ARM: 30 Jahre Advanced Risc Machines

Seite 2: War's die Technik?

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Ein paar Dinge waren es, die die ARM-Architektur der beiden in den 80/90-er Jahren gegenüber denen des großen Konkurrenten Intel voraushatte. Das war die gradlinige RISC-Architektur, die keine aufwendigen, energieschluckenden Decoder brauchte. Dank spezieller Register bei Interrupts war auch das Echtzeitverhalten besser.

Fast alle Befehle konnten mit Konditionsbits verknüpft werden, was viele Sprünge vermied. Zudem war die Pipeline sehr kurz, was nur kurze Wartezeiten bei Verzweigungen bedeutete. Und so brauchte man lange Zeit gar keine oder nur wenig aufwendige Sprungvorhersageeinheiten, etwa ab ARMv4.

Intel brachte Mitte der 90-er Jahre mit dem P6-Design zumindest konditionierte MOV-Befehle. Jetzt erst mit AVX512 hat Intel für die SIMD-Einheit auch Konditionsregister eingeführt.

Das Erfolgsgeheimnis liegt nicht zuletzt am Lizenzmodell, nahezu täglich werden es mehr.

(Bild: ARM)

Auf Out-of-Order-Technik verzichtete ARM ebenfalls sehr lange, führte sie mit dem Cortex-A9 erst 2007 ein, behielt aber stromsparende In-order-Architekturen für viele kleinere Chips bei. Die waren dann zumeist anders als die großen Cortex-Prozessoren von Sicherheitsproblemen durch Spectre-Angriffe nicht betroffen.

Mit den CISC-Befehlen hatte Intel zunächst "Platzvorteile", denn häufige Befehle waren kurz, seltene lang. Das brachte eine höhere Effizienz der Instruktionscaches und einen kleineren "Fußabdruck" in RAM oder ROM. Aber ARM konterte das schon 1994 mit einer intelligenten Komprimierung namens Thumb (später dann Thumb2).

Vor allem aber war es weniger die Technik als vielmehr das Vermarktungskonzept, denn ARM stellte selbst keine Chips her, sondern lizenzierte Designs als Softcore. Intel hingegen gab keine Designs aus der Hand, wollte immer ganze Chips verkaufen. Mit über 600 Lizenzen allein in den jüngsten vier Jahren von insgesamt rund 200 Lizenznehmern hat ARM eben eine ganze Armada "unter Waffen". Und während Intel mit dem 10-nm-Prozess hadert, hat diese Armada schon diverse 7 nm und mit Apples M1 schon die ersten 5-nm-Chips im Rennen.

Mit ARMv7 begann so ab 1994 der große Siegeszug bei den Handys und Smartphones (Nokia, Samsung ) und den Spielkonsolen (Game Boy, Nintendo GS). Intel versuchte später verzweifelt, einen Fuß in diesen Markt zu bekommen und hat Milliarden hineingesteckt – vergeblich. Andersherum schafften es ARM-Designs lange Zeit nicht, im Desktop- oder Servermarkt zu punkten. Doch das sieht im Moment recht anders aus, hier Apple M1 und da der A64FX von Fujitsu, mit dem nicht nur der aktuell schnellste Supercomputer ausgestattet ist, sondern der bereits drei weitere in der Top500-Liste antreibt.

Als die ARM-Story 2002 in c't erschien, lag die Gesamtzahl der lizenzierten ARM-Prozessoren gerade mal bei 800 Millionen Stück – geradezu Peanuts aus heutiger Sicht. Inzwischen liegt die Firma, die 2016 von der japanischen Softbank übernommen wurde, bei etwa 180 Milliarden Stück. Eine weitere Übernahme steht derzeit an, Nvidia will ARM für 40 Milliarden Dollar übernehmen, was die größte Übernahme in der Halbleitersparte überhaupt wäre. Softbank hatte seinerzeit 32 Milliarden Dollar bezahlt, der Verkauf würde sich für den japanischen Konzern also gut rentieren.

Zwischenzeitlich hielt der AMD-Xilinx-Deal mit 35 Milliarden US-Dollar die Spitze. Aber die Genehmigung der Antitrust-Behörden in den USA, Großbritannien, der EU und China stehen für die ARM-Übernahme noch aus. Vor allem China könnte besonders problematisch werden. Hier gibts zum einen zurzeit erhebliche Probleme mit dem chinesischen ARM-Arm, zum andern ist man in China über einen starken US-amerikanischen Einfluss auf die Architektur mehr als unglücklich.

Für die Europäer bedeutet die Übernahme ebenfalls ein Desaster. Das drückte der in Österreich geborene Acorn-Gründer und ARM-Mitgründer Hermann Hauser deutlich aus, der die geplante Übernahme als "absolutes Desaster für Cambridge, Großbritannien und Europa" bezeichnete

Hier wollte man schließlich mit der europäischen Prozessorinitiative EPI einen von den USA unabhängigen Prozessor kreieren, hatte sich für eine Kombination aus ARM und dem offenen Prozessordesign RISC V (entwickelt an der kalifornischen Berkeley-Universität) entschieden. Mit der US-Unabhängigkeit wirds dann wohl nix.

(as)