Aktionsbündnis: Urheberabgabe stützt den Wirtschaftsstandort

Eine Interessensvertretung von Künstlern, Forschern, Verlegern und Journalisten fordert nachdrücklich ein Umdenken bei der von der Regierung geplanten Kappung der Vergütungspauschale fürs private Kopieren.

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Eine Interessensvertretung von Künstlern, Wissenschaftlern, Verlegern und Journalisten fordert nachdrücklich ein Umdenken bei der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Kappung der Vergütungspauschale fürs private Kopieren. "Die Zahl der in Deutschland tätigen Kreativen steigt stetig an", heißt es in einem Weißbuch des Aktionsbündnisses Kopiervergütung. "Hier liegt der Arbeitsmarkt der Zukunft, der mit den geplanten Neuerungen in Gefahr gebracht wird." Es sei höchste Zeit, die Interessen der Urheber im 2. Korb der Urheberrechtsreform endlich angemessen zu berücksichtigen. Die Kreativen in Deutschland würden einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Innovationsstandorts Deutschland leisten und damit erheblich zum Wirtschaftswachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

Das angewachsene Aktionsbündnis, dem unter anderem der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Deutscher Journalisten-Verband (DJV), ver.di, der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) sowie die VG Wort angehören, warnt seit längerem vor einem "Raubbau" an der Vergütungspauschale. Mit dem über 100-seitigen Report haben die Urhebervertreter ihre Kritik am Kabinettsvorschlag für die Novelle nun untermauert. Demnach gibt der Gesetzesentwurf "ohne Not dem Druck der Geräteindustrie nach".

Konkret stößt sich das Bündnis am Plan der Regierung, nur noch Geräte in die Vergütungspflicht einzubeziehen, die in "nennenswertem Umfang" von über zehn Prozent fürs private Vervielfältigen genutzt werden. So würden leistungsstarke Geräte als "Bagatellfälle" ignoriert, die zwar Tausende von Kopien erstellen, aber deutlich mehr Gerätefunktionen zur Verfügung stellen würden. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers und der verfassungsrechtliche Auftrag, einen gerechten Ausgleich zwischen Urhebern und Herstellern zu schaffen und dabei mögliche Konflikte über die Vergütungspflicht einzelner Gerätetypen zu vermeiden, werde damit "vollkommen verfehlt".

Es genüge künftig die bloße Behauptung der Industrie, dass ein Gerätetyp oder ein Speichermedium nicht ernsthaft für Vervielfältigungen urheberrechtlich geschützten Materials genutzt werde, um neue Grundsatzauseinandersetzungen um das "Ob" der Vergütungspflicht auszulösen. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass über viele Jahre hinweg überhaupt keine Urheberrechtsvergütungen mehr an die Verwertungsgesellschaften gezahlt werden. Dagegen habe der Bundesgerichtshof (BGH) bereits darauf festgestellt, dass es eigentumsrechtlich vor allem auf die absoluten Kopierzahlen ankomme, nicht auf das prozentuale Verhältnis der Nutzungsanteile geschützter Werke zu ungeschützten Vervielfältigungen. Der Bundesrat habe empfohlen, die Klausel zum "nennenswertem Kopierumfang" zu streichen.

Die Regierung hat ferner vorgesehen, dass die Vergütung höchstens noch fünf Prozent des Verkaufspreises eines in Frage kommenden Kopiergerätes erreicht. "Angesichts rapide fallender Gerätepreise würde die Vergütung auf ein minimales Niveau absinken", beklagt das Bündnis hier. Zumal das Geschäft in stetig wachsendem Umfang mit Verbrauchsmaterialien wie Toner und Tinte gemacht werde und diese nach dem Regierungsentwurf bei der Urhebervergütung unberücksichtigt bleiben würden. Als Beispiel führt das Weißbuch an, dass die Erlöse aus dem Verkauf von DVD-Brennern aufgrund der "Deckelung" um 42 Prozent auf 26,4 Millionen Euro sinken würden, die Privatkopien allein von Filmen auf digitale Träger sich aber laut der Brennerstudie 2005 von 38 Millionen in 2003 auf 112 Millionen zwei Jahre später nahezu verfünffacht hätten. Die "angemessene" Vergütung für eine Kopie eines Werkes wäre so um 90 Prozent gesunken.

Generell halbiere sich der Preis für kopierfähige digitale Geräte alle zwei Jahre, während sich deren Leistungsfähigkeit im gleichen Zeitraum verdoppele, hält der Report fest. Die von der Regierung für die Zukunft versprochene Kompensation für die Senkung der Urheberabgabe über höhere verkaufte Stückzahlen bei den vergütungspflichtigen Geräten basiere daher "auf einer Milchmädchenrechnung". Hinter einer steigenden Zahl von Geräteverkäufen stehe auch ein Anstieg der damit kopierten Exemplare, der durch eine adäquat steigende Vergütung kompensiert werden müsse. Die Bundesregierung wolle dagegen eine "Kürzung der Stundenlöhne" der Geistesarbeiter damit rechtfertigen, "dass künftig mehr Überstunden gemacht werden müssen."

Für Mumpitz hält das Bündnis auch die Behauptung von Industrie und Regierung, dass die Pauschalabgaben automatisch zu höheren Endpreisen führen und die Verbraucher daher auf "Grauimporte" zurückgreifen würden. Laut einer Studie der GfK Frankreich vertreibe etwa die Firma Brother ihren Farb-Laserdrucker HL 2700 CN in Holland, das keine Kopiervergütung kennt, für 644 Euro, während sie in Deutschland lediglich 629 Euro verlange – also trotz Vergütungspauschale 15 Euro weniger. In Österreich, wo die Abgabe deutlich höher als in Deutschland liege, werde das gleiche Gerät für nur 599 Euro angeboten. Die Nutzer dürften zudem schon allein aufgrund möglicher Folgeprobleme bei Service oder Garantie sowie höheren Versandkosten vor Käufen im Ausland zurückschrecken.

Gleichfalls ins Leere gehe das Argument der Arbeitsplatzgefährdung durch eine "gerechte Vergütungsregelung". Es sei schließlich bekannt, dass der überwiegende Anteil der im Handel befindlichen Speichermedien und Kopiergeräte in Fernost gefertigt werde. Die Urhebervertreter fordern daher, den 2. Korb dringend neu zu flechten. Sie wenden sich auch gegen den von der Industrie geforderten Strukturwechsel, wonach zukünftig der Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken nur noch über verschlüsselte Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) möglich sein soll. Diese würden in absehbarer Zeit keinen zuverlässigen Schutz bieten und stark in die Privatsphäre der Nutzer einschneiden.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)