5G-Mobilfunk: Innenministerium will Huawei weitgehend aus den Netzen verbannen

Nicht nur in den Kernnetzen, sondern auch bei Zugangsnetzen sollen chinesische Bauteile größtenteils ersetzt werden. Die Betreiber erwägen rechtliche Schritte.

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(Bild: Jan Hrezik / Shutterstock.com)

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Das Bundesinnenministerium (BMI) will Ernst machen mit seinem Plan, kritische Komponenten chinesischer Hersteller wie Huawei und ZTE aus den hiesigen 5G-Netzen zu verbannen. Es dränge auf eine Initiative der Bundesregierung, wonach die Mobilfunknetzbetreiber entsprechende Bauteile wie Steuerelemente größtenteils entfernen müssten, berichten "Der Spiegel" und die Süddeutsche Zeitung unter Verweis auf Regierungskreise. Demnach ist ein gestaffelter Ansatz vorgesehen: Zunächst müssten die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica bis Ende 2024 die Komponenten aus ihren Kernnetzen ausbauen. Dabei geht es um das Backbone mit Glasfaserleitungen und Rechenzentren, über die auch die Daten der Nutzer fließen.

Im Zugangsnetz, das unter anderem auf der "letzten Meile" die Basisstationen samt Funkmasten umfasst, sollen den Berichten zufolge in spätestens vier bis fünf Jahren bundesweit nur noch 25 Prozent der Anlagen aus chinesischer Produktion stammen dürfen. In kritischen Regionen wie der Bundeshauptstadt Berlin und dem Großraum Köln-Bonn müssten sie danach sogar ganz zurückgebaut werden. Ferner sollen Huawei & Co. gezwungen werden, ihre Schnittstellen zu öffnen. Bislang kann man deren Basisstationen nur mit propietärer Software steuern.

Im März kündigte das BMI zunächst an, dass es alle sicherheitsrelevanten Komponenten von Huawei und ZTE überprüfen lasse. Die Sondierung sei eingeleitet worden, um Technologien zu identifizieren, "die es einem Staat ermöglichen könnten, politische Macht auszuüben", ließ damals ein hochrangiger Beamter aus dem Haus von Nancy Faeser (SPD) durchblicken. Verunsichert haben soll das Ressort insbesondere ein Huawei-Bauteil, mit dem sich der Stromverbrauch kontrollieren lässt. Sicherheitsbehörden sollen befürchten, dass die Komponente fürs Energiemanagement dazu verwendet werden könnte, den Telekommunikationsbetrieb massiv zu stören. Dazu kommen Ängste vor einem Datenabfluss nach China, die die Netzausrüster als unbegründet zu entkräften suchen.

Ein Austausch von Bauteilen gilt in den Netzsystemen, die auf ein effektives Zusammenspiel ausgerichtet sind, als sehr aufwändig. Mit dem Herausnehmen einzelner Komponenten dürfte es nicht getan sein. Die Regierung kann den Einsatz kritischer Teile laut der gesetzlichen Grundlagen bei "voraussichtlichen Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" untersagen. Das BMI muss sich für einen Bann aber "ins Benehmen" setzen mit weiteren betroffenen Ressorts. Im Gegensatz etwa zum Auswärtigen Amt befürchtet aber vor allem das Digitalministerium bei kurzen Austauschfristen, dass das in der Gigabit-Strategie verankerte Ziel zum flächendeckenden schnellen Internet bis 2030 unerreichbar wird.

Die Bundesregierung selbst hat laut einer Auskunft auf Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion keine "abschließenden Informationen" dazu, wie hoch der Anteil von Komponenten chinesischer Hersteller in deutschen Mobilfunk- und Festnetzen ist. Die Betreiber warnen vor drastischen Maßnahmen und drohen mit Klagen. Ihnen zufolge dürften die Kosten für einen Austausch je Anbieter in einstelliger Milliardenhöhe liegen. Insbesondere die Vorgaben für das Zugangsnetz ließen sich so schnell nicht umsetzen, der Ausbau werde auf Jahre hinaus gefährdet. Der Staatsrechtler Udo Di Fabio hat in ihrem Auftrag laut dem Spiegel ein Gutachten erstellt, wonach ein verordneter Austausch ohne Entschädigung unzumutbar wäre. Die Regierung halte solche Forderungen aber für unbegründet.

(tiw)