Thunderbird bleibt bei Mozilla – und wird unabhängig
Die Zukunft von Thunderbird ist offenbar gesichert: Mozilla wird das "rechtliche und fiskalische Zuhause" für das Projekt. Die operative Steuerung nimmt Thunderbird künftig aber selbst in die Hand.
Die Mozilla-Stiftung hat beschlossen, künftig das "rechtliche und fiskalische Zuhause" für das Thunderbird-Projekt zu sein. Thunderbird wird sich jedoch von der Infrastruktur von Mozilla lösen und künftig die operative Steuerung selbst in die Hand nehmen.
Der Thunderbird-Rat und die Mozilla-Stiftung wollen weiterhin eng zusammenarbeiten. Beide Seiten haben eine sechsmonatige Frist beschlossen, wenn einer der Partner die Vereinbarung kündigt. Sollte dies tatsächlich passieren, würde Thunderbird zu einer anderen Organisation wechseln. Der Thunderbird-Rat zeigt sich aber optimistisch und freut sich auf eine "glänzende Zukunft".
Da die organisatorischen Fragen geklärt sind, könne man sich nun auf die technischen Herausforderungen konzentrieren, schreibt Philipp Kewisch im Thunderbird-Blog.
Mozilla-Chefin plädierte für Trennung von Thunderbird und Firefox
Im Dezember 2015 veröffentlichte Mozilla-Chefin Mitchell Baker ihre Gedanken zur Zukunft von Thunderbird und plädierte für eine Trennung von Thunderbird und Firefox. Beide Projekte würden sich gegenseitig in ihrer Entwicklung behindern. Mozilla wolle Thunderbird aber nicht fallenlassen, stellte Baker damals klar.
Die Mozilla-Stiftung beauftragte daraufhin Simon Phipps, den ehemaligen Chef der Open Source Initiative (OSI). Phipps sollte ein neues Zuhause für Thunderbird finden. Sein abschließender Bericht sah drei Möglichkeiten vor: Thunderbird könnte entweder Teil der Software Freedom Conservancy (SFC) werden oder bei der Document Foundation (TDF) ein neues Zuhause finden. Die dritte Möglichkeit sah einen neuen Deal mit der Mozilla-Stiftung vor. Keine empfehlenswerte Option für einen ersten Schritt sei eine eigenständige "Thunderbird Foundation" gewesen. Eine vollständige Unabhängigkeit des Projekts wäre aber in Zukunft denkbar, so der Bericht.
Mozilla hat innerhalb des vergangenen Jahres über die Zukunft des Thunderbird-Teams diskutiert, wobei man sich auf externe Organisationen als neues Zuhause für den Mail-Client konzentriert habe. Mozilla führte auch Gespräche mit den von Phipps vorgeschlagenen Organisationen TDF and SFC. Unabhängig davon suchte Thunderbird nach Einnahmequellen und sammelte schließlich genügend Spenden ein, um sich von Mozillas Hosting-Infrastruktur lösen zu können. Außerdem konnte Thunderbird neue Mitarbeiter einstellen, die den Abnabelungsprozess unterstützen. Thunderbird will künftig zu thunderbird.net wechseln; einige Dienste wie Konfigurationsdatenbank ISPDB laufen bereits auf eigenen Servern.
Eine glänzende Zukunft
In Anbetracht der Entwicklung fragte sich der Thunderbird-Rat, ob ein Wechsel zu einer anderen Organisation überhaupt noch sinnvoll gewesen wäre. Schließlich hat Mozilla auch weiterhin Interesse am Erfolg von Thunderbird. Nichts spräche gegen eine friedliche Koexistenz von Thunderbird und Firefox bei Mozilla – solange der Mail-Client nicht die Weiterentwicklung des Browsers behindere. Ein Wechsel zu einer "Nicht-Mozilla-Organisation" hätte die Lösung technischer Probleme nur erschwert.
Thunderbird basiert noch immer auf Gecko, was sich künftig aber ändern soll: Den Code wollen die Entwickler langfristig auf eine neue Web-Technologie umstellen. Dies benötigt jedoch Zeit, Personal und Planung. Freiwillige Entwickler sollen dabei helfen, Thunderbird zu einem "high-performance open-source secure email client" auszubauen. Nach all der Unsicherheit klingt das wirklich nach einer "glänzenden Zukunft". (dbe)