Brennerstudie: Die Filmwirtschaft und die gefühlte Bedrohung

Die Filmförderungsanstalt beklagt angesichts ihrer aktuellen Jahresumfrage zum Brennen von Videos, dass das illegale Downloaden zum "Breitensport" wird. Ein Großteil der gebrannten Filme stammt aber aus legalen Quellen.

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Pünktlich zur Aufwärmphase für die Berlinale und inmitten einer neu aufkochenden Debatte über die Reform des Urheberrechts hat die Filmförderungsanstalt (FFA) jetzt mit einiger Verspätung die Ergebnisse der vierten Brennerstudie (PDF-Datei) veröffentlicht. Angesichts einer deutlich größeren Verbreitung von DVD- und CD-Brennern sowie von breitbandigen Internetzugängen hat sich demnach auch die Zahl der illegal aus dem Internet gezogenen Filmkopien erneut erhöht. Die FFA erklärt das rechtswidrige Downloaden damit allgemein zum "Breitensport". Gegenmaßnahmen der Filmwirtschaft wie die heftig umstrittene und in die Jahre gekommene Kampagne "Raubkopierer sind Verbrecher" würden zwar stärker wahrgenommen und hätten das Unrechtsbewusstsein steigern können. Nichtsdestoweniger bleibe der "digitale Diebstahl" mit all seinen Konsequenzen auch für das Kinojahr 2006 eine "massive Bedrohung für die Filmindustrie".

Konkret sind laut der Studie, für welche die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zwischen Januar und Juni vergangenen Jahres 10.000 Personen ab zehn Jahren befragt hat, in deutschen Haushalten 11,9 Millionen aktuelle Spiel- und Kinofilme kostenlos aus dem Netz gezogen worden. Im entsprechenden Halbjahreszeitraum 2004 waren es noch 10,3 Millionen. Besonders besorgt zeigt sich die FFA, dass statt 1,3 Millionen Nutzer schon 1,7 Millionen am Filmsaugen waren. Das entspreche einem Anstieg um 30 Prozent. Der Trend der eher verhaltenen Zunahme bei Downloads, den die Brennerstudie 3 noch auswies, konnte so nicht bestätigt werden.

Die "aktivsten Raubkopierer" beschreibt die Studie wenig überraschend als "männlich, 20 bis 29 Jahre alt und technisch gut ausgestattet". Es werde aber auch deutlich, dass das Downloaden keineswegs eine Frage des Alters sei: Die 10 bis 19-Jährigen hätten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ihre Downloadaktivitäten um rund 160 Prozent, die Generation der "Silver Surfer" über 50 sogar um rund 180 Prozent gesteigert. Insgesamt gehen 16 beziehungsweise 14 Prozent der kostenlosen Downloads auf ihr Konto. Trotz intensiver Bemühungen zur Absicherung von Filmpremieren und strengen Auflagen bei Pressevorführungen hatten 10 Prozent der Nutzer zudem nach eigenen Angaben begehrte Streifen schon vor dem Kinostart auf dem Rechner.

Um 15 Prozent zugenommen hat zudem das Brennen von Filmen. Laut der Befragung haben im ersten Halbjahr 2005 sieben Millionen Personen insgesamt 58,4 Millionen Kino- und TV-Material gebrannt. Erstmals differenziert die Studie hier genauer zwischen der Herkunft des Materials. Demnach machen den Löwenanteil der gebrannten Kopien mit 27 Prozent selbst erstellte Aufnahmen aus dem Fernsehen aus, was eindeutig rechtmäßig ist. Jeweils 17 Prozent leihen sich von Freunden, Bekannten oder Verwandten entweder Original-DVDs beziehungsweise schon gebrannte DVD- oder CD-Kopien aus. Von selbst im Handel gekauften Medienträgern erstellen sich 13 Prozent eine Kopie. Erst an fünfter Stelle steht das Brennen von Videos aus kostenlosen Online-Tauschbörsen mit zehn Prozent. Generell gibt die FFA zu, auf die Frage: "legales oder illegales Brennen?" anhand des Materials "keine eindeutige Antwort" liefern zu können.

Relativiert werden die Download- und Brennerzahlen zudem, wenn man sich das Anwachsen der digitalen Gerätewelt in den Haushalten sowie deren deutlich bessere Vernetzung ansieht. Ende August 2005 verfügten 6,9 Millionen Personen über einen DVD-Brenner und 2,8 Millionen besaßen einen DVD-Recorder. Damit haben sich die technischen Zugriffsmöglichkeiten zum Downloaden und Brennen von Filmen gegenüber der Vorjahresperiode mehr als verdoppelt. Auch der Absatz von CD-Brennern hat weiter zugenommen: Fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung ab zehn Jahren besaß im August 2005 zu Hause einen CD-Brenner. Gleichzeitig konnten 64,4 Prozent der deutschen Bevölkerung privat einen Internetzugang nutzen. Davon haben zwei Drittel eine Breitbandverbindung oder zumindest ISDN. Ein Fünftel aller Surfer hat Netzzugang per Flatrate.

Weiteren Raum für Hoffnung lässt die Studie der Filmwirtschaft zudem: 50 Prozent der Personen, die bereits Filme gebrannt oder aus dem Netz geladen haben, bezeichnen ihren "Kinokonsum" als "stabil". 26 Prozent der Sauger haben zudem grundsätzlich Interesse daran, legale Download-Plattformen der Filmverleiher auch gegen eine bestimmte Gebühr zu nutzen. Ein "Vielleicht" stellen 47 Prozent der P2P-Nutzer in Aussicht. Statt 18 Prozent in 2004 kannten zudem 2005 bereits 31 Prozent der Befragten die Kampagne "Raubkopierer sind Verbrecher". In der "Kernzielgruppe 20 bis 29 Jahre" liegt der Wert laut FFA sogar bei 64 Prozent. Über den Erfolg der Werbestrategie jenseits des Bekanntheitsgrades spekuliert die Bundeseinrichtung nicht.

Zu den Diskussionen und juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)