das Wahlprogramm für den Berliner Senat, nicht das der Bundes-CDU. An dem wird noch gebastelt und gerechnet. Heilmann, der seinen Wahlkampf-Bus in kluger Neustaatlichkeit in Doppelfunktion als Corona-Teststation durch seinen Wahlbezirk fahren ließ, soll mit dem Neustaat gar eine Revolution ausgelöst haben. Für den Berliner Neustaat werden 1000 neue Stellen bei einer neuen Stadtpolizei oder Neustaatspolizei gefordert, damit "der Schutzmann an der Ecke wieder zum normalen Straßenbild gehört" außerdem mindestens 100 Blockwarte, die, als hauptamtliche "Müll-Detektive" deklariert, in den Hinterhöfen verfolgen sollen, ob die Berliner ihren Müll ordentlich trennen. Was braucht der Neustaat noch? Nachdem Deutschlands oberste Digitaldenkerin Dorothee Bär (CSU) ein Z-Ministerium gefordert hatte, das als Vorhut bei der Sicherung der technischen Souveränität agieren soll, hat nun die CDU nachgelegt und über den Fraktions-Covfefe Ralph Brinkhaus ein "Transformationsministerium" gefordert. Das soll beim Umbau vom Altstaat zum Neustaat helfen, wo doch alles und sein Hund digital wird.
*** Frisch gestartet ist jedenfalls die zum Bundesinnenministerium gehörende "Digitalakademie des Bundes" als Learning-Plattform für Neustaatsbeamte. Die bekommen jetzt Rohrpost-Podcasts und Erklärvideos zu sehen und lernen spielerisch, wo das Internet wohnt: Alle Posts in sozialen Medien, alle E-Mails, Kalendertermine, Keynote-Präsentationen oder die Videos, die Sie im Internet streamen, alles das liegt in keiner Cloud, sondern auf surrenden Computerservern in Rechenzentren, in langen Reihen übereinandergestapelt. Hier wohnt das Internet. Hier wohnen Ihre Daten. Jeder einzelne digitale Fußabdruck gespeichert, vielleicht für immer." Surrende Server, in langen Reihen gestapelt und voller digitaler Fußabdrücke, das ist doch richtig fasslich. Umso besser, wenn vom "Leben der Daten" die Rede ist, die von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod die Server surren lassen, vielleicht für immer. Wer weiß, wo das Internet wohnt, weiß auch, dass das Internet nie etwas vergisst.
*** Zu den vergessenen, doch immer noch interessanten Geschichten gehört eine Geschichte aus der Handy-Steinzeit, die jetzt von Forschern der Universität Bochum öffentlich gemacht wurde. Danach ist die Verschlüsselung mit dem GEA-1-Algorithmus absichtlich geschwächt worden, damit der Datenverkehr geknackt werden konnte. Aus dem 64-Bit-Schlüssel wurde ein 40-Bit-Schlüssel wie in den Export-Versionen so mancher US-Software in den 90er-Jahren. So heißt es in der Pressemitteilung im Klartext: "GEA-1 ist so leicht zu brechen, dass es sich um eine absichtlich schwache Verschlüsselung handeln muss, die als Hintertür eingebaut wurde." Das war schon früher vermutet worden, doch nun ist es wissenschaftlich bewiesen. Noch interessanter wird die Sache mit dem eigentlich veralteten Algorithmus durch einen kleinen Nebensatz: "Das Forschungsteam fand den Algorithmus jedoch in aktuellen Android- und iOS-Smartphones." So zeigt sich, dass eingebaute Hintertüren mindestens so ein langes Leben haben wie die Daten auf surrenden Servern. Das sollte in der aktuellen Debatte um Staatstrojaner und um starke oder schwache Verschlüsselung zu Denken geben. Auch darüber gibt es Klartext von den Forschern: "Das Fehlen von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in 5G ist der Elefant im Raum, über den niemand reden will."
