AOL: Telekom verdient an der Großhandelsflatrate zuviel

Laut einer heute von AOL vorgelegten Studie ist die Großhandelsflatrate der Telekom stark überteuert.

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Von
  • Axel Vahldiek

Mit einer heute in Berlin vorgestellten Studie will der Onlinedienst AOL nachweisen, dass die Deutsche Telekom an der Großhandelsflatrate zuviel Geld verdient. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die Telekom auch für die Hälfte des derzeitigen Preises noch kostendeckend arbeiten kann. Eine Preissenkung würde Internet-Providern wiederum Pauschal-Tarife für schmalbandige ISDN- oder Analog-Internetzugänge für Preise unter 50 Mark ermöglichen.

Die Telekom bietet die so genannte Großhandelsflatrate seit Dezember vergangenen Jahres an: Internet-Provider können damit für 4800 Mark monatlich einen Primärmultiplexanschluss mit 30 B-Kanälen mit insgesamt knapp 2 MBit/s Bandbreite mieten. Das Angebot kann an den zirka 1600 Teilnehmervermittlungsstellen der Deutschen Telekom in Anspruch genommen werden. Damit sollen Provider einen kalkulierbaren Internet-Zugang zum Pauschaltarif anbieten können. Sollte ein Dienstanbieter die Kanäle einzeln weitervermieten, sind damit nach den Vorstellungen der Telekom jedoch pro Kanal 160 Mark monatlich (1920 Mark pro Jahr) an Telekom-Vorleistungsgebühren fällig. Erst wenn ein Provider mehrere Kunden auf einem Kanal zusammenschaltet, sind niedrigere Endkundenpreise möglich; allerdings können die Anbieter dann keine volle ISDN-Bandbreite mehr garantieren.

Die Studie hält den Preis von 1920 Mark für erheblich zu teuer. Ihr zufolge liegen die realen Kosten der Telekom bei rund 855 Mark pro Jahr. Allerdings räumen die Autoren ein, dass es hier noch Faktoren und Szenarien gebe, die die Summe drastisch noch oben oder auch unten korrigieren könnten. Doch selbst die höchsten Schätzungen liegen immer noch knapp 150 Mark jährlich unterhalb des T-Angebots.

AOL glaubt mit Hilfe der Studie nachweisen zu können, dass die Telekom sich bei der Großhandelsflatrate nicht an den "Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung" orientiert. Deshalb hat der Onlinedienst die Studie mittlerweile auch der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) vorgelegt. Die Behörde hatte in den vergangenen Monaten einige Niederlagen im Streit um die Großhandelsflatrate kassiert. Nach dem so genannten Flatrate-Sterben Ende vergangenen Jahres hatte sie die Telekom zum Angebot einer Großhandelsflatrate verpflichtet, allerdings keine Preise festgelegt. Die Telekom kam der Aufforderung mit dem genannten Angebot zwar nach, zog jedoch gleichzeitig gegen die Anordnung vor Gericht. Sie argumentierte, dass die RegTP lediglich nachträglich Tarife korrigieren, nicht jedoch die Telekom zum Angebot neuer Tarifmodelle verpflichten dürfe. Der ehemalige Staatskonzern gewann: Das Oberverwaltungsgerichts Münster entschied vorläufig zugunsten der Telekom. Auch wenn eine endgültige Entscheidung bislang noch aussteht, hätte der rosa Riese das Angebot also vom Markt nehmen können. Dass er das nicht tat, freut jetzt die Wettbewerber, allerdings nicht wegen des Angebots selbst, das sie unisono als zu teuer einstufen, sondern weil die RegTP nun nachträglich vielleicht doch noch am Preis herumregulieren darf.

AOL hofft nun, die zur Zeit eingefrorene Flatrate für 78 Mark monatlich bald wieder anbieten zu können und zwar diesmal rentabel. Weil dies bislang nicht der Fall war, nimmt AOL bereits seit Mai keine Neukunden für diesen Tarif mehr an, auch wenn das Unternehmen nicht müde wurde, darauf hinzuweisen, dass es sich hier lediglich um eine indirekte Folge der Einstellung der T-Online-Flatrate handele: Da man nun der letzte bundesweit agierende Anbieter eine Flatrate für unter hundert Mark war, habe der daraufhin folgende Kundenansturm eine befristete Pause notwendig gemacht, um die Netzkapazitäten auszubauen. Noch in diesem Sommer will sich AOL nun mit einem neuen Flatrate-Angebot zurückmelden.

Die Telekom äußerte sich bisher nicht zu der Frage, wie viel sie denn an der Großhandelsflatrate verdiene. Sprecher Ulrich Lissek wies gegenüber heise online lediglich darauf hin, dass das Angebot offensichtlich so attraktiv sei, dass es bereits die ersten unterschriebenen Verträge gebe. Verhandlungen mit weiteren Unternehmen würden derzeit laufen. (axv)