Vorsicht Kunde! - Nichts hören, nichts sagen, nichts tun - Ärger mit dem Online-Shop
Das Bestellen im Online-Shop ist bequem und häufig auch preisgünstiger, als das Einkaufen im Ladengeschäft. Es kann aber auch sehr ärgerlich werden und teuer. Genau diese Erfahrung macht René B., der sich seinen Computer selbst zusammenbauen möchte und dazu einige Teile im Internet bestellt. Auch wenn sich die Lieferung ein paar Tage verzögert, sieht René vorerst keinen Grund, misstrauisch zu werden. Er wird eines Besseren belehrt, als die nagelneue Grafikkarte nach ein paar Wochen den Dienst quittiert. Der Online-Shop reagiert wochenlang nicht auf die Hilferufe des Kunden. Als man sich schließlich herablässt, die Reklamation anzunehmen, weißt der Shop den Kunden darauf hin, dass man sage und schreibe 40 Tage benötige, um den Gewährleistungsfall zu bearbeiten. Selbstverständlich solle der Kunde die defekte Karte auf seine Kosten einschicken. Das ist vom Gesetzgeber aber ganz anders vorgesehen - und der Ärger von René B. geht mit dem Einsenden der Grafikkarte erst richtig los. - Mehr...
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Meins! Meins! Meins! [--] wie die Möwen im Film "Findet Nemo" scheint mancher Online-Händler am einmal eingenommenen Geld zu kleben. Da wird die Reklamation verschleppt, und statt Geld zurück gibts am Ende nur eine Gutschrift.
Bevor René B. im Juni 2008 neue Komponenten für seinen PC erwirbt, informiert er sich nicht nur über die Preise, sondern prüft auch ausgiebig die Garantie- und Geschäftsbedingungen verschiedener Online-Shops. Letztendlich entscheidet er sich am 13. Juni 2008 für eine Bestellung bei Pixmania.de, denn dieser Versender wirbt mit dem "Trusted-Shops"-Logo und schreibt dazu: "Pixmania gewährleistet, die striktesten Ansprüche an Datensicherheit und sichere Lieferung einzuhalten." Na dann kann ja eigentlich nichts schiefgehen, hofft der Kunde.
B. bestellt eine Sapphire-Grafikkarte (288 Euro), einen 22"-Bildschirm von LG (261,50 Euro) und einen AMD Phenom X4 Quad 9850 mit 2,5 GHz Taktfrequenz für 193 Euro. Er löst zugleich einen 20-Euro-Online- Gutschein von Pixmania ein. Für den Versand berechnet die Firma 11,90 Euro. Alles in allem werden 734,40 Euro vom PayPal-Konto des Kunden abgebucht. Pixmania kündigt in der Bestellbestätigung den Versand binnen zwei bis drei Werktagen an.
Geduldig wartet der Kunde bis zum 23. Juni. Dann versucht er bei Pixmania nach dem Verbleib seiner Bestellung zu fragen. Doch das gestaltet sich alles andere als einfach: Unter der Rufnummer 01805-006411, die auf der Website angegeben ist, erreicht er zunächst nur einen Sprachcomputer. Nach einer ermüdenden Abfrageprozedur landet er in der Warteschleife. Sein Gebührenzähler am Telefon tickt inzwischen munter [--] und das, obwohl Pixmania im gesamten Verlauf des Anrufs den Hinweis auf die Kosten schuldig bleibt. Frustriert legt René B. auf und sucht auf der Pixmania-Webseite nach einer anderen, weniger kostenintensiven Kontaktmöglichkeit.