*** Wenn über Elefanten geschwiegen wird, kann man ja über Mücken diskutieren, diese lustigen Sommertiere, die unseren Aufenthalt am Baggersee stimmungsvoll ergänzen. Man traut sich ja nicht mehr zu sagen, wie niedlich die kleinen Stecherinnen sind, die so scharf auf unser Blut sind und uns über dieses schreckliche Kohlendioxid lokalisieren, das wir ausatmen. Wie verwerflich war da die Idee des ehemaligen Microsoft-Chefingenieurs Nathan Myhrvold, der finanziert von der Bill & Melinda Gates-Stiftung ein Lasersystem austüftelte, das die sympathischen Zweiflügler abschoss. Wie hübsch dagegen die Idee des israelischen StartUps Bzigo, die kleinen Racker mit einem Laserstrahl zu markieren. Allerdings will die frisch gestartete Firma auch eine Minidrohne bauen, die Mücken jagen kann. Das muss man anprangern! Ausgerechnet der israelische Botschafter macht aus der Mücke einen Elefanten, wenn er behauptet, dass Mücken weltweit die tödlichsten Tiere sind. Das wird man wohl noch sagen dürfen!
*** Sind wir schon wieder wer? Diese braven Fußballer, die keiner Cola-Flasche zu Leibe rücken wie Ronaldo oder das alkoholfreie Heineken wegstellen wie Pogba, haben mal wieder Dusel gehabt, anders als bei der "scharfen Hereingabe". Jetzt sind sie wieder im heimischen Adidas und können weiter üben, wie der Müll perfekt getrennt wird.
*** Zum Schluss der Vorrunde geht es ja gegen diese fiesen Ungarn, da sollten die Regenbogenfarben flattern. Doch wie es viele Geschlechter gibt, gibt es viele andere Sportarten, wie die Enthusiasten von Thuuz zeigen könnten, doch dieses StartUp scheint nicht mehr zu existieren. Ich erwähne es dennoch, denn dieser Tage ist ein beeindruckender Bildband erschienen, der das Leben der Reichen und Schlauen, vor allem aber das der ausgegrenzten und abgehängten Menschen im Silicon Valley zeigt. "Seeing Silicon Valley. Life inside a fraying America" schaut mit wenigen Ausnahmen auf die dunklen Seiten des Tals, die Giftmülldeponien ebenso wie die Menschen, die als Busfahrer die Mitarbeiter von Google kutschieren, aber in alten Wohnwagen leben. Dazu kleine Geschichten wie die vom Arbeitslosen, der bei Tesla gefeuert wurde, weil er einen Betriebsrat gründen wollte. Dazwischen sind aber auch Bilder von denen, die es offenbar geschafft haben, wie Warren Packard, der Gründer von Thuuz. Für ihn ist Steve Jobs, der am letzten Sonntag vor 10 Jahren seinen letzten großen Auftritt hatte, einer der Guten, weil dank des iPhones Millionen Menschen in Indien und China Zugang zu Informationen bekamen. Das absolut Böse verkörpert nach Packard dagegen Mark Zuckerberg mit Facebook, der in Asien Minderheiten bloßgestellt habe.
Was wird.
Sein Geist wohnt im Internet auf diesen surrenden Computern, doch sein Bild wird ab seinem Geburtstag nun auf einem 50 Pfund-Geldschein zu sehen sein. Die Rede ist von Alan Turing, dessen Satz ĂĽber die Zukunft des Rechnens ebenfalls auf die Geldnote gewandert ist: "This is only a foretaste of what is to come and only the shadow of what is going to be."
Wir haben es ja eher mit dem üblen Nachgeschmack zu tun und können nur noch rätseln, was 101010 auf dem Geldschein bedeuten soll. Ist 42 nicht der Sinn des Lebens? Ja, ist denn schon die Zeit für das Sommerrätsel gekommen? Wo ist eigentlich Sammy, der Kaiman vom Baggersee? Und wer baut ein StartUp für den Lieferservice an solche Baggerseen? Fragen über Fragen. Eigentlich gibt es nur eine Antwort: Trinkt mehr Wasser!
(jk)