ARM blickt selbstbewusst in die Zukunft

Das Unternehmen stellt drei neue CPU-Kerne in Aussicht, präsentiert Ergebnisse für 2009 und will zur Not auch ohne Microsoft auf dem Netbook-Markt Intel überflügeln.

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Von
  • Benjamin Benz

Warren East, Chef der CPU-Schmiede ARM, hat gegenüber einer Runde von Analysten einige Codenamen kommender Coretex-Prozessoren verraten und wieder einmal ein paar Schüsse in Richtung Intel und Microsoft abgegeben. Innerhalb der nächsten 18 Monate will das Unternehmen die Prozessorkerne Eagle, Heron und Merlin fertigstellen, erste "Lead Customers" gebe es auch schon. Da ARM jedoch keine fertigen Prozessoren verkauft, sondern nur Lizenzen für deren Blaupausen vergibt, dauert es selbst nach der offiziellen Vorstellung des Kerns noch Jahre, bis Produkte damit im Handel erscheinen. So hat ARM den Cortex-A9 MPCore im Oktober 2007 präsentiert, aber erst voriges Jahr kündigten Firmen erste Chips damit an, zum Beispiel OMAP-4, Armada und Tegra-250.

Eagle soll das bisherige Multikern-Flaggschiff Cortex-A9 überflügeln und in Smartphones, Mobilrechnern, Fernsehern und Telekommunikationsinfrastruktur zum Einsatz kommen. Welche genaue Bezeichnung Eagle in der Cortex-A-Familie bekommt, steht noch nicht fest.

Heron wird voraussichtlich einen Namen tragen, der mit "Cortex-R" beginnt. Er soll in Festplatten-Controllern sowie der Motorsteuerung von Autos seinen Dienst tun. In die Cortex-M-Familie gehört der Merlin und ist für die Steuerung von Elektromotoren und Maschinen sowie Audioverarbeitung gedacht. Allein in diesem Marktsegment werden jährlich rund 16 Milliarden Prozessoren verkauft.

Kern-Familie Anteil Q4/09
ARM7 57%
ARM9 36%
ARM11 5%
Cortex 2%

Vor den Analysten schürte Warren East den schon länger schwelenden und nicht unbedingt von sachlichen Argumenten geprägten Streit mit Intel und rechnete vor, dass in einem Netbook ohnehin schon die meisten Mikroprozessoren von ARM stammen: "Derzeit steckt im PC nur ein Mikroprozessor, der wahrscheinlich nicht von ARM kommt und das ist der Applikationsprozessor. Sicherlich ist das, worüber wir in den nächsten paar Jahren bei den Netbooks – nicht den PCs – reden werden, die Möglichkeit, ARM zu nutzen." Um auf diese plakativen Verhältnisse zu kommen, zählt East allerdings die Mikrocontroller in der Festplatte, dem WLAN- und Bluetooth-Modul sowie der Webcam – und ganz nebenbei dem Drucker – schlicht als Mikroprozessoren.

Marktsegment Anteil Q4/09
Mobile 62%
Enterprise 15%
Home 5%
Embedded 18%

Auch in Richtung Microsoft schoß der ARM-Chef und prognostizierte, dass Netbooks in den kommenden Jahren bis zu 90 Prozent Marktanteil erreichen könnten, und zwar "mit oder ohne Windows". Er sehe zudem derzeit keinen besonderen Sinn darin, für seine Firma bei Microsoft an die Tür zu klopfen. ARM könne auch mit Linux Marktanteile gewinnen. Sein Unternehmen habe die vergangenen zwölf Jahre mit Microsoft zusammengearbeitet und in Redmond sei bekannt, welchen technischen Support ARM leisten könne, zumal alle Mobil-Produkte von Microsoft auf ARM laufen.

Lizenzverkäufe Q4/09 an Bestandskunden Lizenzverkäufe Q4/09 an Neukunden Summe Q4/09 Kummulative Summe
ARM7 2 1 3 172
ARM9 1 3 4 262
ARM11 3 1 4 76
Cortex-A 4   4 33
Cortex-R       17
Cortex-M 5 2 7 51
Mali 2   2 27
Sonstige 1   1 24
Summe 18 7 25 662

East hält die Frage, ob ein Standard-Windows auch für ARM-Netbooks erscheint, schlicht und ergreifend für eine operative Entscheidung, die Microsoft alleine treffen müsse. Eine kürzlich veröffentlichte Prognose geht davon aus, dass bereits 2013 mehr Mobilgeräte mit ARM- als mt Intel-Prozessoren bestückt werden.

Neben diesen Blicken in die Glaskugel hatte Warren East aber auch harte Zahlen zum vierten Quartal 2009 parat: Der Umsatz sank im Vergleich zum Vorjahresquartal um 10 Prozent auf 85,2 Millionen britische Pfund und lag damit aber immer noch 20 Prozent über den Erwartungen. Der Jahresgewinn vor Steuern lag bei 47,3 Millionen Pfund – ein Einbruch von 25 Prozent gegenüber 2008. 25 neue ARM-Lizenzen konnte der CPU-Enwtickler im vierten Quartal 2009 absetzen, 18 davon an bisherige Kunden, die restlichen 7 an neue. Diese sieben kauften aber nicht etwa Lizenzen für die dicken Cortex-Schiffe sondern für ältere und kleinere ARM-Kerne.

Bisher haben die Cortex-CPUs gerade einmal 2 Prozent Anteil an den ausgelieferten ARM-Kernen. Den Löwenanteil bestreiten mit 57 Prozent die ARM7-Kerne. Wichtigstes Standbein von ARM sind mit 62 Prozent die Mobil-CPUs; weit abgeschlagen liegen mit 18 Prozent die Embedded-Chips dahinter. (bbe)