Amazon, Apple, Microsoft & Co. unterstĂĽtzen Lobby gegen US-Klimaschutzgesetz

Große Technologie- und Medienkonzerne in den USA versprechen, die Klimakrise zu bekämpfen. Sie gehören aber Lobby-Gruppen an, die das Gegenteil fordern.

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Wegweiser "Lobby"

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
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Führende US-Unternehmen wie Amazon, Apple, Disney und Microsoft unterstützen Lobby-Organisationen, die Millionen US-Dollar ausgeben, um den Entwurf für ein weitreichendes US-Klimaschutzgesetz auszuhöhlen. Dies geht aus einem Bericht hervor, den die zivilgesellschaftliche Organisation Accountable.us am Freitag herausgegeben hat. Die Konzerne und ihre Chefs selbst behaupten dagegen gerne, beim Kampf gegen den Klimawandel mit Zielen für mehr Nachhaltigkeit und zur CO2-Reduktion an vorderster Front dabei zu sein.

Über 50 großen Firmen wirft Accountable.us daher Heuchelei vor. Sie seien aktive Mitglieder in Lobby-Institutionen, die massiven Widerstand gegen das von Präsident Joe Biden und den Demokraten im US-Kongress vorangetriebene Budgetpaket mit Ausgaben in Höhe von rund 3,5 Billionen US-Dollar angekündigt haben. Dieses gilt Beobachtern als das "bislang größte Gesetz gegen den Klimawandel". Es umfasst etwa ein Programm für die Förderung erneuerbarer Energien in Höhe von 150 Milliarden US-Dollar, das den Umstieg von Versorgern auf Wind-, Solar- und Wasserkraft erleichtern würde. Atomkraft soll allerdings auch gefördert werden, was in der EU umstritten ist.

Die Autoren der Analyse verweisen etwa auf den Schwur der US-Handelskammer, "alles zu tun, was wir können, um zu verhindern, dass dieses steuererhöhende und arbeitsplatzvernichtende" Gesetz beschlossen werde. Dem Vorstand der Vereinigung gehören Führungskräfte von Unternehmen wie Microsoft, Intuit, United Airlines, der Fluglinie Delta und Deloitte an, die sich alle besorgt über den Klimawandel geäußert und ein Gegensteuern angekündigt haben.

Eine andere Wirtschaftsallianz, der Business Roundtable, hat sich "zutiefst besorgt" über das als "Versöhnungsgesetz" bezeichnete Paket gezeigt, da es unter anderem die Steuern für Reiche erhöhen würde. Der Organisation gehören Firmenchefs wie Tim Cook von Apple an, der von Regierungen und Unternehmen stärkere Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise gefordert hat. Weitere Mitglieder sind Andy Jassy, der neue Chef von Amazon, Sundar Pichai, CEO der Google-Muttergesellschaft Alphabet, und Darren Woods, Chef des Ölriesen Exxon.

Die Gruppe Pharmaceutical Research and Manufacturers of America (PhRMA), der unter anderem Bayer, AstraZeneca sowie Johnson & Johnson angehören, hat laut der Untersuchung Anzeigen geschaltet, in denen sie den Gesetzentwurf angreift. Die Rate Coalition, die AT&T, Disney, FedEx, UPS und Verizon zu ihren Mitgliedern zählt, plant ebenfalls eine Werbekampagne, um die Initiative für den Corona-Wiederaufbau zu verhindern. Erklärtes Ziel der National Association of Manufacturers, bei der etwa Dow, Goodyear und SchneiderElectric mitmischen, ist es, die Biden-Agenda "auf jede erdenkliche Weise" zu kippen.

Der Guardian bat eine Vielzahl der genannten Konzerne um einen Kommentar. Der Zeitung zufolge wollte aber keiner davon die Haltung der jeweiligen Lobbygruppen, denen sie angehören, kritisieren. Kein Mitglied habe erklärt, dass man die Verbindungen zu diesen Lobby-Verbänden überprüfen werde.

Dies steht im Kontrast zu öffentlichen Klimaschutzbekenntnissen. Jeff Bezos, der zu den reichsten Menschen der Welt zählt, hält die Klimakrise offiziell für die "größte Bedrohung für unseren Planeten". Der von ihm gegründete Handelsriese Amazon hat sich verpflichtet, seine Emissionen bis 2040 auf null zu reduzieren und klimaneutral zu werden. Microsoft hat versprochen, schon in einem Jahrzehnt "kohlenstoffnegativ" zu sein. Disney will innerhalb des gleichen Zeitraums nur noch Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwenden.

Kyle Herrig, Präsident von Accountable.us, monierte, die Unternehmen versteckten sich hinter "zwielichtigen Gruppen" und finanzierten hinter verschlossenen Türen den Widerstand gegen das Gesetzespaket. Damit gefährdeten sie aber nicht nur die Umwelt massiv, sondern auch ihren eigenen Ruf.

Das Vorhaben Bidens und der Demokraten ist derzeit an einem kritischen Punkt. Die oppositionellen Republikaner lehnen es geschlossen ab. Auch in den eigenen Reihen gibt es Abweichler wie den Senator Joe Manchin, der den Entwurf für unsinnig hält und die bestehenden Subventionen für Kohle, Öl und Gas beibehalten will. Bidens Klima-Ambitionen erlitten bereits im Sommer einen Dämpfer. Bei einem ersten Infrastrukturpaket musste der Präsident einen Kompromiss eingehen, weil den Republikanern gerade die enthaltenen Klimaschutzmaßnahmen nicht passten. Nun soll es der zweite Korb richten. Umweltorganisationen und Wissenschaftlern geht auch dieser aber nicht weit genug.

(tiw)