1000 Bilder pro Sekunde: Wettersatellit liefert erste Bilder von Blitzen

Der jüngste Meteosat kann Unwetter in ganz Europa aus 36.000 Kilometer Entfernung aufnehmen. Das soll die Erforschung des Klimawandels verbessern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 17 Kommentare lesen
Blitz während eines Unwetters

(Bild: aows/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Eike Kühl

Sommerzeit ist Gewitterzeit. Auch in Deutschland gab es in der vergangenen Woche aufgrund der anhaltend hohen Temperaturen wieder starke Gewitterfronten – ein Phänomen, das sich im Zuge des menschengemachten Klimawandels noch verstärken dürfte. Denn je heißer die Erde wird, desto extremer wird das Wetter. Um Unwetter künftig schneller erkennen und Menschen in betroffenen Regionen warnen zu können, setzen Wissenschaftler unter anderem auf neue Technik im Weltall.

Anfang des Monats haben die Europäische Weltraumbehörde (ESA) und die Europäische Organisation für die Nutzung Meteorologischer Satelliten (Eumetsat) in Darmstadt erstmals Animationen des sogenannten "Lightning Imagers" veröffentlicht, der an Bord des jüngsten Meteosat-12-Satelliten ist, der am 13. Dezember 2022 gestartet ist. Es ist das erste Satelliteninstrument, das Blitze in Europa, Afrika und dem Nahen Osten kontinuierlich erfassen kann.

Das vom italienischen Luft- und Raumfahrtkonzern Leonardo entwickelte Instrument enthält vier Kameras, die dauerhaft auf Europa, Afrika, den Nahen Osten und Teile von Südamerika gerichtet sind. Aus 36.000 Kilometern Entfernung können sie bis zu 1.000 Bilder pro Sekunde aufnehmen und damit Blitze erkennen, die kürzer sind als ein Blinzeln. Der Meteosat-12 ist der Erste von insgesamt sechs Satelliten der dritten Generation. Neben dem "Lightning Imager" enthalten sie noch weitere Instrumente, um das Wetter und atmosphärische Veränderungen genauer beobachten zu können.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Die nun vorgestellten Animationen enthalten Aufnahmen verschiedener Regionen im Zeitraum von jeweils einer Minute, die mit aktuellen Satellitenaufnahmen der Erde zusammengeschnitten wurden. Dabei handelt es sich nach Angaben von Eumetsat noch um Daten mit "niedrigerer Empfindlichkeitseinstellung", da das Instrument noch kalibriert wird. Ab 2024 soll es dann in Betrieb gehen und in Echtzeit Daten an Wetterdienste liefern.

"Vor schweren Gewittern gibt es häufig abrupte Veränderungen der Blitzaktivität", sagt Phil Evans, Generaldirektor von Eumetsat. Durch die Beobachtung der Aktivität sei es Meteorologen möglich, bessere Prognosen über die Stärke von Stürmen und Gewittern geben zu können. Zudem könnten die gewonnenen Aufzeichnungen längerfristig für die Erforschung des Klimawandels eingesetzt werden.

Da bei 1.000 hochauflösenden Fotos pro Sekunde eine Menge Daten anfallen, werden diese noch an Bord des Meteosat verarbeitet – und zwar mithilfe künstlicher Intelligenz (KI). Algorithmen sorgen dafür, dass die Daten um den Faktor 1.000 komprimiert und nur relevante Informationen zur Erde übertragen werden. Durch maschinelles Lernen soll das System in der Lage sein, nur jene Aufnahmen zu verwenden, die auch tatsächlich Blitzaktivität zeigen.

Ganz neu ist die Idee, Unwetter und Blitze aus dem Weltall zu verfolgen, nicht. Der US-amerikanische Wettersatellit GOES-16 aus dem Jahr 2016 verfügt über neuartige Aufnahme-Instrumente, die auf die Beobachtung der Blitzaktivität ausgelegt sind. Die Daten werden unter anderem in das Projekt LightningCast eingespeist, wo sie ebenfalls mithilfe von KI verarbeitet werden. Im direkten Vergleich soll der neue "Lightnining Imager" von Meteosat noch höher auflösende Aufnahmen machen, heißt es vonseiten Eumetsats.

Dass die Beobachtung von Unwettern immer wichtiger wird, liegt auch daran, weil es sehr wahrscheinlich in Zukunft immer mehr Extrem-Wetterereignisse geben wird – übrigens auch hierzulande. Der Deutsche Wetterdienst rechnet für die Zukunft mit mehr Stürmen, extremen Regenfällen und Hitzewellen, und Forscherinnen und Forscher aus Österreich haben in einer im April veröffentlichten Studie herausgefunden, dass sich die Blitzaktivität allein in den höheren Alpinlagen in den vergangenen 40 Jahren fast verdoppelt hat. Ein Trend, der "eindeutig im Einklang mit den globalen Veränderungen des Klimasystems steht", sagen die Forscher.

(jle)