Überwachung in Russland: Apple speichert Nutzerdaten angeblich künftig vor Ort

Apple hat im Streit mit der russischen Regulierungsbehörde über den Zugang zu Daten von iPhone- und Cloud-Nutzern laut einem Bericht klein beigegeben.

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Überwachung in Russland: Apple speichert Nutzerdaten angeblich künftig vor Ort

(Bild: Roskomnadzor)

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Russische Sicherheitsbehörden einschließlich des Geheimdienstes FSB könnte es künftig deutlich leichter fallen, die Kommunikation und persönliche Informationen von Apple-Nutzern zu überwachen. Eigentlich sehen Anti-Terror-Gesetze Russlands schon seit 2014 vor, dass auch internationale Anbieter von Telekommunikations- und Online-Diensten die Daten einheimischer Kunden national speichern müssen. Ähnlich wie andere US-Internetkonzerne ist Apple dieser Auflage bislang aber nicht nachgekommen. Dies soll sich nun ändern.

Die russische Aufsichtsbehörde für Medien und Telekommunikation, Roskomnadzor, habe erstmals bestätigt, dass Apple die begehrten Daten auf Servern vor Ort vorhalten und verarbeiten werde, berichtet das US-Magazin Foreign Policy. Das kalifornische Unternehmen könne damit auch dazu verdonnert werden, Nachrichten und Dateien zu entschlüsseln und auf Anfrage den russischen Behörden zu übergeben.

Apple hüllt sich bislang in Schweigen über den von der Regulierungsstelle angekündigten Richtungswechsel. Unklar bleibt so bisher vor allem, welche Daten vor Ort gespeichert werden sollen. In der offiziellen Registrierung bei Roskomnadzor gibt das Unternehmen Namen, Wohnorte, E-Mail-Adressen oder Telefonnummern als Beispiel für Nutzerinformationen an, die man verarbeite. Vom iCloud-Service, in dem Kunden Passwörter, Kontakte, Chat-Botschaften, Photos, Videos und persönliche Dokumente speichern können, ist keine Rede.

"Es scheint so, als ob da etwas verborgen wird, denn Apple sammelt natürlich mehr Daten", hinterfragt der Moskauer Rechtsanwalt Sergej Medwedew die Angaben des Konzerns gegenüber der Aufsichtsbehörde. Nach russischem Recht fielen sämtliche Informationen, mit denen Individuen identifiziert werden können, sowie ihr Verhalten unter persönliche Daten. Auch Musik- oder E-Book-Downloads würden beispielsweise mit erfasst. Russland schreibe auch eine Vorratsdatenspeicherung von bis zu sechs Monaten vor.

Moskau hat die Daumenschrauben bei der Internetzensur in den vergangenen Jahren immer weiter angezogen. Seit November 2017 ist ein Gesetz in Kraft, das den Zugang zu Werkzeugen verbietet, mit denen sich Internetsperren umgehen lassen. De jure betrifft dieses auch den Einsatz von VPN- und Anonymisierungsdiensten. Hacker befinden sich seit Monaten in einem "zivilen Cyberkrieg" mit den Behörden, um den beliebten Messenger-Dienst Telegram weiter nutzen zu können.

Mit einer geplanten russischen Variante des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes soll künftig ferner für Dienste mit über 100.000 Nutzern in dem Land die Pflicht einhergehen, ein Büro vor Ort einzurichten. Gegner der Initiative wittern darin den Versuch einer "Geiselnahme", um die Überwachungs- und Zensurauflagen leichter durchdrücken zu können.

Befürworter der Meinungsfreiheit profitierten bisher davon, dass Gesetze in Russland zwar scharf formuliert, in der Praxis aber vergleichsweise lax umgesetzt werden. Der Kreml und die Roskomnadzor wollen diesen Ansatz aber offenbar stoppen.

Apple wirbt öffentlich immer wieder für den Schutz der Privatsphäre der Nutzer und geißelt den Datenhunger von Konkurrenten wie Google und Facebook, der zu Selbstzensur oder Manipulation führen könnte. Der iPhone-Hersteller willigte aber bereits gegenüber Peking ein, in China iCloud-Daten auf Server der staatlichen Unternehmung Guizhou on the Cloud Big Data (GCBD) zu übertragen.

Zudem erschwert es Apple Nutzern im Reich der Mitte auf Druck der Regierung, VPN-Apps und Krypto-Messenger zu installieren, und erleichtert im Gegenzug vor Ort Überwachung sowie Zensur. Konzernchef Tim Cook zeigte sich nicht glücklich über solche Maßnahmen, man müsse aber lokale Gesetze befolgen. (tiw)