17C3: Wau Holland bläst zur Meinungsfreiheits-Offensive

Der Alterspräsident des Chaos Computer Clubs geißelt die "Absurdität" zahlreicher Gerichtsentscheidungen rund um das Thema Meinungsfreiheit im Internet.

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Angesichts einer Reihe von Versuchen der Industrie und der Politik, die Entwicklung der Netzgesellschaft mit Hilfe der Gerichte nach traditionellen Regulierungsmustern zu (de-) formieren, forderte Wau Holland, Alterspräsident und Mitbegründer des Chaos Computer Clubs, auf dem 17. Kongress der Szene die versammelten Technikliebhaber auf, an die Gestaltung des Datenuniversums und an die Politiker und Richter "offensiver als Hacker ranzugehen".

Empörung in Hackerkreisen hatte im sich zum Ende neigenden Jahr 2000 vor allem die Entscheidung eines New Yorker Richters ausgelöst, dem Hackermagazin 2600 Links auf Webseiten zu untersagen, auf denen Softwarehilfen zum Abspielen von DVDs unter Linux bereit gehalten werden. Weitere gefährliche Eingriffe in die Meinungsfreiheit und den ungehinderten Fluss der Bits sehen die Hacker in der Verurteilung des in Australien lebenden Holocaust-Leugners Fredrick Töben sowie in der Anklage gegen zwei Schüler aus dem CCC-Kreis, die auf ihrem Newsdienst über Hilfsmittel zur Entsperrung von Handys mit speziellen Prepaid-Karten berichtet und auf entsprechende Webseiten gelinkt hatten.

Laut Wau geht es in allen drei Fällen um die in der vernetzten Gesellschaft elementare Frage der Informationsfreiheit. Statt in diesem Bereich "Rückzugsgefechte" zu führen, wie der Doyen des Hackervereins die bisherigen Reaktionen auf die umstrittenen Urteile beziehungsweise gerichtlichen Verfügungen beurteilt, müssten die Datenreisenden sie "ganz klar als Absurdität darstellen, damit uns nichts passiert."

Wau erinnerte daran, dass in den Anfangszeiten des Clubs "die Verlängerung eines Telefonkabels schlimmer bestraft wurde als das Auslösen einer atomaren Explosion". Damals hätten die Hacker den Richtern einfach permanent ihre Dummheit vorgeworfen – und ihre Sicht der "schöpferisch-kritischen Umgangs" mit Technologie schließlich in die Köpfe der Entscheider bekommen.

Lächerlich machte der Althacker vor allem die Bemühungen von Inhalteproduzenten aus der Musik-, Film- und Medienindustrie, mit allerlei Verschlüsselungsmechanismen ihre Produkte unter digitale Plomben zu bringen. "Der Computer ist per se eine Maschine zum Kopieren von Bits", gab Wau Holland den Verfechtern des Copyrights mit auf den Weg. Nicht einmal der DDR sei es gelungen, das zu verhindern. Sie sei an ihren Versuchen zur Zähmung des Mediums eher selbst zugrunde gegangen. (Stefan Krempl) / (jk)