Anhörung im US-Senat: Datenbroker – die "dunkle Seite der US-Wirtschaft"

Datenbroker legen laut einer US-Studie quasi im Geheimen Datenprofile von jedermann an. Der Vorsitzende des Senats-Wirtschaftsausschuss sprach von der "dunklen Seite der US-Wirtschaft". Schwache Minderheiten würden stigmatisiert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 24 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert
Inhaltsverzeichnis

Parallel zur Veröffentlichung der Reformvorschläge für die US Geheimdienste hat der Wirtschaftsausschuss im US-Senat Auswüchse im Geschäft privater Datensammler diskutiert. Die sogenannten Datenbroker kombinierten teils bis zu 1500 Einzelaspekte zu "detaillierten und intimen Profilen amerikanischer Verbraucher" und verkauften sie für Cent-Beträge, teils sogar an Kriminelle. Der demokratische Ausschussvorsitzende Jay Rockefeller sprach in der Anhörung von der "dunklen Seite der US-Wirtschaft", die die Gesellschaft segmentiere. Mit der Stigmatisierung schwacher Minderheiten würden Milliarden verdient.

Eine von Rockefeller angeforderte Studie zum Datenhändlergeschäft kommt zum Ergebnis, dass praktisch im Geheimen Datenprofile von jedermann, insbesondere auch von besonders verletzlichen Gruppen, angelegt werden. Abgesehen von den Lesegewohnheiten wüssten die Datensammler, ob jemand raucht, an Diabetes leidet, wie viel der Betreffende oder andere Familienmitglieder wiegen oder wie viele Whiskys er in den vergangene 30 Tagen konsumiert hat, sagte Rockefeller.

Besonders abstoßend ist laut Rockefeller seien Kategorisierungen wie "auf dem Land und schafft es kaum", "schwieriger Start: alleinerziehendes Elternteil" und "problematische Rentensituation: Senior auf dem Land oder in einer Kleinstadt". Pam Dixon vom World Privacy Forum berichtete auch von Klassifizierungen von Vergewaltigungsopfern und Opfern häuslicher Gewalt.

Drei der großen Datenbroker-Unternehmen, die Daten zu ihrer Kundschaft schuldig geblieben waren, verwarnte Rockefeller scharf. Er behalte sich weitere Schritte gegen Acxiom, Epsilon und Experian vor.

Wie der Datensammelwut konkret Einhalt geboten werden soll, blieb in der Sitzung am gestrigen Mittwoch noch unklar. Diskutiert wurden unter anderem eine gesetzliche Verpflichtung zu Transparenz für die Verbraucher. Es müsse diesen möglich sein, gesammelte Daten einzusehen, zu korrigieren oder möglicherweise sogar löschen zu lassen. Viele der als Marketing-Werkzeuge angelegten Megaprofile fielen nicht unter Datenschutzregelungen bei Auskünften zur Kreditwürdigkeit (Fair Credit Reporting Act) oder bei der Weitergabe von Gesundheitsdaten (Health Insurance Portability and Accountability Act), sagten Experten der Federal Trade Commission und des World Privacy Forum.

Vertreter der Branche hielten dagegen, wollte man Verbrauchern erlauben, ihre Datenprofile zu korrigieren, müssen man noch mehr Daten erheben. "Dafür müsste authentifiziert und authentisiert werden", sagte Jerry Cerasale, Senior Vice President der Direct Marketing Association. Das würde das Geschäft mit den Daten, das letztlich die geheime Zutat des Erfolgs der US-Wirtschaft der vergangenen Jahre sei, erheblich verteuern. Tony Hadley, Senior Vice President des Datenbrokers Experian, sagte, eine Opt-Out-Seite für Verbraucher sei deshalb nicht sinnvoll, weil zehntausende von Firmen dort verzeichnet sein müssten. "Wer tauscht denn heute keine Daten aus? Das ist doch das Geschäftsmodell des Internet", wandte Hadley ein. Zu den Kunden, deren Namen er im einzelnen nicht nennen wollten, gehörten nicht zuletzt zahlreiche staatliche Behörden. (anw)