Amazon bietet Einzelhändlern seine Technik für kassenlose Supermärkte an

Das kassenlose Einkaufen aus den Amazon Go-Läden vermarktet der Internet-Versandhändler nun auch separat für den Einzelhandel – ein Amazon-Kundenkonto entfällt.

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Amazon bietet Einzelhandel seine Technik für kassenlose Supermärkte an

Kreditkarte bei Betreten scannen, einkaufen und dann einfach rausgehen – so bewirbt Amazon sein kassenloses Bezahlsystem "Just Walk Out".

(Bild: Amazon / justwalkout.com)

Lesezeit: 3 Min.

Der Internet-Versandhändler Amazon bietet seine selbst entwickelte kassenlose Bezahltechnik für Supermärkte nun auch dem Einzelhandel an. Die bislang in den "Amazon Go" genannten kassenlosen Ladengeschäften in den USA eingesetzte Technik vermarktet das Unternehmen unter der Bezeichnung "Just Walk Out" (in etwa "Geh einfach raus") als Angebot an Einzelhandelsunternehmen weltweit. Mehrere Kunden sollen bereits gewonnen sein, die Namen verrät Amazon jedoch nicht, berichtet Reuters.

In Amazons eigenen "Go"-Läden muss man bislang per Amazon-Go-App einchecken und einen QR-Code vorzeigen, über den der Einkauf mit dem eigenen Amazon-Konto verknüpft wird. Dies entfällt bei "Just Walk Out": Der Kunde betritt einen Supermarkt durch eine Schranke, an der er lediglich eine Kreditkarte vorzeigt, heißt es bei Reuters. Die Amazon-Technik aus Kameras und Sensoren soll den Kunden sowie gegebenenfalls seine Begleitung ab dort erkennen und registrieren, welche Produkte er mitnimmt. Die Gestaltung eines Supermarktes obliegt wie bisher dem Einzelhändler, lediglich die Schranke mit dem Kreditkartenscanner soll den Schriftzug "Just Walk Out technology by Amazon" tragen" – darauf sollten Kunden unbedingt achten, bevor sie mit ihrem Einkauf tatsächlich "einfach rausgehen".

Die Waren müssen nicht gesondert gekennzeichnet werden, wie das etwa beim alternativen kassenlosen Bezahlsystem "Payfree" mit RFID-Chips vorgesehen ist. Amazon installiert Kameras an der Decke des Raumes und Gewichtssensoren in den Regalen, über die das Einkaufsverhalten eines Kunden erfasst wird. Alles, was nicht wieder ins Regal zurückgelegt wird, landet zunächst im virtuellen Einkaufskorb und wird beim Verlassen des Supermarktes abgerechnet. Die Umrüstung auf "Just Walk Out" soll laut Amazons Vizepräsident für Einzelhandel und Technik Dilip Kumar auch für bereits vorhandene Supermärkte möglich sein. Zu den Kosten machte das Unternehmen keine Angaben.

Auf der gleichnamigen Website zu seinem Angebot beantwortet Amazon einige Fragen, zur eingesetzten Technik gibt es aber nur wenige Details: Man nutze Kamerabilder, verknüpfte Sensordaten und Deep Learning, heißt es dort. Das Einrichten der Technik in einem Supermarkt soll in wenigen Wochen erledigt sein und Einzelhändler erhalten einen 24/7-Support von Amazon. Wünschen Kunden eine Quittung über ihren Einkauf, sollen sie vor dem Verlassen des Supermarktes an einem Terminal ihre E-Mail-Adresse eingeben können, an die dann ein elektronischer Kassenbon geschickt wird – diese Adresse speichert Amazon auch für künftige Einkäufe mit der verwendeten Kreditkarte.

Offen bleibt die Frage, wo, wie und durch wen die anfallenden Daten verarbeitet und gespeichert werden. Amazon erwähnt lediglich, dass man die Kamerabilder nur dazu nutze, um die Rechnung für den Kunden zu erstellen. Umtausch, Reklamation oder Rückfragen bearbeitet weiterhin der Einzelhändler. Ganz ohne Mitarbeiter kommt ein derart ausgerüsteter Supermarkt freilich nicht aus, merkt Amazon an: das Begrüßen der Kunden etwa sowie Hilfestellung und Altersüberprüfung bei bestimmten Warengruppen sollen weiterhin Angestellte übernehmen. Amazon bewirbt gegenüber Reuters sein Angebot vor allem mit der größeren Annehmlichkeit und dem Wegfall des Schlangestehens an der Supermarktkasse – schließlich stünden alle Menschen "unter Zeitdruck".

Amazon öffnete den ersten eigenen kassenlosen Laden 2018 für die Öffentlichkeit, seitdem sind ca. 20 kleine Läden dazugekommen. Ein erster größerer Markt ("Go Grocery") eröffnete kürzlich in Seattle. (tiw)