"Ampel auf Gelb" bei der Ölversorgung

In ihrer aktuellen Studie zu "Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen" warnt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vor einer Erdöl-Verknappung "zum Ende des nächsten Jahrzehnts".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 176 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

In ihrer aktuellen Studie zu "Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen" warnt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vor einer Erdöl-Verknappung "zum Ende des nächsten Jahrzehnts". In der laufend fortgeschriebenen Studie werden Reserven, Ressourcen, Produktion und Verbrauch der Energierohstoffe weltweit analysiert, bewertet und in einen regionalen Zusammenhang gestellt. Erst vor Kurzem hatte bereits die Internationale Energieagentur IEA in ihrem aktuellen "World Energy Outlook" eine Abkehr vom Öl propagiert.

"Erstmals seit 2003 konnte im vergangenen Jahr die Förderung von Erdöl weltweit nicht gesteigert werden", so BGR-Energierohstoffexperte Bernhard Cramer. "Eine Verknappung von Erdöl durch mangelnde Lagerstättenkapazitäten ist nicht die Ursache für die beobachtete Förderentwicklung bei Erdöl und auch nicht für die rasanten Preisentwicklungen", erklärte allerdings Hilmar Rempel, einer der Autoren der BGR-Studie. Nach Ansicht der BGR hätten vielmehr Markteffekte, wie etwa Förderkürzungen durch die Organisation Erdöl exportierender Länder, OPEC, sowie das rasante Wachstum der Wirtschaft insbesondere in China und Indien diese Entwicklungen bei Erdöl bewirkt, so Rempel. "Trotzdem steht bei Erdöl die Ampel zumindest auf gelb!" erklärte BGR-Präsident Hans-Joachim Kümpel. "Erdöl wird der erste Energierohstoff sein, bei dem eine echte Verknappung durch die Endlichkeit der Ressource spürbar wird", so Kümpel. Die Förderung des leicht und günstig zu gewinnenden Erdöls sei bei weiter wachsender Nachfrage bereits zum Ende des nächsten Jahrzehnts nicht mehr zu steigern, so das Fazit der BGR.

Bereits 1956 hatte der Geologe und Geophysiker Marion King Hubbert in einem Vortrag für die Frühjahrstagung des "American Petroleum Institute" über die "Kernenergie und fossile Brennstoffe" eine brisante These formuliert: Der zeitliche Verlauf der US-Ölförderung müsse – ähnlich wie die Förderrate einer einzelnen Ölquelle – einer Art Glockenform folgen. Demnach würde die jährliche Produktionsrate zunächst exponentiell ansteigen, einen Höhepunkt erreichen, wenn die Hälfte des maximal verfügbaren Öls gefördert sei, um schließlich wieder exponentiell abzufallen.

Die mathematische Formel für diesen Verlauf reichte Hubbert erst Jahre später nach – mit Hilfe seiner Methode konnte er allerdings den Peak-Zeitpunkt der US-Erdölproduktion korrekt vorhersagen. Nach Hubbert ist die verbleibende Erdölproduktion einzig davon abhängig, wie viel Öl bereits gefunden worden ist. Die Methode stützt sich nicht auf eine explizite Abschätzung der noch vorhandenen Reserven und Ressourcen. Vielmehr trägt man die jährliche Förderrate geteilt durch die bis dahin angefallene kumulative Produktion als Funktion der Zeit auf. Durch diese Datenpunkte lässt sich eine Gerade ziehen, deren Schnittpunkt mit der x-Achse die maximal mögliche Fördermenge ergeben soll; die Steigung ergibt ein Maß für die Breite des Peaks.

Kenneth Deffeys etwa, emeritierter Geologieprofessssor der Princeton University, Autor zahlreicher Bücher zum Thema Peak Oil und einer der smartesten Vertreter der so genannten Hubberitianer, traut der ganzen Welt nur Gesamtressourcen von etwa 270 Milliarden Tonnen Öl zu. Rund die Hälfte davon wurde bereits verbraucht, sodass nur mehr Öl für weitere 35 Jahre bliebe – an unsicheren und teuren Ressourcen wohlgemerkt, nicht an Reserven. Der peak läge demnach längst hinter uns – überschritten wurde er laut Deffeys "ohne großes Aufsehen" zu Erntedank 2005.

Die weltweite Vorratssituation der anderen Energierohstoffe Erdgas, Kohle und Uran stellt sich für die BGR deutlich entspannter dar: Erdgas – mit einem Anteil von knapp 24 Prozent nach Erdöl und Kohle drittwichtigster Primärenergieträger – wird den absehbaren Bedarf noch über Jahrzehnte decken können, Kohle – mit einem Anteil von rund 30 Prozent die Nummer Zwei unter den Primärenergieträgern – könne den absehbaren Bedarf "für Jahrhunderte decken". Und auch die Nutzung von Kernenergie "wird auch in Zukunft nicht durch die Verfügbarkeit des Kernbrennstoffs Uran limitiert", schreibt das BGR.

Siehe dazu auch TR 11/06:

(wst)