Arcor soll Google sperren
Die Huch Medien GmbH hat beim Landgericht Frankfurt einen Eilantrag gestellt, wonach der Eschborner Provider die Seiten der Suchmaschine wegen der Verbreitung pornographischer Schriften ohne Alterskontrolle blockieren soll.
Neue Wende in der Schlammschlacht um den Jugendschutz in der Erotik-Branche im Internet: Die Huch Medien GmbH hat beim Landgericht Frankfurt einen Eilantrag gestellt, wonach Arcor die Seiten Google.de und Google.com wegen der Verbreitung pornographischer Schriften ohne Alterskontrolle blockieren soll. Die Mainzer Firma, die selbst die Sexseite Amateurstar.de betreibt, will nicht länger hinnehmen, dass über die Bildersuche von Google noch auf dem Angebot der Suchmaschine selbst etwa bei der Eingabe von einschlägigen Begriffen wie "Porno", "Fick" oder "Oralsex" Hunderte pornographischer Bilder für Nutzer jeglichen Alters angezeigt werden. Selbst Aufnahmen "eindeutig verbotener Tierpornographie" seien über nahe liegende Suchworte abrufbar.
Laut dem heise online vorliegenden Antrag drängt sich der Verdacht "systematisch begangener schwerer Straftaten auf den Webseiten www.google.de und www.google.com auf". Arcor dürfte nach menschlichem Ermessen bekannt sein, dass man diese Webseiten als in Anspruch genommener Zugangsanbieter verbreite. Folglich trage der in Eschborn angesiedelte Dienstleister zumindest als Mitstörer zu den "entsetzlichen Verstößen auf dieser schrecklichen Webseite" bei. Die Antragstellerin habe Arcor am 20. November auf den Befund hingewiesen und Gelegenheit gegeben, die Seiten des Suchmaschinenprimus zu sperren. Eine Reaktion sei daraufhin genauso wenig erfolgt wie auf eine formale Abmahnung drei Tage später. Die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe sei daher nun unerlässlich.
Die prinzipiellen Haftungsprivilegien für Provider aus dem Telemediengesetz (TMG) sind dem Sperrungsantrag nach gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auf Unterlassungsansprüche nicht anwendbar. Der BGH habe ausdrücklich auf eine Passage im TMG hingewiesen, wonach Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters" unberührt bleiben. In der Auseinandersetzung gehe es zudem um die Sicherstellung des Jugendschutzes, also um ein Verfassungsgut höchsten Ranges. Auch das Wettbewerbsrecht müsse hier greifen und der Störer in Anspruch genommen werden, da er seine Prüfpflichten nicht erfüllt habe.
Das Landgericht Frankfurt verdonnerte Arcor im Oktober bereits zur Sperrung der Erotik-Seite YouPorn.com im Rahmen einer einstweiligen Verfügung. Antragsteller damals war die Firma Kirchberg Logistik aus Hannover. Diese brachte vor, dass das auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien stehende Angebot YouPorn.com keine den deutschen Gesetzen entsprechende Alterskontrolle durchführt und der Jugendschutz nach hiesigem Recht damit nicht gewährleistet ist.
Der Einsatz für mehr Jugendschutz durch die Kirchberg Logistik, hinter der die Video Buster Entertainment Group und deren Geschäftsführer Andreas Grebenstein und Mario Brunow stehen, zieht sich bereits eine Weile hin. Die Porno-Vertriebsfirma schickte im Sommer Sperrungsaufforderungen an zahlreiche deutsche Zugangsanbieter. Die meisten der angeschriebenen Unternehmen reagierten darauf nicht. Allein Arcor testete freiwillig eine Sperre auf Basis der IP-Adresse, hob diese aufgrund großer Kollateralschäden aber rasch wieder auf. Die Hannoveraner stellten daraufhin gerichtliche Anträge auf einstweilige Sperrungsverfügungen gegen Arcor, Kielnet und Tele2. Den Antrag gegen den schleswig-holsteinischen Provider hat das Landgericht Kiel inzwischen abgelehnt, da die Leistung von Kielnet als "inhaltsneutral" einzuschätzen sei. Arcor wiederum hat Einspruch gegen die Sperrungsanordnung eingelegt.
Der Geschäftsführer von Huch Medien, Tobias Huch, will mit seinem Vorstoß der Justiz nun auf den Zahn fühlen und die Tragweite der Haftungsfreistellungen testen. "Das Gericht soll sagen, ob die Welt am deutschen Wesen genesen soll", erklärte der Unternehmer gegenüber heise online. Wenn hierzulande Seiten wie YouPorn gesperrt werden müssten, dürfen entsprechende Anträge bei den Providern bald auch wegen eines fehlenden Impressums im Web eingehen. Zudem dürfe man sich in einem solchen Rechtssystem auch nicht beklagen, "wenn China großflächig Webseiten sperrt".
Huch wollte in einem langwierigen Rechtsstreit in den vergangenen Jahren durchsetzen, dass ein Alterscheck für den Zugang zu Porno-Angeboten im Netz ohne Medienbruch bei der Identifizierung von Nutzern erfolgen kann. Der BGH erklärte jüngst aber, dass das von Huch entwickelte und inzwischen nachgebesserte Verfahren "ueber18.de", bei dem anfangs vor allem die Zusammengehörigkeit von Ausweisnummer und Ausstellungsort des Dokuments überprüft wurden, nicht den gesetzlichen Bestimmungen genügt. Momentan hat der Unternehmer beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen Paragraph 184c Strafgesetzbuch (StGB) laufen, der in Zusammenhang mit Paragraph 184 die Verbreitung von Pornographie in Telemedien ohne Alterskontrolle verbietet. Diese Bestimmung hält Huch in ihrer jetzigen Breite nicht mehr für zeitgemäß.
Hintergrund-Informationen zur Schlammschlacht in der Erotik-Branche bietet der Artikel Sperren für den Jugendschutz in c't 23/07, S. 88. (Stefan Krempl) / (jk)