Apple-Händler Gravis kriselt [Update]

Laut einem internen Schreiben an die Mitarbeiter bereitet die größte deutsche Mac-Kette Entlassungen vor. Grund seien das schlechte Weihnachtsgeschäft und die aktuelle Wirtschaftskrise.

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Bislang galt der Mac-Markt als relativ krisenfest – Highend-Produkte trafen auf eine lukrative Zielgruppe. Das scheint sich nun allerdings zu ändern. Ein erster Mac-Händler, die Kette Gravis mit Hauptsitz in Berlin, kriselt, wie aus einem internen Schreiben an die Mitarbeiter hervorgeht. Der heute Nacht vom Apple-Nachrichtendienst "Macnotes" bekanntgemachte Brandbrief stammt von Firmengründer Archibald Horlitz. Darin heißt es, man habe die Umsatzziele für 2008 verfehlt und unter einem "größtenteils ausgebliebenen" Weihnachtsgeschäft gelitten – trotz einer "anhaltend positiven Grundstimmung für Apple". Gravis ist derzeit der größte deutsche Vertriebspartner des Computerkonzerns; Apple hat allerdings damit begonnen, erste eigene Shops hierzulande einzurichten. Gravis betreibt derzeit seine Läden an gut 30 Standorten in Deutschland. Beschäftigt werden aktuell über 700 Mitarbeiter, der ursprünglich angepeilte Jahresumsatz für 2008 lag bei geschätzten 160 Millionen Euro.

Das Schreiben von Horlitz wurde von einem Gravis-Sprecher inzwischen als authentisch bestätigt. Es reiche nicht aus, nur neue Stellen zu streichen, heißt es darin weiter. Nun sei es auch erforderlich, "eine Anzahl vorhandener Stellen abzubauen und Mitarbeiter zu entlassen". Diese Entlassungen würden mit dem Betriebsrat abgestimmt, man habe außerdem zur Abmilderung der Folgen einen freiwilligen Sozialplan mit diesem vereinbart. Wie groß die Anzahl der Entlassungen schließlich sein werden, ist bislang noch unklar. Gerüchte, es handele sich um bis zu einem Fünftel der Mitarbeiter, seien aber falsch, hieß es von Gravis. Man werde demnächst eine ausführliche Stellungnahme abgeben. Laut Horlitz' Brief soll das Umsatzwachstum 2008 bei nur 10 Prozent statt der ursprünglich geplanten 30 Prozent gelegen haben.

Noch in der ersten Dezemberhälfte hatte Geschäftsführer Norbert Mohlberg gegenüber den "VDI-Nachrichten" von einem gut angelaufenen Weihnachtsgeschäft berichtet. Man sehe sich von einem konjunkturellen Abschwung nicht betroffen, so der Gravis-Manager damals. Erste Anzeichen für ein Abebben des unlängst starken Wachstumskurses bei der Mac-Kette hatte es aber dennoch bald gegeben. So wurde kurz vor Weihnachten das Ende eines Deals mit dem Kaufhaus-Konzern Arcandor bekannt. Gravis hatte ursprünglich in über 90 Karstadt-Warenhäuser mit seinen Produkten einziehen sollen, doch ein Pilotprojekt in Lübeck und Düsseldorf, bei dem iPods, Macs und andere Apple-nahe Waren in eigenen Gravis-"Shop in Shops" angeboten wurden, ließ man auslaufen. Zudem gab die Mac-Kette einen eigentlich für 2008 erwogenen Börsengang aufgrund des schlechten Marktumfeldes auf. Firmengründer Horlitz hatte daraufhin angekündigt, man werde sich nun auf die Suche nach einem strategischen Partner machen, um das Wachstum weiter zu finanzieren. "Wir favorisieren Partner, die mit langfristiger Perspektive ähnlich wie große Familienunternehmen gesteuert werden. Dann wären wir bereit, auch einen größeren Anteil abzugeben", sagte Horlitz der Wirtschaftszeitung "Euro am Sonntag" im Juli.

[Update]:
Inzwischen hat sich Gravis-Finanzvorstand Martin Wuppermann zur Lage bei dem Mac-Händler geäußert. Demnach sollen zunächst keine neuen Mitarbeiter eingestellt und auslaufende Verträge nicht verlängert werden. "Konkret sind derzeit 49 Mitarbeiter betroffen. Diese wurden darüber bereits informiert", hieß es. Gravis habe seine Beschäftigtenzahl im Jahr 2008 um knapp 100 Personen aufgestockt. Vor den Entlassungen lag der Personalbestand bei 761 Mitarbeitern. Mit der Entwicklung habe das Unternehmen vom Umsatz her jedoch nicht Schritt halten können. (Ben Schwan) / (jk)