CES

3D-Audiospezialist NewAuro greift mit neuem Streamingcodec an

Der für den 3D-Sound-Codec Auro-3D bekannte Soundspezialist hatte Anfang Juni, noch unter dem Namen Auro Technologies, Insolvenz angemeldet.

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(Bild: heise online / Nico Jurran)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Nico Jurran

Ende Juli 2022 meldete der Soundspezialist Auro Technologies, bekannt durch den 3D-Sound-Codec Auro-3D, Insolvenz an. Das danach aufgekaufte und in NewAuro umbenannte Unternehmen nutzt nun die laufende CES, um seine neue Strategie vorzustellen. Die konzentriert sich voll auf Streaming – sowohl in Form reiner Musikstreams als auch in Kombination mit Video.

Die zentrale Rolle spielt dabei ein neuer Audiocodec namens „Auro-Cx“, der effizienter als die auf (UHD-)Blu-ray verwendete Version arbeitet und auch verlustbehaftete Varianten einschließt, während der Original-Codec nur eine verlustfreie Kompression (mit entsprechend höheren Datenraten) kennt. In Las Vegas werden beispielsweise Titel mit variablen Raten um 360 und 620 kBit/s abgespielt. Die Klangqualität und der 3D-Eindruck über die mit vier Höhenkanälen ausgestattete Demoanlage konnte dabei überzeugen.

Der neue Streaming-Audiocodec Auro-Cx tritt mit niedrigen Datenraten gegen die Konkurrenzformate Dolby Atmos und den kommenden DTS:X for Streaming an.

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Dazu, wie mit Auro-Cx komprimierte Audiospuren zum Nutzern kommen sollen, hat Auro verschiedene Ideen. Eine umfasst, dass kommenden Audio/Video-Receiver und Soundbars mit einem passenden Decoder ausgestattet werden. Die nötige Software dafür steht laut Auto bereit. Die zweite Variante erinnert an IMAX Enhanced und das neue „DTS:X for Streaming“, das Disney+ bald nutzen will (siehe Bericht): Der neue Cx-Codec würde vom Empfangsgerät in Echtzeit transkodiert und im Auro-Format ausgegeben. So ließen sich bisherige AV-Receiver mit Auro-3D-Decoder weiter nutzen.

Doch beide Wege haben ihre Tücken: Selbst, wenn sich Receiver-Hersteller sofort auf Decoder für Auro-Cx einließen, würde es bei den üblichen Produktionszyklen wohl Jahres dauern, bis erste Modelle erhältlich wären – von einer signifikanten Marktdurchdringung ganz zu schweigen. Zudem stünden Auro-Fans mit vorhandenen Geräten im Regen. Für den Weg des Transkoding bräuchte Auro wiederum passende Empfänger mit Transkodern, wie TVs oder Streaming-Player Immerhin würden laut Auro einige aktuelle, potentere Streaming-Player die nötige Rechenleistung bieten.

Da sich der neue Codec also nicht so schnell etablieren dürfte, präsentierte Auro in Las Vegas noch eine weitere Variante: Streaming mit dem aktuellen Codec. Dieser liegt dabei verborgen in einem Mehrkanal-PCM-Strom vor, wird aber vor dem Streaming in einen Mehrkanal-FLAC-Container (6 Kanäle, 24 Bit) umgepackt.

Auro zeigte in der Demo, dass sich diese Streaming-Variante bereits mit einem aktuellen Nvidia Shield TV (das Modell in Röhrenform) problemlos verarbeiten lässt. Das Gerät nutzt dabei eine fertige Android-TV-App der Firma Artist Connection. Am Ende kommt aus dem Shield TV wieder der Mehrkanal-PCM-Datenstrom samt Höheninformationen, den jeder Auro-3D-kompatible AV-Receiver wiedergeben kann.

NewAuro präsentiert in Las Vegas eine Android-TV-App, mit der sich der aktuelle Auro-3D-Codec in Form eines Audiostreams nutzen lassen.

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Durch die FLAC-Kompression sinkt die Datenrate – bei einem 9.1-kanaligen Titel mit 48 kHz Samplingrate von 11,5 auf 6,9 Mbit/s. Das ist aber immer noch ein hoher Wert. Die Lösung ist daher am ehesten für Anbieter von Musikstreamingdiensten interessant, die audiophilen Kunden HD-Audio-Streams anbieten wollen. Dazu passt, dass Artist Connection auch fertige Streamingdienst-Konzepte anbietet, über die kleine Label ihre Produktionen in Eigenregie vertreiben können.

Für den Massenmarkt sind Datenraten von mehreren Mbit/s aber viel zu hoch, vor allem, wenn auch noch Video übertragen werden soll. Zum Vergleich: Dolby Atmos kommt bei Netflix & Co. aktuell bestenfalls auf Werten um 768 kBit/s, der neue Codec DTS:X for Streaming soll mit maximal 1536 Mbit/s schon gehobene Ansprüchen genügen. Daher ist für den Massenmarkt aus Auros Sicht entscheidend, dass sich Auro Cx auf lange Sicht etabliert.

Um Auro-Cx attraktiv zu machen, hat sich Auro noch einige Besonderheiten ausgedacht: So gibt es beispielsweise einen sogenannten „Near Lossless“-Modus, bei dem mit einer verlustbehafteten Komprimierung bei einer Datenrate von 1 bis 1,5 MBit/s ein Klang erreicht werden soll, der kaum von dem bei verlustfreier Komprimierung zu unterscheiden ist. Bei der Vorführung war das Klangerlebnis durchaus beeindruckend, endgültige Ergebnisse müssten aber in Tests ermittelt werden. Auch Lossless ist mit Auro-Cx möglich, aber dann steigt die Datenrate wiederum auf über 5,5 MBit/s.

Der neue Audiocodec Auro Cx erlaubt die Nutzung von Audio-Objekten – um beispielsweise bei Sportübertragungen den Kommentar separat regelbar zu machen, wie NewAuro in Las Vegas demonstrierte.

(Bild: heise online / Nico Jurran)

Zudem lassen sich mit dem neuen Codec auch Audio-Objekte nutzen. Das ist deshalb beachtenswert, da das aktuelle Auro-3D rein kanalbasiert arbeitet – was die vier Höhenkanäle (eventuell inklusive zusätzlichem Deckenkanal) einschließt.

Auro führt in Las Vegas vor, wie sich ein Audio-Objekt beispielsweise bei einer Sportübertragung für den Kommentar nutzen lässt. Dessen Lautstärke ist dadurch unabhängig vom Rest regelbar, ebenso lässt sich die Position im Raum frei wählen. Laut Auro ließen sich theoretisch bis zu 64 Objekte, verlustfrei oder verlustbehaftet komprimiert, nutzen. Hinsichtlich der üblicherweise verfügbaren Rechenleistung von Decoder-Chips sei aber eine Anzahl von 16 bis 32 Objekten realistisch.

Laut CEO Bert Van Daele sollen die drei Varianten – aktueller Codec, neuer Codec mit Transkodierung und neuer Codec direkt – nicht zeitlich aufeinander folgen, sondern nebeneinander existieren. So will man jedem Industriepartner sofort die passende Lösung bieten. Ob dies ausreicht, wird sich zeigen müssen. (nij)