AOL Deutschland will bei Jugendschutz und Sicherheit massiv aufrüsten

Der Provider hat eine umfangreiche "Zielvereinbarung" zur Kontrolle von Chats oder der eigenen Berichterstattung oder zum Prüfen von Schutzmaßnahmen gegen Phishing mit seinem "Sicherheitsrat" abgeschlossen.

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Während der Feierlichkeiten zum 10. Geburtstag hat AOL Deutschland am gestrigen Dienstag im Rahmen einer Sitzung im Bundeskanzleramt eine umfangreiche "Zielvereinbarung" mit seinem prominent besetzten "Sicherheitsrat" abgeschlossen. Der Provider verpflichtet sich darin auf Empfehlung der Experten aus Politik, Wissenschaft und Medien, seine Bemühungen zur Gewährleistung des Jugendschutzes und der Sicherheit seiner Nutzer weiter deutlich zu erhöhen. "Wir haben eine große Bandbreite von Themen adressiert, auch Felder die für Provider eher schwierig sind", betonte der Vorsitzende des Sicherheitsrates, Wolfgang Schulz, nach dem Treffen. Der Direkter des Hamburger Hans-Bredow-Instituts hofft darauf, dass viele der nun von AOL anzugehenden Maßnahmen die gesamte Branche "zur Nachahmung einladen".

Die heise online im Wortlaut vorliegende Zielvereinbarung umreißt zahlreiche netzpolitische Spannungsfelder. So will der Internet-Dienstleister nicht etwa nur die Kooperation mit Ermittlungsbehörden und Staatsanwaltschaften durch das Erstellen einer Informationsbroschüre zur Reduzierung des Arbeitsaufwands der Behörden verbessern. Gleichzeitig verlangt AOL während der zunächst auf 2006 begrenzten Laufzeit der Selbstverpflichtung keine Zeugen- oder Sachverständigengebühren für Ermittlungsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit Kinderpornographie oder Volksverhetzung im Internet stehen.

Zudem hat sich der Provider etwa darauf eingelassen, binnen acht Monaten Regeln zu den "jugendschutzrechtlichen Grenzen der eigenen Berichterstattung zu definieren". Die eigenen Kindersicherungsprogramme will AOL ferner "im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren laufend verbessern". In diesem Zusammenhang hat der Anbieter auch angekündigt, eine Zertifizierung für das Jugendschutzprogramm gemäß der rechtlichen Vorgaben bei der Kommission für Jugendmedienschutz zu beantragen. Geprüft werden soll weiter die Einrichtung eines eigenen "Kinderprogramms" im eigenen Netzangebot. In Kooperation mit dem Portal Klicksafe.de steht zudem ein Ausbau der Aufklärungs- und Hilfeseiten für Eltern sowie die bessere Instruierung der eigenen Call-Center zur Förderung der Medienkompetenz an. Eine neue Sicherheitsstudie soll hier zusätzliche Anhaltspunkte geben.

Generell verpflichtet sich AOL auch, "den Schutz vor strafbaren und die Menschenwürde verletzenden Inhalten in Online-Medien zu verbessern". Zunächst plant der Provider, einen Statusbericht zu den bisherigen Maßnahmen in diesem Bereich vorzulegen. Darauf aufbauend will er mit den Experten im Sicherheitsrat, zu denen auch der mit heftig umstrittenen Sperrungsverfügungen in der Netzgemeinde bekannt gewordene Düsseldorfer Regierungspräsident Jürgen Büssow gehört, eine Diskussion über Zensur und die Blockade von Seiten mit strafrechtlich relevanten oder urheberrechtsverletzenden Inhalten starten. Aus Sicht der Provider, heißt es dazu in der Zielvereinbarung, "stellt sich Blocking womöglich aber als ein Problem der legitimen Verteilung von knappen Ressourcen dar, da die Kapazität zum Blocken, sofern technisch vorhanden, nicht unbegrenzt ist." Ergebnisse sollen auf einer "wissenschaftlichen Veranstaltung" vorgestellt werden.

Konkret in Vorleistung treten will der Provider in seinen Bemühungen um ein besonders familienfreundliches Image bereits bei der besseren Überwachung der Nutzeraktivitäten in Chats. "AOL entwickelt und implementiert binnen eines Jahres nach Unterzeichnung ein System ('Chat-Verify')", hält das Pflichtenheft fest. Es soll Verstöße in den Online-Chats "gerichtsfest dokumentieren und die Meldung an AOL erleichtern". Ferner kündigt der Anbieter an, in Bälde ein "Update an den Filtern für Chatraum-Namen" durchzuführen.

Abgerundet wird die Zielvereinbarung durch Vorschläge zur Verbesserung von Datenschutz und -sicherheit. So will AOL eine neue "Privacy Policy" ausarbeiten, um für Kunden die Transparenz im Umgang mit personenbezogenen Daten im eigenen Haus zu erhöhen. Zudem prüft der Provider innerhalb von vier Monaten, ob und in welchem Umfang deutschsprachige Phishing-Sites für AOL-Kunden geblockt werden können. In der Folgezeit soll auch ein Bericht über die Entwicklung des Spam- und Missbrauchsvorkommens im Rahmen der AOL-Produkte für die Internet-Telefonie vorgelegt werden. Zu guter letzt gelobt der Anbieter, über die Durchführung von Sicherheitsforen und der Vergabe eines "Safety Award" ein "breiteres Bewusstsein der Bevölkerung für die erforderlichen Schutzmaßnahmen" zu wecken. (Stefan Krempl) / (jk)