ARM-Macs mit "Thunderbolt / USB 4": Das USB-Namenschaos geht weiter

Seite 2: Schon richtig, aber ... was denn nun?

Inhaltsverzeichnis

Apple kann somit völlig korrekt in den Datenblättern der M1-Macs schreiben, dass die Buchsen gemäß neuester USB-4-Norm gecheckt wurden, aber eben auch nur die erstmals mit USB 3.1 eingeführte Geschwindigkeitsstufe von 10 GBit/s bieten. Zusätzlich gibt es auch 40 GBit/s – aber nicht gemäß des nagelneuen USB 4, sondern über das vergleichsweise betagte Thunderbolt 3. Letzteres wurde schließlich in etwa zur selben Zeit wie USB 3.1 verabschiedet – woraus sich wiederum erklärt, warum Intels eigenständiger Thunderbolt-Controller, den Apple mutmaßlich verwendet, beides kann. Die Namensverwirrung wird seit USB 3.1 also mit jeder weiteren USB-Revision schlimmer statt besser.

Man kann übrigens nicht einmal davon ausgehen, dass zeitgleich erscheinende, ähnliche Geräte identische USB-Angaben haben. Außer den M1-Macs erscheinen dieser Tage auch die neuen Spielkonsolen Playstation 5 und Xbox Series X/S. Sony spricht in seinen Datenblättern von USB 3.2 Gen 2 und Microsoft von USB 3.1 Gen 1. Auf die Geschwindigkeit heruntergebrochen bedeutet das, dass Sony die bereits mit USB 3.1 hinzugekommene 10-GBit/s-Stufe bietet (aber nicht das 20-GBit/s-USB von USB 3.2) und Microsofts Entwickler sich mit der ursprünglichen USB-3.0-Geschwindigkeit von 5 GBit/s begnügten (statt 10-GBit/s-USB, das mit der 3.1er-Revision debütierte).

Und wie passt Thunderbolt 4 ins Bild? Nun, Thunderbolt bietet seit jeher mehr als USB-Datentransfers: Man kann auch PCI-Express- oder Monitorsignale darüber an externe Geräte übertragen. All das wurde ebenfalls in die USB-4-Spezifikation aufgenommen – aber wie die neueren Geschwindigkeitsstufen nicht verpflichtend, sondern optional.

Auch klassisches Thunderbolt 3 ist eine Untermenge des USB-4-Standards geworden. Der neuere Thunderbolt-4-Standard bringt deshalb zwar keine höhere Geschwindigkeit mit sich, sondern agiert als Retter im Bezeichnungschaos: Es baut auf USB 4 auf und macht die zusätzlichen, im USB-Universum neuen Optionen verpflichtend. Zusätzlich wurden die Minimalanforderungen erhöht – etwa, dass sich zwei 4K-Monitore ansteuern lassen. Über Thunderbolt 3 ist das zwar auch möglich, doch verpflichtend war nur ein 4K-Bildschirm.

Ausschnitt aus den Spezifikationen von Thunderbolt 4, Thunderbolt 3, USB 4 und USB 3.x

(Bild: Intel, Screenshot)

Das ist dann wiederum wohl der Grund, warum Apple unspezifisch mit "Thunderbolt / USB 4" wirbt, also ohne Ziffer hinter Thunderbolt. Ehrlicher wäre "Thunderbolt 3 und USB mit 3.1-Geschwindigkeit" – nur klingt das natürlich nicht so modern beim ersten Notebook mit hauseigenem Prozessor, das sich in diesem Punkt hinter Intel anstellen muss. Dass man Thunderbolt 4 derzeit nur in teuren Notebooks mit elfter Core-i-Generation vorfindet, ist derzeit ein Plattform-Vorteil von Intel: Als Miterfinder von Thunderbolt und maßgeblichem Mitglied im USB-IF hatte man schlicht einen Entwicklungsvorsprung, was die Hardware-Implementierung von USB 4 beziehungsweise Thunderbolt 4 betraf. Allerdings ging auch Intel den Weg des geringsten Widerstands: Wie Nachmessungen zeigen, ist auch bei Thunderbolt-4-Notebooks anders als erwartet kein 20-GBit/s-USB drin, sondern lediglich altbekanntes 10-GBit/s-USB.

Weil die Thunderbolt zugrundeliegende Technik jetzt allen USB-IF-Mitglieder offensteht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis andere Hersteller oder Zulieferer eigene Controller-Implementationen verwenden. Das gilt dann nicht nur für Hersteller von USB-4- beziehungsweise Thunderbolt-4-Docks (solche gibt es bislang nicht) oder Apple, sondern natürlich für andere CPU-Anbieter wie AMD. Den Ryzen-Prozessoren stünde 40-GBit/s-USB schließlich auch nicht schlecht, wenngleich eine solche Integration aber wohl noch mindestens zwei Jahre dauern wird.

Ob es bei Apple viel früher klappt, bleibt abzuwarten. Die oberste Entwicklerpriorität dürfte nach wie vor haben, das gesamte Mac-Lineup bis hinauf zum Mac Pro auf verschiedene hauseigene Prozessoren umzustellen. Ein eigener UBS-4- / Thunderbolt-4-Controller im hauseigenen ARM-Prozessor wäre ein nettes Sahnehäubchen. Ein zugekaufter Thunderbolt-Chip von Intel (oder eines anderen Zulieferers) ist bis dahin aber weit mehr als nur ein Notnagel, falls Entwicklungsressourcen knapp werden: Es gibt mit Thunderbolt 4 schließlich keine höhere Maximalgeschwindigkeit, sondern nur mehr Komfort dank erweiterter Abwärtskompatibilität.

[Update 19.11. 19:35 Uhr: Inzwischen gibt es erste Teardowns von M1-Macs, woraus sich neue Erkenntnisse ergeben haben.]

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (heise Preisvergleich) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

(mue)