50 Jahre Pirelli-Kalender: Schönheit im Wandel der Zeit

Seit 50 Jahren huldigt der Pirell-Kalender weiblicher Schönheit. Die wurde im Laufe der Zeit durchaus unterschiedlich definiert. Vieles, aber eben nicht alles, was die Altvorderen sexy fanden, hält dem heutigen Blick noch stand.

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50 Jahre Pirelli-Kalender: Schönheit im Wandel der Zeit

(Bild: Links: 1969 di Harry Peccinotti, Rechts: 2006 di Mert & Marcus © Dal Calendario PIRELLI)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sascha Steinhoff

Der Pirelli-Kalender feierte vor zwei Jahren sein fünfzigjähriges Jubiläum. Der Taschen-Verlag hat nun einen Bildband zum Jubiläum herausgebracht. Die Limited Collector’s Edition zum stolzen Preis von 2500 Euro war schnell vergriffen, die reguläre Ausgabe von Pirelli – Der Kalender. 50 Jahre und mehr ist für 50 Euro im Buchhandel erhältlich. Dafür bekommt man einen 576 Seiten starken und äußerst üppig illustrierten Bildband mit den Abmessungen von 30,5 cm × 30,5 cm × 5,1 cm. Das Buch deckt die komplette Zeitspanne vom ersten Shooting im Jahr 1964 unter Robert Freeman bis zum aktuellen Pirelli-Kalender des Jahres 2015 von Steven Meisel ab.

Die Bilder des ersten Kalenders aus dem Jahr 1964 waren nach heutigen Maßstäben kreuzbrav. Frauen im Bikini am Strand sind heute in ähnlicher Form in der Apotheken-Umschau ebenfalls zu finden. In den Folgejahren wurden die Fotografen immer experimentierfreudiger. Als Teil- und Vollakt-Bilder im Medien-Mainstream angekommen waren, wurden andere Phantasiewelten erschlossen. Ob heranstürmende Amazonen, außerirdisch anmutende Geishas, auf Südseeinseln gestrandete Badeschönheiten oder auch rauchende Femmes fatales: Jede denkbare Männerfantasie wurde in den Pirelli-Kalendern im Laufe der Zeit umgesetzt.

Dieser Bildband ist auch ein Zeitzeugnis, das den Wandel von Schönheitsidealen dokumentiert. Der Pirelli-Kalender hat den Anspruch, zur jeweiligen Zeit die Avantgarde der Schönheit abzubilden. Schönheit ist aber keine feste Größe, sie unterliegt den Strömungen der Zeit. Aus heutiger Sicht ist es beispielsweise schwer nachvollziehbar, dass man in den 1970er Zigaretten und Cola-Flaschen als erotisch aufgeladenen Requisiten verwendete. Nachfolgende Generationen werde sich vermutlich genauso fragen, warum Steven Meisel für den 2015er Kalender seine bildhübschen Models in sehr seltsam anzuschauende Latex-Leibchen zwängte. Altmeister Herb Ritts hat den Wandel von Schönheitsidealen im 1999er Kalender gekonnt thematisiert. Er inszenierte Models im Stil verschiedener Epochen. Wenn er eine moderne Schönheit wie Chandra North im Stil der Belle Epoque inszeniert, ist das in jedem Fall ein ungewohnter Anblick.

Man mag über den ein oder anderen Irrweg in der Rückschau schmunzeln, aber in der Summe prägten Pirelli-Fotografen mit ihren charakteristischen Looks die Beauty-Fotografie über Jahrzehnte. Sie definierten Schönheit kontinuierlich neu, hatten die angesagtesten Models vor dem Objektiv und sie konnten sich nicht zuletzt gegen eine Heerschar konkurrierender Fotografen durchsetzen. Eine Veröffentlichung im Pirelli-Kalender war, ist und bleibt auf absehbare Zeit eben das höchste Ziel, das man als Beauty-Fotograf anstreben kann. (sts)