A1 Telekom Austria reduziert Schulden, verlÀsst US-Kapitalmarkt

Mobilfunk-Antennen auf dem Dach eines Wohnhauses in Wien X
(Bild: Daniel AJ Sokolov)
Die Telekom Austria zieht sich vom US-Wertpapiermarkt zurĂŒck. SIM-Karten fĂŒr vernetzte Maschinen beleben das GeschĂ€ft.
A1 Telekom Austria (TA) zieht seine US-amerikanischen Wertpapiere ein. Das hat der mexikanisch kontrollierte Netzbetreiber am Dienstag bekannt gegeben. Die "Relevanz" der U.S. American Depositary Receipts (ADR) habe im Laufe der Jahre "deutlich abgenommen". Daher habe der Vorstand beschlossen, das ADR-Programm zum Ende des laufenden Quartals einzustellen.
Laute Stimmung erwartete die Telekom Austria, als sie am 21. November 2000 parallel an die Börsen in Wien und New York (NYSE) ging [1]. Es war die bis dahin gröĂte Aktienausgabe in der Geschichte Ăsterreichs. ZunĂ€chst verkaufte die Republik ein Viertel aller Telekom-Aktien ĂŒber die Börsen; doch die rechtskonservative Regierungskoalition aus ĂVP und Jörg Haiders FPĂ hatte bereits beschlossen, den Staatsanteil in weiteren Schritten auf ein Viertel zu reduzieren.
Doch bereits mit 17. Mai 2007 zog die TA ihre Aktien wieder von der New York Stock Exchange zurĂŒck [2] und beschrĂ€nkte sich auf ein Listing in Wien. Lediglich die ADR-Papiere, von denen jede zwei TA-Aktien widerspiegelt und Dividenden in US-Dollar ausschĂŒttet, wurde in den USA auĂerbörslich weiter gehandelt. Damit konnte der Konzern seine Offenlegungen an die US-Kapitalmarktbehörde SEC (Securities Exchange Commission) einstellen und musste sich auch nicht an das US-Anlegerschutzgesetz Sarbanes-Oxley-Act halten.
Seit 2014 hat bei der TA der mexikanische Konzern AmĂ©rica MĂłvil (AMX) das Sagen [3]. Aktuell hĂ€lt AMX 51 Prozent, die Republik-Holding ĂBAG 28,42 Prozent, der Rest ist in Streubesitz. JĂŒngst haben die Mexikaner ihre Kontrolle ĂŒber die A1 Telekom Austria gefestigt [4]. Nun folgt auch das Aus fĂŒr den ADR-Handel in den USA. DafĂŒr hat das Unternehmen einen neuen Börsengang in Wien angekĂŒndigt, der aber vorerst kein frisches Geld einbringen wird.
Jahreszahlen 2022
Die TA kann es sich leisten. Der Jahresumsatz 2022 ist um 5,4 Prozent auf fĂŒnf Milliarden Euro gestiegen. Das EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) ist um 7,7 Prozent auf 1,838 Milliarden Euro gewachsen, obwohl die Energiekosten um 39 Prozent gestiegen sind. 90 Prozent des Konzernenergieverbrauchs entfĂ€llt auf den Netzbetreiber, davon 60 Prozent auf die Mobilfunknetze in Ăsterreich, WeiĂrussland, Bulgarien, Kroatien, Nordmazedonien, Serbien und Slowenien.
Beim Betriebsergebnis 2022 meldet TA sogar einen Sprung um 15,6 Prozent auf 871 Millionen Euro. Das Nettoergebnis ist gleich um 39,5 Prozent auf 635 Millionen Euro geschossen. Der operative Cashflow ist um 8,3 Prozent auf 1,718 Milliarden Euro gestiegen. Diese guten Ergebnisse haben den teilweisen Abbau des Schuldenbergs ermöglicht.
