20 Jahre Haft für Onecoin-Gründer Greenwood​

Mehrere Millionen Opfer hat Karl Sebastian Greenwood entreichert. Er leitete den Vertrieb der nicht existenten Kryptowährung Onecoin. Er bleibt in US-Haft.​

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Menschen vor OneCoin-Büro in Sofia

(Bild: Belish/Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Für Milliardenbetrug mit angeblichem Kryptogeld namens Onecoin ist Karl Sebastian Greenwood zu 20 Jahren Haft in einem US-Bundesgefängnis verurteilt worden. Das ist ein Drittel der gesamten Strafdrohung jener drei Anklagepunkte, zu denen sich der Onecoin-Mitgründer schuldig bekannt hat. Außerdem soll er rund 300 Millionen US-Dollar zurückzahlen, die er als Provisionen für den Vertrieb wertloser Onelife-Kryptowährungs-Informationspakete kassiert hat.

Allerdings ist unwahrscheinlich, dass noch so viel Geld da ist. Greenwood, der die britische und die schwedische Staatsbürgerschaft hat, lebte laut US-Staatsanwaltschaft auf großem Fuß. Er flog mit Privatjet, kaufte eine Yacht, Luxusuhren, teure Kleidung und diverse Immobilien. Selbst wenn sich bei ihm so viel Geld auftreiben ließe, wäre das nur ein Bruchteil des Schadens. Onecoin/Onelife hat laut US-Anklage mehr als 3,5 Millionen Anleger um über vier Milliarden US-Dollar erleichtert – die tatsächliche Summe dürfte deutlich höher liegen.

2014 gründete Greenwood gemeinsam mit der deutschen "Cryptoqueen" Ruja Ignatova das Unternehmen Onecoin mit Sitz in Sofia und Eintragungen in Dubai und Belize. E-Mails zeigen laut der Staatsanwaltschaft, dass es von Anfang an um Betrug gegangen ist. Durch Multi-Level-Marketing wurden offiziell Informationsmaterialien verkauft: Aus fremden Quellen zusammenkopierte Texte sollten den Kunden beibringen, wie sie mit Kryptowährung reich werden. Ab 100 Euro war man dabei, doch gab es auch deutlich teurere Pakete, sogar zu sechsstelligen Preisen.

Beigepackt waren sogenannte Tokens, die zum Schürfen der angeblichen Blockchain-Kryptowährung Onecoin taugen sollten. Allein, es gab weder die entsprechende Infrastruktur noch eine Blockchain. "Wir minen nicht wirklich – aber erzählen den Leuten Scheiße", zitiert die Staatsanwaltschaft Ignatova. Intern sprachen die Täter von einer "Schrottmünze" und versicherten einander, dass die Idee "nicht mit intelligenten Menschen funktioniert ;)".

Auch eine echte Börse für den Handel mit Onecoins fehlte, der Marktplatz war manipuliert. Greenwood stellte den Preis jeden Handelstag etwas höher, sodass er von zunächst 0,50 auf schließlich 29,95 Euro pro "Onecoin" kletterte. Nach unten ging es nie. Aussteiger wurden mit den Einnahmen neuer Opfer bezahlt – typisch für Schneeballsysteme. Behörden warnten mindestens seit 2015 vor Onecoin; Ende 2016 wurden "Onecoin-Verkäufer" in China verhaftet, im April 2017 in Indien. Dort wurde Ignatova drei Monate später angeklagt. Auch die USA haben die Frau im selben Jahr angeklagt (USA v Ignatova).

Im Oktober 2017 gab es das letzte Lebenszeichen der Cryptoqueen: Sie flog von Sofia nach Athen und verschwand. Wie sich später herausstellte, dürfte sie zuvor aus bulgarischen Polizeikreisen einen Hinweis auf bevorstehende Polizeimaßnahmen gegen sie und Onecoin erhalten haben. Nach der Onecoin-Erfinderin wird weltweit gefahndet. Ignatova ist die einzige Frau auf der Liste der zehn meistgesuchten Flüchtigen des FBI. Für Hinweise, die zu ihrer Ergreifung führen, sind 250.000 US-Dollar Belohnung ausgelobt. Allerdings ist unklar, ob die Deutsche noch am Leben ist. Sie könnte die falschen Leute entreichert haben.

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Greenwood wurde im Juli 2018 in Thailand festgenommen und in der Folge an die USA ausgeliefert, wo er seither in Haft sitzt. Die Anklage lautete auf Betrug unter Zuhilfenahme von Telekommunikationsmitteln sowie Verschwörung dazu, Verschwörung zu Geldwäsche sowie Verschwörung zu Anlagebetrug. Ende 2022 bekannte sich Greenwood zu den ersten drei Anklagepunkten schuldig; auf jeden stünden bis zu 20 Jahre Haft.

Mitte 2018 übernahm Ignatovas Bruder Konstantin die Führung Onecoins. Im März 2019 wurde Ignatov beim Versuch, die USA zu verlassen, verhaftet. Er ist wegen Verschwörung zu Betrug unter Zuhilfenahme von Telekommunikationsmitteln angeklagt (USA v Konstantin Ignatov) und hat sich schuldig bekannt. Das Strafmaß steht bisher nicht fest. Frank Schneider war einst in führender Position für den Geheimdienst Luxemburgs tätig. 2015 bis 2017 stand er in Diensten Onecoins. Er ist sowohl in Luxemburg als auch den USA angeklagt (USA v Frank Schneider) und wurde im April 2021 in Frankreich verhaftet. Nach sieben Monaten in Auslieferungshaft konnte er in Hausarrest umziehen. Von dort ist der Luxemburger im Mai verschwunden.

Einer der US-Anwälte Onecoins, Mark Scott, wurde 2018 in den USA verhaftet und im November der Verschwörung zur Geldwäsche und der Verschwörung zu Bankbetrug schuldig gesprochen (USA v Mark S. Scott). Das Strafmaß ist noch nicht bekannt. Sein Kollege David Pike wurde ebenfalls angeklagt. Er hat sich schuldig bekannt und ist mit einer Bewährungsstrafe davongekommen (USA v David R. Pike). Die Leiterin der Onecoin-Rechtsabteilung, eine Bulgarin, wurde im März von ihrem Heimatland an die USA ausgeliefert. Dort steht sie wegen Verschwörung zur Geldwäsche und Verschwörung zu Betrug unter Zuhilfenahme von Telekommunikationsmitteln vor Gericht (USA v Dilkinska).

Eine auch direkt gegen Onecoins amerikanische Anwälte gerichtete zivilrechtliche Klage von Opfern auf Schadenersatz konnten die beklagten Anwälte abwehren. Alle genannten US-Strafverfahren werden am Bundesbezirksgericht für das südliche New York unter dem Az. 17-cr-630 geführt.

(ds)