205 Millionen Euro: Bund zahlte 2021 für Microsoft-Lizenzen 15 Prozent mehr

Erneut sind die Kosten der Bundesverwaltung für Windows, Office & Co. voriges Jahr deutlich gestiegen, seit 2015 haben sie sich sogar fast verfünffacht.

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(Bild: Wachiwit / Shutterstock.com)

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Die Bemühungen der Bundesverwaltung, sich aus der Umklammerung durch Microsoft zu lösen, haben weiter keinen spürbaren Erfolg. Die Bundesministerien zahlten im Haushaltsjahr 2021 rund 205 Millionen Euro für Softwarelizenzen, Cloud- und Serverdienste sowie Wartung der Programme des US-Konzerns. Das sind circa 15 Prozent mehr als im Vorjahr, als es noch 178,5 Millionen Euro waren.

Die Zahlen stammen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Victor Perli von der Fraktion "Die Linke", wie dieser auf Twitter mitteilte. 2015 hatte der Bund 43,5 Millionen Euro Lizenzgebühren an Microsoft überwiesen. Die Ausgaben etwa für Office, Windows, Windows Server und das Cloud-Angebot Azure haben sich so seitdem fast verfünffacht.

Das Plus bei den Kosten hatte sich zwischenzeitlich etwas verlangsamt. 2019 etwa betrugen sie 177,2 Millionen Euro – obwohl für dieses Jahr ursprünglich bloß 57,2 Millionen veranschlagt waren. Der 2020 erfolgte Anstieg machte demnach "nur" rund 700.000 Euro aus. Nun legte das Wachstum voriges Jahr wieder deutlich zu, was wohl vor allem auf den zunehmenden Umstieg auf Cloud-Produkte zurückzuführen ist.

Spitzenreiter bei den Lizenzausgaben unter den Ressorts waren 2021 laut dem Spiegel das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) mit 95 Millionen Euro, das Bundesfinanzministerium (BMF) mit rund 43 Millionen Euro und das Bundesinnenministerium (BMI), das 32 Millionen Euro zahlte. Zum Vergleich: 2020 hatte das BMI 38,6 Millionen für die Lizenzen berappt, knapp gefolgt vom BMF mit 36,8 Millionen und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit 14 Millionen Euro. Das BMVg hatte für 2020 keine Zahlen herausgegeben, "da Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berührt sein könnten".

"Beim Bund explodieren die Kosten für Microsoft-Lizenzen", beklagte Perli die Entwicklung auf Twitter. Microsoft nutze seine Monopolstellung aus und diktiere der Bundesregierung die Preise. Dies sei auch das Ergebnis einer "fehlenden IT-Strategie". Der Volksvertreter kritisierte weiter: Hunderte Rechner der Bundesverwaltung sendeten über Windows 10 Daten in die USA. Dies sei ein Verstoß gegen die Vorgaben des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Es gelte, die Datensouveränität "durch mehr eigene quelloffene Software" zu stärken. Diese sei "häufig qualitativ besser" und natürlich günstiger.

Wirtschaftsprüfer von PwC hatten schon 2019 in einer Studie für das BMI Alarm geschlagen: Insbesondere die Abhängigkeit von Microsoft-Produkten führt ihnen zufolge "zu Schmerzpunkten bei der Bundesverwaltung, die im Widerspruch zu den strategischen Zielen der IT des Bundes stehen". Als kritisch empfanden die befragten Anwender und Strategen vor allem die eingeschränkte Informationssicherheit und rechtliche Grauzonen, etwa beim Datenschutz.

Dies gefährdet laut der Analyse "die digitale Souveränität des Staates". Ferner knacke es im Getriebe aufgrund "unkontrollierbarer Kosten", "eingeschränkter Flexibilität" und "fremdgesteuerter Innovation".

Mehrere Ministerien arbeiten aktuell an einem Konzept, um die bereits bestehende, aber nur eingeschränkt leistungsfähige Bundescloud mit Azure sowie der Office- und Kommunikationssoftware 365 zu erweitern. Microsoft selbst kann eine solche Plattform nicht betreiben, wegen Problemen mit dem Cloud Act und damit verknüpften Zugriffsmöglichkeiten für US-Sicherheitsbehörden. Als deutsche Betreibergesellschaft haben sich SAP und Arvato ins Spiel gebracht, die mit dem US-Softwareriesen kooperieren wollen.

Open-Source-Verfechter lehnen eine solche "Bundescloud von Microsofts Gnaden" entschieden ab. Sie drängen auf eine auch in der Praxis offene Plattform. Daneben haben die Deutsche Telekom und Google ein "souveränes" Cloud-Angebot für den hiesigen öffentlichen Sektor unterbreitet. Als möglicher "souveräner nationaler Hyperscaler", der den großen Cloud-Anbietern aus den USA und China Paroli bieten könnte, ist zudem Ionos von 1&1 im Gespräch. Das BMI arbeitet parallel mit 14 Bundesländern an einem "souveränen" Open-Source-Arbeitsplatz auf Basis der Phoenix-Lösung des norddeutschen Verwaltungsdienstleisters Dataport.

(bme)