Affäre Schönbohm: Schrödingers BSI-Präsident

Die Innenministerin hat den BSI-Präsidenten vorerst kalt gestellt, doch formal bleibt Schönbohm im Amt. Über die Gründe schweigt sich das Ministerium aus.​

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(Bild: dpa/Montage: heise online)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Falk Steiner
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Arne Schönbohm bleibt formal Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Zwar hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Schönbohm am Dienstag die Führung der Dienstgeschäfte untersagt, doch so leicht wird sie ihn nicht los. Nun wird im Bundesinnenministerium hektisch nach einer Anschlussverwendung für den bisherigen BSI-Präsidenten gesucht – und überlegt, wer möglicherweise noch gehen muss. Zugleich bleiben die Gründe für Schönbohms Demission unerklärt.

Weiterhin ist vollkommen offen, was genau Faeser an Schönbohms Amtsführung zu bemängeln hat, dass sie ihm öffentlich das Vertrauen und die Führung der Amtsgeschäfte entzog. Das Bundesministerium des Innern (BMI) will sich zu seinen Beweggründen aus "dienstrechtliche Gründen" nicht weiter äußern, verweist aber auf die in Medienberichten genannten Vorwürfe.

Das kritisiert die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Andrea Lindholz. Das BMI habe den Vorgang im Innenausschuss nur "völlig vage" beantwortet: "Anstatt die im Raum stehenden Vorwürfe erst zu prüfen und den Präsidenten einer zentralen Sicherheitsbehörde zu schützen, vergrößert Frau Faeser mit ihrem chaotischen Vorgehen den Vertrauensverlust in das BSI."

Ein von Schönbohm selbst am Dienstag ins Spiel gebrachtes Disziplinarverfahren, mit dem er sich von allen bekannten und unbekannten Vorwürfen freisprechen lassen will, war am Mittwochmittag noch nicht eröffnet. Schönbohm kann zudem gerichtlich gegen Faesers Maßnahme vorgehen. In diesem Fall könnte sich die Affäre – inklusive der Suche nach möglichen Nachfolgern – um Monate hinziehen. Offensichtliche Kandidaten gibt es bislang nicht. Und loswerden kann das BMI Schönbohm auch nicht so einfach.

Denn Arne Schönbohm ist als BSI-Präsident kein sogenannter politischer Beamter, der jederzeit in den sogenannten einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann. Schönbohm bleibt formal unter vollen Dienstbezügen im Amt, darf aber seine Aufgaben nicht wahrnehmen und wird vorerst von BSI-Vizepräsident Gerhard Schabhüser vertreten. Ein vager Zustand, der an Schrödingers Katze erinnert.

Entweder das Bundesinnenministerium setzt Schönbohm als Dienstherr auf einen anderen, ebenfalls mit der Besoldungsstufe B8 dotierten Posten. Das wären im Geschäftsbereich von Nancy Faeser (SPD) nur das Technische Hilfswerk (THW) oder das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Oder, zumindest theoretisch möglich: Schönbohm könnte Abteilungsleiter im BMI werden – praktisch scheint das aber ausgeschlossen.

Bleibt die beliebte Methode der Wegbeförderung: Auf der Besoldungsstufe B9 hat das BMI die Hoheit über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Bundespolizeipräsidium, das Bundeskriminalamt und das Bundesverwaltungsamt. Doch eine Beförderung Schönbohms wäre mit der offiziellen Begründung kaum kompatibel.

Ebenfalls möglich: Schönbohm könnte künftig auf einer formal geringer dotierten Position eingesetzt werden – mit einer Ausgleichszahlung. In jedem Fall wird die Personalie Schönbohm für das Bundesinnenministerium teuer. Insidern zufolge wird etwa überlegt, Schönbohm zum ebenfalls in Bonn ansässigen Beschaffungsamt des BMI zu versetzen.

Allerdings geht es offenbar nicht allein um die Personalie Schönbohm. Das Bundesinnenministerium, von 2005 bis 2021 fest in Hand der Unionsparteien, ist politisch für die SPD-Ministerin bislang kaum zu steuern. Gerade in den Bereichen der öffentlichen Sicherheit und der Cybersicherheit, die erst unter Thomas de Maizière (CDU) stärker aufgebaut wurde, sind die Karrierewege vieler Beamter eng miteinander verknüpft.

Schönbohms Demission könnte der Auftakt eines größeren personellen Umbaus durch die Ministerin sein, heißt es in Ministeriumskreisen. Faeser hatte zu Beginn ihrer Amtszeit angekündigt, nicht nach Parteinähe zu gehen, sondern sich die jeweiligen Akteure erst einmal anschauen zu wollen. Doch bislang fand im BMI wenig Umbau statt – anders als in anderen Ministerien. Genau das könnte nun vorbei sein.

(vbr)