Abschlussbericht: Regierung trägt Mitschuld an Chipfabrik-Pleite

Als eine der Lehren aus dem Scheitern der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) zieht der Ausschussvorsitzende Heinz Vietze, dass künftige Großvorhaben vorab intensiver geprüft werden müssen.

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  • dpa

Brandenburgs Landesregierung ist nach Überzeugung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses mit schuld am Scheitern der Chipfabrik in Frankfurt (Oder). Das geht aus dem Abschlussbericht des Gremiums hervor, der heute im Landtag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD und CDU sowie der oppositionellen PDS verabschiedet wurde. Die rechtsextreme DVU habe sich der Stimme enthalten und wolle ein Minderheitenvotum vorlegen, sagte Ausschussvorsitzender Heinz Vietze (PDS).

Das Papier sei eine sachliche Bewertung der Vorgänge um die geplante Chipfabrik, die Einigung auf den Text ein "bemerkenswertes Ergebnis" inmitten des Wahlkampfs, sagte Vietze. Der von ihm erarbeitete Bericht, der bei der letzten Ausschusssitzung nur noch geringfügig geändert wurde, nennt den ehemaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) als einen der Schuldigen. Dessen persönlicher Einsatz für das Vorhaben sei zwar zu loben, doch er habe die Chancen für die Umsetzung deutlich überschätzt, betonte Vietze.

Ebenso habe Fürniß Informationen ungeprüft an das Kabinett weitergegeben. Gerügt wird auch das Verhalten des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Chipfabrikbetreiberfirma Communicant, Abbas Ourmazd. Dieser hatte Absatzgarantien für die Chips versprochen, was sich später nicht bestätigte.

Ähnliche Vorfälle müssten künftig vermieden werden, sagte Vietze. Das heiße jedoch nicht, dass auf Großprojekte völlig verzichtet werden müsse. Notwendig sei, dass vorab eine gründliche Prüfung erfolge. Mit dem angekündigten Bau der Fabrik habe die Regierung große Hoffnungen auf tausende Jobs in der Oderregion geweckt, sagte SPD-Ausschussmitglied Heiko Müller. Diese seien jedoch wegen handwerklicher Fehler nicht in Erfüllung gegangen. Daraus müssten unbedingt Konsequenzen für das künftige Handeln gezogen werden.

Ourmazd reagierte enttäuscht auf den Abschlussbericht. In einem Brief an Vietze schrieb er am Dienstag: "Der Bericht und vor allem seine abschließende Würdigung -- das Untersuchungsergebnis -- bleiben, was die Gründe des Scheiterns angeht, ohne Nennung von Einzelheiten durchweg an der Oberfläche." Es werde darin sehr sorgfältig vermieden, Namen von politisch Verantwortlichen in der heutigen Regierung zu nennen. Stattdessen versuche der Ausschuss offenbar, vor allem auf Verantwortliche außerhalb des politischen Raumes zu zeigen.

Der Untersuchungsausschuss war auf Initiative der PDS erst im Dezember vom Landtag eingesetzt worden. In 23 Sitzungen wurden 32 Zeugen vernommen. Alle anderen bisherigen Untersuchungsausschüsse des Landesparlaments tagten deutlich länger. Bei einer Sondersitzung des Landtags am 26. August soll mit der Debatte zum Abschlussbericht das unrühmliche Kapitel Chipfabrik abgeschlossen werden. (dpa) / (anw)