Eine E-Mail-Adresse, unter der man das Unternehmen kontaktieren könnte, findet er auf der Webseite zunächst nicht. Schließlich klickt er auf das "Trusted Shops"-Logo und siehe da: Nun erfährt er, dass man Pixmania über die Adresse "kundenservice@pixmania.com" erreichen könne. Doch seine Anfrage wird nur automatisiert beantwortet. Pixmania lässt mitteilen, dass man seinen Service verbessert habe und Kundenanfragen nun über ein Webformular abwickle. Am Ende der Mail entdeckte er noch eine weitere Hotline-Nummer: 0190-648007 [--] nanu? Eine 0190-Nummer? René B. wählt die Nummer und hört "Kein Anschluss unter dieser Nummer."
Notgedrungen bittet er über das Webformular um Auskunft. Richtig zufrieden ist er mit dieser Form der Kontaktaufnahme allerdings nicht: Das Formular bietet keine komfortable Möglichkeit, die Anfrage abzuspeichern, und die automatisch verschickte Eingangsbestätigung besteht nur aus einem Standardtext, in dem eine Antwort innerhalb von 24 Stunden versprochen wird. Was der Kunde gefragt hat, wird nicht dokumentiert.
Immerhin: Einen Tag später teilt Pixmania per E-Mail den Versand der Lieferung mit und am 26. Juni, 13 Tage nach der Bestellung, kann er die neue Ware in Empfang nehmen. Schuld an der Verzögerung war, wie sich später herausstellte, nicht Pixmania allein: Auch die eBay-Bank PayPal trug ihren Teil bei, indem sie die Zahlung mehrere Tage [--] "zur Sicherheitsüberprüfung", wie es hieß [--] zurückhielt.
René B. jedenfalls war froh, Prozessor und Grafikkarte endlich in seinen Rechner einbauen und den neuen Monitor anschließen zu können. Der runderneuerte Rechner lief zunächst anstandslos und wie geschmiert.
[b]Retour[/b]
Die Zufriedenheit dauerte ziemlich genau einen Monat an: Als René B. seinen PC am 27. Juli einschaltet, bleibt der Monitor schwarz und der Rechner piepst das Signal für einen Grafikkartenfehler. Als gewiefter Techniker leiht sich der Kunde eine Grafikkarte vom befreundeten Nachbarn und siehe da, der PC startet wieder wie gewohnt.
Unverzüglich reklamiert er die defekte Grafikkarte via Webformular bei Pixmania und erhält kurz darauf eine E-Mail. Darin fordert ihn das Unternehmen auf, die defekte Grafikkarte zusammen mit einem als "Bon Retour" bezeichneten Formular nach Frankreich zu schicken. Über den weiteren Verlauf werde ihn der Kundenbereich "Pix & Ich" auf der Pixmania-Webseite informieren. Die Karte geht am 28. Juli 2008 gut verpackt als versichertes Paket auf Reisen, was René B. stolze 17 Euro kostet.
Nun herrschte erst einmal Funkstille. Pixmania bestätigt weder den Eingang der reklamierten Grafikkarte noch informiert man über das weitere Vorgehen. Als am 8. August noch immer keine Eingangsbestätigung vorliegt, fragt der Kunde per E-Mail nach. Die Antwort kommt drei Tage später. Pixmania lässt René B. wissen, dass die Karte bereits am 5. August eingetroffen sei. Man habe sie zur Überprüfung an den Hersteller geschickt und rechne innerhalb von 40 Tagen mit einer Rückmeldung, schreibt James F. aus dem "Management Kundendienst".
[b]Aussitzen[/b]
René B. rechnete nach: Die Karte war laut Pixmania am 5. August begutachtet und an den Hersteller weitergeleitet worden. Nach 40 Tagen, also spätestens am 15. September, sollte er dann ja wohl etwas von Pixmania hören. Doch der September ging vorbei, und noch immer hüllte sich der Versender in Schweigen.
Der Kunde hatte nun wirklich die Nase voll. Innerhalb von 14 Tagen möge man ihm die reklamierte Grafikkarte repariert zurücksenden oder aber den Kaufpreis erstatten, forderte er am 1. Oktober ultimativ. Die Reaktion von Pixmania: ein Textblock: Die Reklamation sei in Bearbeitung, René B. möge sich doch bitte in Geduld üben.
