Cambridge Analytica: Mehrere Untersuchungen angekündigt, mögliche Billionenstrafe für Facebook
Nach den Enthüllungen über das Vorgehen der Datenanalysefirma Cambridge Analytica in den USA und Großbritannien sollen mehrere Untersuchungen folgen. Für Facebook könnten die Geschehnisse teuer werden – sehr teuer.
Die Berichte über das Vorgehen der Datenanalysefirma Cambridge Analytica in mehreren Wahlkämpfen könnten nicht nur für das Unternehmen sondern auch für Facebook noch weitreichende Konsequenzen haben. So haben Vertreter der Demokratischen Partei in den USA gefordert, Cambridge Analytica "sorgfältig zu überprüfen" und Facebook-Chef Mark Zuckerberg in den Kongress zu laden, berichtet der Guardian.
In Großbritannien hat demnach die Datenschutzbeauftragte Elizabeth Denham eine eigene Untersuchung angekündigt, während Cambridge-Analytica-Chef Alexander Nix wegen einer angeblichen Falschaussage im Parlament unter Druck gerät. Facebook wiederum könnte in den USA eine massive Geldstrafe drohen.
50 Millionen Facebook-Profile
Am Wochenende hatten Berichte für Aufsehen gesorgt, in denen es unter Berufung auf den Whistleblower Christopher Wylie hieß, dass Cambridge Analytica dank illegal genutzter Daten Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahl, das britische Brexit-Referendum und andere Abstimmungen genommen hat. Eine wichtige Rolle sollen 50 Millionen Facebook-Profile gespielt haben, deren Daten 2015 mithilfe einer App namens "thisisyourdigitallife" abgegriffen worden waren – nicht nur zu den 270.000 Benutzern, sondern auch deren jeweils rund 190 Freunden. Dem für diese Sammlung verantwortlichen Psychologieprofessor Aleksandr Kogan sei dies für seine Forschung erlaubt worden. Die Weitergabe und Nutzung für kommerzielle Zwecke aber sei widerrechtlich gewesen. Später habe Facebook zwar die Löschung der Daten gefordert, aber nie überprüft, ob dem Folge geleistet wurde.
Cambridge Analytica hatte behauptet, anhand schon weniger Likes einer Person auf Facebook genaue Aussagen über ihre Persönlichkeit treffen zu können – für Werbetreibende aller Art ein immenser Schatz. Im Wahlkampf sollte das etwa dabei helfen, vorherzusagen, ob es sich lohnen könnte, einer Gruppe von Facebook-Nutzern Werbung für die Präsidentschaftskampagne Donald Trumps anzuzeigen. Bei Nutzern, die als potenzielle Wähler von Hillary Clinton eingestuft wurden, konnten dagegen Anzeigen hilfreicher sein, die nahelegten, gar nicht wählen zu gehen.
Höchststrafe: 1,6 Billionen US-Dollar
Für Facebook könnten diese Geschehnisse nun teuer werden: Wie die Washington Post unter Berufung auf zwei ehemalige US-Beamte schreibt, die an der Aushandlung eines Datenschutzabkommens zwischen Facebook und der US-Handelsaufsicht FTC beteiligt waren, könnte diese Datennutzung dem Abkommen widersprechen. Ende 2011 hatte sich das soziale Netzwerk strengen Datenschutz-Regeln unterworfen, nachdem die FTC zu dem Schluss gekommen war, dass etliche Male Datenschutzversprechen nicht eingehalten worden waren. Benutzer müssen sich seitdem explizit einverstanden erklären, wenn ihre Daten über die Vorgaben ihrer Datenschutzeinstellungen hinaus verbreitet werden.
Ein Verstoß könne inzwischen pro Einzelfall mit bis zu 40.000 US-Dollar Strafe geahndet werden, im vorliegenden Fall wären das zusammen 2 Billionen US-Dollar. Auch wenn das unwahrscheinlich sei, könne die Strafe trotzdem sehr hoch ausfallen, sagt David Vladeck, der damals bei der FTC die Untersuchung gegen Facebook geleitet hatte. Jessica Rich, die damals ebenfalls bei der FTC arbeitete, sieht in dem berichteten Verhalten von Facebook denselben "fahrlässigen Umgang mit den Daten der Nutzer", der 2011 zu dem Vorgehen gegen Facebook geführt habe. Abhängig davon, was noch öffentlich wird, könne Facebook gegen US-amerikanische und europäische Gesetze verstoßen haben.
Weitere Enthüllungen angekündigt
Derweil hat der britische Channel 4 angekündigt, am heutigen Montag Ergebnisse eigener Recherchen zu Cambridge Analytica veröffentlichen zu wollen. Demnach haben sich Reporter des Fernsehsenders mit versteckter Kamera als interessierte Kunden des Unternehmens ausgegeben und die darauf folgenden Gespräche gefilmt. Der Financial Times zufolge hat die Datenanalysefirma versucht, die Ausstrahlung der Reportage zu verhindern.
Unterdessen hat Facebook den Account des Whistleblower Christopher Wylie gesperrt. Laut einem Bericht von CBS News hat Facebook hinter den Kulissen seine Hilfe begrüßt, ihn öffentlich aber kritisiert. Das erinnere eher an versuchte Schadenskontrolle als an einen ernsthaften Versuch, schwerwiegende Probleme zu beheben, sagte seine Anwältin dem US-Sender.
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(mho)