Astronomie: Schwarzes Loch in Satellitengalaxie schleudert Sterne in Milchstraße
Am Rand der Milchstraße gibt es überraschend viele hyperschnelle Sterne, die von außerhalb stammen. Sie verraten offenbar ein supermassereiches Schwarzes Loch.
Die Milchstraße (als bogenförmiges Band) und die Große Maggellansche Wolke (zwischen den Teleskopen) über dem Paranal-Observatorium
(Bild: ESO/Y. Beletsky)
In der größten Satellitengalaxie der Milchstraße gibt es offenbar ein supermassereiches Schwarzes Loch, das hyperschnelle Sterne in unsere Heimatgalaxie schleudert. Das meint eine Forschungsgruppe um Jiwon Jesse Han vom Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) herausgefunden zu haben. Ihre Forschungsarbeit wird gegenwärtig geprüft. Demnach hat die Gruppe in einer Auswahl von 16 hyperschnell durch die Milchstraße rasenden Sternen nur sieben gezählt, die im galaktischen Zentrum auf diese hohen Geschwindigkeiten beschleunigt wurden. Neun dürften dagegen aus der Großen Magellanschen Wolke und der Umgebung eines deutlich massereicheren Schwarzen Lochs stammen, als es dort vermutet wurde.
Viel schneller als ihre Umgebung
Als hyperschnelle Sterne oder Hyperschnellläufer (HVS für "hypervelocity stars") werden Sterne bezeichnet, die deutlich schneller sind als die Fluchtgeschwindigkeit ihrer Umgebung. Entstehen können sie etwa durch den sogenannten Hills-Mechanismus, bei dem ein Doppelsternsystem an einem Schwarzen Loch getrennt und einer der Sterne mit über 1000 km/s weggeschleudert wird. Am Rand der Milchstraße gibt es eine kleine Zahl dieser Sterne, denen sich die Forschungsgruppe gewidmet hat. Aus den Eigenschaften eines Teils davon konnte das Team nicht nur ermitteln, wie stark sie in der Großen Magellanschen Wolke beschleunigt wurden, sondern auch, wie massereich das dafür verantwortliche Schwarze Loch ist.
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Die Anzahl der entdeckten hyperschnellen Sterne mit einem Ursprung in der Nachbargalaxie im Verhältnis zur Zahl derer aus der Milchstraße könne nur mit einem supermassereichen Schwarzen Loch erklärt werden, das sich dort versteckt, schreibt das Team weiter. Es müsste demnach auf 6 × 105 Sonnenmassen kommen. Das ist zwar kleiner als die 4,3 × 106 Sonnenmassen von Sagittarius A*, dem supermassereichen Schwarzen Loch im Herzen der Milchstraße, aber "signifikant mehr", als bislang angenommen, heißt es in der Studie. Für ein kleineres Schwarzes Loch habe man einfach zu viele hyperschnelle Sterne entdeckt, die von dort stammen.
Die bislang nicht in einem Fachmagazin veröffentlichte Forschungsarbeit fügt ein weiteres Puzzlestück in das Bild des größten Satelliten der Milchstraße ein. Die Große Magellansche Wolke kommt auf etwa 10 Prozent der Masse unserer Milchstraße, noch ist nicht geklärt, ob sie die Milchstraße tatsächlich umkreist oder lediglich passiert. Erst im Herbst hat ein Forschungsteam erklärt, dass die Große Magellansche Wolke durch die "katastrophale Interaktion" mit der Milchstraße nur deshalb nicht zu viel Gas für die Bildung von Sternen verloren, weil sie vergleichsweise groß ist. Wäre sie kleiner, wäre von ihr nur "eine Ansammlung alternder roter Sterne" geblieben – mit einem ziemlich massereichen Schwarzen Loch im Zentrum.
(mho)