13 Tage später, kurz vor Ablauf der gesetzten Frist, tat sich etwas. Pixmania informierte den Kunden um 9.30 Uhr darüber, dass seine Reklamation nun bearbeitet werde. Eine knappe halbe Stunde später folgte das Ergebnis: "Wir freuen uns Ihnen bestätigen zu dürfen, dass Sie hinsichtlich Ihrer Bestellung CCL084912918 über ein Pix Sparschwein-Guthaben von 268 Euro verfügen", teilte der Versender mit.
268 Euro Gutschrift? René B. war verwirrt. Er hatte für die Grafikkarte doch stolze 288 Euro gezahlt und obendrein auch noch die Rücksendekosten in Höhe von 17 Euro verauslagt. Pixmania müsste ihm also eigentlich 305 Euro zurückzahlen. Für knapp einen Monat "Nutzung" der Grafikkarte hatte man ihm laut Abrechnung stolze 20 Euro abgezogen [--] ohne jede Begründung. Und überhaupt: Was nützt ihm das Geld im "Pix Sparschwein"? Bei Pixmania will er unter keinen Umständen noch einmal etwas kaufen.
[b]Meins! Meins! Meins![/b]
Erneut bemüht René B. das Webformular und fordert das Unternehmen auf, ihm sein Geld auf sein Bankkonto oder notfalls auch auf sein PayPal-Konto zu überweisen. Doch so einfach trennt man sich bei Pixmania nicht vom einmal eingesackten Geld: Egal wie oft René B. auch bei Pixmania um Auszahlung seines Geldes bittet [--] immer wieder kommt dieselbe Antwort: "Vielen Dank für Ihre Mail und Ihr Interesse an Pixmania. Ihre Geld ist auf Ihrem Pixtirelire gut geschrieben. Mit diesem Guthaben können Sie neu bestellen".
"Ich will aber nichts bestellen, ich will mein Geld" [--] René B. ist inzwischen stinksauer und versucht über alle möglichen Optionen des Webmail-Systems eine Auszahlung des Guthabens zu veranlassen, doch ohne Erfolg. Anfang Dezember gibt er schließlich auf und bittet die c’t-Redaktion um Hilfe.
[b]Nachgefragt[/b]
Nach der Durchsicht der von René B. übermittelten Dokumente steht schnell fest: Was Pixmania hier tut, ist eindeutig rechtswidrig. Der Kunde hat selbstverständlich Anspruch auf Erstattung des kompletten Kaufpreises. Auch die Rücksendekosten für die defekte Karte muss Pixmania erstatten. Und natürlich steht dem Kunden nicht nur ein Einkaufsgutschein zu, sondern er hat Anspruch auf komplette Auszahlung des Kaufpreises und der verauslagten Rücksendekosten.
Doch warum verstößt Pixmania im Fall von René B. so eklatant gegen geltendes Recht? Spekuliert das in Frankreich ansässige Unternehmen etwa darauf, dass die deutsche Kundschaft einen teuren grenzüberschreitenden Rechtsstreit scheut? Antwort auf diese Frage zu bekommen war gar nicht so einfach, denn Pixmania schottet sich auch gegenüber Presseanfragen gut ab: Unsere via Webformular übermittelte Frage nach einer E-Mail-Adresse oder Faxnummer blieb auf jeden Fall bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.
Über FotoVista, den französischen Betreiber der Plattform "Pixmania", gelang schließlich die Kontaktaufnahme. Und siehe da, kaum hatten wir in der französischen Firmenzentrale um eine Stellungnahme gebeten, schon kam auch Bewegung in den Fall von René B.: Noch am selben Tag erhielt der verdutzte Kunde einen Anruf aus Paris. Ron C. vom Pixmania-Kundensupport kündigt die Auszahlung des vollen Kaufpreises für die Grafikkarte an, und auch die Rücksendekosten in Höhe von 17 Euro will Pixmania nun übernehmen. Man werde sich deswegen auch noch per E-Mail melden, kündigt der Mitarbeiter mit sichtlich nervöser Stimme an.
