Abschaltungen von Mining-Farmen in China: Gefahr oder Chance für Bitcoin?
China legte im Mai viele Bitcoin-Miner still. Gut für die Umwelt, doch was bedeutet die Abschaltung für die Kryptowährung und ihre Sicherheit vor 51%-Attacken?
China macht Ernst: Nach mehrmaliger Ankündigung der Regierung, Bitcoin und Mining-Aktivitäten nicht länger dulden zu wollen, wurde zwischen Mai und Juli etlichen Mining-Farmen der Strom abgedreht. Innerhalb von nur sieben Wochen schrumpfte die Hash-Leistung des Bitcoin-Netzwerks um mehr als die Hälfte, von rund 180 EH/s (Exa-Hashes pro Sekunde) am 14. Mai auf unter 85 EH/s am 4. Juli 2021.
Die Abschaltung von über 50 Prozent aller Miner einer Kryptowährung, die anfällig für eine 51-Prozent-Attacke ist, klingt bedrohlich. Tatsächlich bestand diese Bedrohung über Jahre hinweg; seit geraumer Zeit standen weit mehr als die Hälfte der weltweiten Miner in China, Mitte 2020 waren es laut der jüngsten Studie von Statista gut zwei von drei Minern des Bitcoin-Netzwerks. Das ist mehr als genug, um sowohl kurzfristig als auch dauerhaft die Bitcoin-Blockchain und damit die Kryptowährung zu kontrollieren.
Faktisch genügt bereits die Kontrolle über etwas mehr als 50 Prozent der weltweiten Hash-Leistung für einen sogenannten 51-Prozent-Angriff. Dabei nutzt ein Angreifer aus, dass es sich bei der Bitcoin-Blockchain um eine lediglich rückwärts verkettete Liste handelt, es sich also anhand der Blockchain nicht feststellen lässt, ob es nicht bereits neuere Blöcke mit Transaktionen gibt, die noch nicht bekannt sind. Deshalb verteilt ein Miner einen neu gefundenen Block möglichst schnell an die Bitcoin-Nodes, die ihn weltweit an andere Nodes, Miner und natürlich die Bitcoin-Clients der Nutzer verteilen.
Paralleluniversen
Bis ein neuer Block über das Bitcoin-Netzwerk propagiert wurde, dauert es einige Sekunden bis Minuten – in der ein anderer Miner einen konkurrierenden Block erzeugen und seinerseits propagieren kann. Dann gibt es zwei unterschiedliche, aber jeweils gültige Versionen der Blockchain, es ist ein sogenannter Fork entstanden. Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto hat dieses Problem vorhergesehen und deshalb festgelegt, dass stets nur die längste Blockchain gilt. Es kommt also darauf an, für welche Variante die nächsten Blöcke erzeugt wurden – irgendwann ist eine Blockchain länger und die andere Variante wird verworfen.
Damit es nicht zu häufig zu solchen Forks kommt und Miner schneller neue Blöcke finden, als sie im Bitcoin-Netzwerk propagiert werden können, wird die sogenannte Difficulty (Schwierigkeitsgrad) alle zwei Wochen (genauer: alle 2016 Blöcke) so angepasst, dass es im Durchschnitt zehn Minuten dauert, bis der erste Miner einen neuen Block zusammengestellt hat.
Um die Bitcoin-Blockchain zu kontrollieren, benötigt ein Angreifer so viel Rechenleistung, dass er schneller neue Blöcke erzeugen kann als der Rest der Welt – also mehr als 50 Prozent der im Bitcoin-Netzwerk verfügbaren Rechenleistung. Damit kann man dann etwa den Handel mit der Kryptowährung blockieren, womit sie wertlos wird, indem man lediglich leere Blöcke ohne Transaktionen erzeugt. Oder man arbeitet an einer Variante der Blockchain, die einen größeren Verkauf von Bitcoins ungeschehen macht – womit man anschließend sowohl den Verkaufserlös als auch die Bitcoins besitzt.