Verzögerungen "inakzeptabel": Gesundheitsminister Spahn will eGK durch ID-System ersetzen
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die elektronische Gesundheitskarte der gesetzlichen Krankenkassen als nutzlos bezeichnet.
Gesundheitsminister Jens Spahn hat es als "inakzeptabel" bezeichnet, dass die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) nach 14 Jahren nicht über Modellprojekte herausgekommen ist. Die Nutzung der Karte über Desktop und Lesegerät sei nicht das, was Bürger sich im Jahre 2018 wünschen. Vielmehr soll der Versicherte über ein "Bürgerportal" an seine Daten kommen, sagte er im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dies müsse einfach gelöst werden. "Aber ich will nicht, dass man eine digitale Identität für die Steuererklärung braucht, eine um seinen Pass zu beantragen und eine dritte im Gesundheitswesen", erklärte Spahn der Zeitung. Es müsse für Arzt und Patient gleichermaßen "cool werden, dabeizusein", dann werde das "Gesamtkunstwerk" des Gesundheitswesens ein Selbstläufer, gab sich Spahn zuversichtlich.
Im Interview ließ Spahn offen, wie die bisherige eGK in ein "Bürgerportal" integriert werden könnte und ob allein über dieses Portal der Einstieg in ein zentrale Patientenakte oder ein Patientenfach des Versicherten erfolgen soll. "In den nächsten, zwei, drei Monaten werde ich genau analysieren, wo wir stehen bei der elektronischen Gesundheitskarte und der Digitalisierung des Gesundheitssystems." Dann werde er schnelle Entscheidungen treffen. Weiter werde er die Gesundheitsversorgung für die Telemedizin öffnen, die eine gute Ergänzung ärztlicher Tätigkeiten sei. Der Goldstandard aber sei die direkte ärztliche Behandlung. Darum plant Spahn nach eigener Aussage, die Pflicht-Öffnungszeiten für Kassenarztpraxen von 20 auf mindestens 25 Stunden zu erhöhen. Auch solle es sich für den Kassenarzt über die Budgetierung seiner Praxis hinaus mehr lohnen, wenn er neue Patienten annimmt.
Ă–ffentliches Interesse an Arztbewertungen
Parallel zum Minister-Interview hat die Bertelsmann-Stiftung eine neue Studie über die Erfahrungen von Versicherten im deutschen Gesundheitssystem vorgelegt. Danach befürchtet jeder vierte Versicherte, aufgrund mangelnder Informationen nicht den richtigen Arzt zu finden. Dabei hätten die Krankenkassen durchaus genug Daten, mit denen ärztliches Können bewertet werden kann. Parallel zur Studie hat die Stiftung ein Rechtsgutachten vorgelegt, wie es um den Datenschutz von Arztbewertungen wie Patientendaten bestellt ist. "Das Ergebnis zeigt auf, dass die Privatsphäre der Patienten keineswegs gefährdet wäre, wenn Daten anonymisiert genutzt würden. Mit Blick auf die Ärzte müsse das Informationsinteresse der Öffentlichkeit jedoch gleichrangig mit deren Schutzbedürfnissen gewürdigt werden. Kommen zusätzliche Belange wie der Gesundheitsschutz und das Patientenwohl hinzu, kann die Offenlegung der Daten sogar geboten sein", so das Gutachten. (mho)