[b]Plötzlicher Aktivismus[/b]
Kurz darauf überschlagen sich die Ereignisse: Am 4. Dezember um 15.56 Uhr teilt James F. vom "Management Kundendienst" per Mail mit, dass die Erstattung nun bearbeitet würde. Um 17.02 Uhr fordert der Kundendienst-Manager die Kontodaten von René B. an. Drei Minuten Später will auch "Ihr Kundendienst" von Pixmania diese Daten von René B. erfahren. Eine Minute später erreicht den Kunden die gleiche Anfrage ein drittes Mal. Um 17.55 Uhr übermittelt René B. seine internationale Bankverbindung, was den Pixmania-Kundendienst aber nicht davon abhält, am Folgetag noch weitere Male nach diesen Daten zu fragen.
Obendrein meldet sich nun auch PayPal: Pixmania habe die Rückzahlung von 292,62 Euro auf das PayPal-Konto von René B. veranlasst, liest der in der EMail. Der Betrag entspricht exakt dem Kaufpreis der Grafikkarte und den anteiligen Versandkosten für dieses Produkt. Die noch ausstehende Erstattung der Rücksendekosten, so hofft René B., werde dann wohl auch bald erfolgen.
Zwischenzeitlich meldet sich Denise Schomaecker, Affiliate & Partnership Manager bei Pixmania, bei uns per E-Mail. Der Fall von René B. sei ausgesprochen bedauerlich, teilte sie mit und versicherte gleichzeitig, dass es sich hier um einen Einzelfall handele. Es sei richtig, dass bei Pixmania Prozesse und der Kundenservice für Deutschland noch offensichtliche Mängel aufwiesen. Man werde das aber schnellstmöglich optimieren, versicherte Denise Schomaecker.
Die lange Bearbeitungszeit der Reklamation von René B. sei absolut nicht normal, erklärte Schomaecker weiter. Die Anfragen des Kunden seien hier vom externen Callcenter nicht korrekt weitergeleitet worden. Das zugrunde liegende Problem sei inzwischen aber behoben worden. Bei der letztlich erfolgten Gutschrift des Kaufpreises der Grafikkarte hätte man versehentlich den kompletten Promo-Gutschein in Abzug gebracht. Üblicherweise würden Gewährleistungsrücksendungen von Kunden bei Pixmania auch per Pickup-Service abgewickelt. Dass dieser Service im Fall von René B. nicht angeboten wurde, sei ein weiterer Fehler, beteuerte die Managerin. Auch die Verweigerung der Auszahlung des Guthabens sei bei Pixmania nicht die Regel. Normalerweise soll ein Kunde Guthaben jederzeit zurückerhalten, wenn er das wünscht.
Als wir nach der aus Kundensicht mangelhaften Dokumentation von Anfragen über das Webformular fragten, räumte Denise Schomaecker ein, dass auch die Bearbeitung dieser Anfragen bei Pixmania an ein externes Unternehmen vergeben worden sei. Normalerweise sollten aber Kunden, die mehrfach in gleicher Sache via Webformular anfragen, automatisch an den Pixmania-eigenen Kundendienst weitergeleitet werden. "Leider funktioniert dieses System bei unserem outgesourcten Partner nur schlecht", räumte Schomaecker ein.
Zu guter Letzt entschuldigte sich die Pixmania-Managerin in ihrer Stellungnahme noch bei René B. für die unzureichende Bearbeitung seiner Reklamation und versprach, den Fall zum Anlass zu nehmen, um die internen Prozesse bei Pixmania weiter zu verbessern.