Im vergangenen Jahr sind die Nettoschulden von 2,832 Milliarden (1,7x EBITDA) auf 2,4 Milliarden Euro (1,3x EBITDA) gesunken. (Ignoriert man die Leasingverpflichtungen, gingen die Nettoschulden von 2,065 auf 1,719 Milliarden Euro zurĂŒck.) Das ist an Standard & Poors nicht unbemerkt vorĂŒbergegangen. Die Ratingagentur hat die TA-Bewertung im Oktober auf A- gehoben. "Das ist das beste S&P-Rating in der Geschichte der Gruppe", freut sich das TA-Management [5]. Die Dividende soll um 14 Prozent steigen.
M2M bringt Wachstum
Die fĂŒnf Milliarden Euro Jahresumsatz stammt zu knapp drei Milliarden aus dem MobilfunkgeschĂ€ft, zu knapp zwei Milliarden aus dem Festnetz. Das Unternehmen meldet in beiden Bereiche Kundenzuwachs. Zwar kĂŒndigen Ăsterreicher fortlaufend ihre FestnetzanschlĂŒsse, aber Kunden in Bulgarien und WeiĂrussland machen das mehr als wett. Insgesamt hatte die TA zum Jahresende 2,1 Prozent mehr FestnetzanschlĂŒsse als ein Jahr zuvor.
Im Mobilfunk waren es sogar fĂŒnf Prozent mehr AnschlĂŒsse. Das liegt zur GĂ€nze an SIM-Karten fĂŒr Maschinen. Ohne das Wachstum im GeschĂ€ft mit Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) hĂ€tte die TA ein Minus von zwei Promille der MobilfunkanschlĂŒsse melden mĂŒssen. ZusĂ€tzlich profitiert der Konzern in allen seinen LĂ€ndern von einer Verschiebung des Mobilfunkmarktes weg von im Voraus bezahlten Leistungen (Prepaid) zu AnschlĂŒssen mit Rechnungslegung (Postpaid).
So konnte die TA ihre UmsĂ€tze in allen MĂ€rkten steigern. Beim EBITDA gelang das nur in den beiden kleinsten MĂ€rkten, Slowenien und Nordmazedonien, nicht. FĂŒr das laufende Jahr erwartet das Management vier Prozent mehr Umsatz.
Neuer Börsengang noch heuer
Noch im laufenden Jahr wird die TA die passiven Teile ihrer Mobilfunk-Sendeanlagen auĂerhalb WeiĂrusslands in eine eigene Tochtergesellschaft ausgliedern und diese Firma an der Wiener Börse listen. Bestehende TA-AktionĂ€re erhalten keine Barabfindung, sondern Aktien dieser neuen, noch unbenannten Immobiliengesellschaft.
Sie wird etwa 12.000 Sendeanlagen an die TA zurĂŒckvermieten, auch andere Netzbetreiber werden als Mieter willkommen sein. 6.900 dieser Sendeanlagen befinden sich auf (meist fremden) DĂ€chern oder TĂŒrmen, 5.100 sind klassische Mobilfunkmasten. Fast die HĂ€lfte aller Sendestandorte der neuen Firma, nĂ€mlich 5.400, befinden sich in Ăsterreich. Der einst harte Wettbewerb hat dem Alpenland ausnehmend gute Mobilfunkabdeckung beschert.
(ds [6])
URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-7495954
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/Laue-Stimmung-erwartet-Telekom-Austria-an-der-Boerse-34509.html
[2] https://www.heise.de/news/Telekom-Austria-mit-Umsatz-und-Gewinnrueckgang-179146.html
[3] https://www.heise.de/news/America-Movil-uebernimmt-Mehrheit-bei-Telekom-Austria-2260913.html
[4] https://www.heise.de/news/A1-Telekom-Austria-bleibt-unter-mexikanischer-Kontrolle-7486990.html
[5] https://cdn1.a1.group/final/de/media/pdf/ergebnis-qu4-2022.pdf
[6] mailto:ds@heise.de
Copyright © 2023 Heise Medien