Adobe gibt die 20-Milliarden-Dollar-Übernahme von Figma auf

Wettbewerbsrechtliche Untersuchungen in der EU und in Großbritannien ließen eine Genehmigung durch die Regulierungsbehörden unwahrscheinlich erscheinen.

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(Bild: r.classen/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Adobe hat die geplante 20-Milliarden US-Dollar schwere Übernahme des Konkurrenten Figma auf Eis gelegt, da es "keinen klaren Weg zur Erteilung der erforderlichen Genehmigungen" durch die britischen und EU-Wettbewerbshüter gab. Damit ist die die bislang größte Übernahme der Firmengeschichte vorerst vom Tisch.

Sowohl von den britischen als auch von den EU-Wettbewerbshütern war der geplante Deal geprüft worden, da sie Auswirkungen auf die Märkte für Produktdesign, Bildbearbeitung und Illustration befürchten. Adobe weigerte sich verschiedenen Medienberichten zuolge in der vergangenen Woche jedoch, Abhilfemaßnahmen anzubieten, um die Bedenken der britischen Wettbewerbsbehörde Competition and Markets Authority (CMA) auszuräumen. Die CMA hatte erklärt, die Übernahme würde die Innovation von Software beeinträchtigen, die von der überwiegenden Mehrheit der britischen Digitaldesigner verwendet wird, und wiederholte damit ähnliche Bedenken der EU hinsichtlich einer möglichen Einschränkung des Wettbewerbs, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters.

Mit der Angelegenheit vertraute Quellen sagten dem Reuters-Bericht zufolge, dass Adobe und Figma zwar in ständigem Kontakt mit den Kartellbehörden in Großbritannien, der EU und den Vereinigten Staaten standen, um einen Weg zum Abschluss des Deals zu finden, die britischen Regulierungsbehörden jedoch in den letzten Wochen angedeutet hätten, dass sie die Übernahme untersagen oder Abhilfemaßnahmen verlangen würden, wie die Veräußerung von sich überschneidenden Geschäftsbereichen wie Illustrator oder Photoshop von Adobe oder dem Figma-Kernprodukt Figma Design. Doch Adobe argumentierte, dass keine Abhilfemaßnahme, die die Vorteile der Übernahme bewahrt, ausreichen würde, um die Bedenken der CMA zu zerstreuen.

Am Montag gaben die beiden Unternehmen eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie den Zusammenschluss unter Berufung auf die behördlichen Bedenken beendeten. Gemäß der Fusionsvereinbarung zahlt Adobe an Figma eine Abfindung in Höhe von einer Milliarde US-Dollar. "Adobe und Figma sind mit den jüngsten Ergebnissen der Aufsichtsbehörden nicht einverstanden, aber wir glauben, dass es in unserem jeweiligen Interesse ist, unabhängig voneinander weiterzugehen", zitiert der Tech-Blog Ars Technica den Vorsitzenden und CEO von Adobe, Shantanu Narayen.

Wie bereits angedeutet hatten Adobe und Figma mit zahlreichen regulatorischen Herausforderungen zu kämpfen. So befürchtete die Europäische Kommission, der Zusammenschluss könnte "den Wettbewerb auf den globalen Märkten für die Bereitstellung von interaktiver Produktdesign-Software und von Tools zur Erstellung digitaler Ressourcen beeinträchtigen", und leitete eine eingehende Prüfung ein.

Auch wurde der enorme Preis, den Adobe für das in San Francisco ansässige Produktdesign-Softwareunternehmen Figma zu zahlen bereit war, von Kritikern der Übernahme als Versuch gewertet, den vielversprechendsten neuen Konkurrenten von Adobe auszuschalten. Sowohl Figma als auch Adobe haben von der Begeisterung für generative KI profitiert. Adobe hat generative Foto-Tools wie Adobe Firefly herausgebracht; Figma im Zuge seiner Expansion in die Softwareentwicklung neue Funktionen eingeführt.

Im vergangenen Jahr erweiterte Figma sein Team von 800 auf 1.300 Mitarbeiter und wird voraussichtlich seinen jährlich wiederkehrenden Umsatz in diesem Jahr um 40 Prozent auf über 600 Millionen US-Dollar steigern, schreibt Reuters mit Berufung aud eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle.

Die geplante Übernahme hatte Adobe Mitte September 2022 angekündigt; es handelte sich um die bislang größte der Firmengeschichte. Laut Ars Technica wird erwartet, dass die Unternehmen am Donnerstag dieser Woche vor der CMA erscheinen, um die vorläufigen Feststellungen der Aufsichtsbehörde anzufechten.

(akn)