Analyse: X/Twitter rückte offenbar an identifzierbarem Datum nach rechts

Australische Forscher wollen den Tag ausgemacht haben, an dem X, ehemals Twitter, merklich nach rechts gerückt ist. Es war ein Wendepunkt im US-Wahlkampf.

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Unscharfer Elon Musk hinter Smartphone mit Logo von X vor Twitter-Vogel

(Bild: kavi designs/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Kathrin Stoll

Dass X, ehemals Twitter, seit der Übernahme durch Elon Musk im Jahr 2022 nach rechts driftet, wurde bereits erforscht. Und vermutet wird seit geraumer Zeit, dass der Algorithmus des Kurznachrichtendiensts politisch rechte Inhalte und Accounts zu mehr Sichtbarkeit verhilft. Zwei Forscher der Queensland University of Technology in Australien haben für eine Forschungsarbeit jetzt Indizien gesammelt, die diese Vermutung stützen. Ihren Ausführungen zufolge begann die Verstärkung dieser Inhalte an einem ganz bestimmten Tag – dem Tag des versuchten Attentats auf Donald Trump auf einer Wahlveranstaltung in Butler, Pennsylvania am 13. Juli 2024.

Vergleich der Retweets bei republikanischen (rot) und demokratischen (blau) Accounts

(Bild: Graham, Andrejevic)

In ihrem Paper mit dem Titel "A computational analysis of potential algorithmic bias on platform X during the 2024 US election", schreiben die Forscher, es gebe Belege dafür, dass es Mitte Juli 2024 eine deutlich erkennbare Veränderung des Nutzer-Engagements gab. Das weist laut der Forscher darauf hin, dass möglicherweise der Algorithmus geändert wurde. Zu dem von ihnen ermittelten Zeitpunkt des Umschwungs hat Elon Musk in Anschluss auf das versuchte Attentat sinngemäß getwittert, dass er "Präsident Trump" voll und ganz unterstütze und auf seine schnelle Genesung hoffe.

Um die These einer algorithmischen Verzerrung zugunsten konservativer Inhalte zu erhärten, untersuchten die Forscher das Engagement prominenter republikanisch orientierter Accounts, darunter etwa die von Libs of TikTok, Tucker Carlson oder Ben Shapiro im Vergleich zur Performance der Posts demokratisch orientierter prominenter Nutzer, darunter auch Politiker wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez. Nach Musks Bekenntnis zu Trump habe die Sichtbarkeit der republikanisch orientierten Accounts im Vergleich zu den demokratisch orientierten signifikant zugenommen, möglicherweise befördert durch den Empfehlungsmechanismus der Plattform, den sogenannten "Für dich"-Feed.

Seit dem 13. Juli am stärksten zugenommen hat laut der Forscher allerdings das Nutzer-Engagement bei Musks eigenen Beiträgen. Sie sehen darin einen weiteren möglichen Hinweis darauf, dass entsprechend am Algorithmus geschraubt worden war.

Die Arbeit der Forscher ist nicht die erste Sammlung von Indizien zu dieser Annahme. Das Wall Street Journal etwa hat im Oktober festgestellt, dass der X-Algorithmus neuen Nutzern politischen Content vorsetzt, ob diese das wollten oder nicht. Trump-freundliche Inhalte seien demnach deutlich häufiger in den Timelines der zum Zweck der Untersuchung neu eingerichteten Accounts aufgetaucht als solche, die die demokratische Kandidatin Kamala Harris unterstützten.

(kst)