Astronomie: Spuren der letzten Kollision der Milchstraße viel jünger als gedacht

Bislang ist man davon ausgegangen, dass es in der Milchstraße seit vielen Milliarden Jahren friedlich zugeht. Jetzt legen Daten nahe, dass das so nicht stimmt.

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Eine Galaxie mit weißen Punkten im Vordergrund: Links sehr unruhig, rechts sehr gleichmäßig

Links viele "Falten" zwischen Sterngruppen am Rand einer Galaxie, rechts ohne diese Überreste einer Kollision.

(Bild: ESA/Gaia/DPAC, T Donlon et al. 2024/Stefan Payne-Wardenaar)

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Die letzte große Kollision unserer Milchstraße hat sich viele Milliarden Jahre später ereignet als bislang angenommen. Das legt eine Analyse von Messdaten des ESA-Weltraumteleskops Gaia nahe, die sich Verwerfungen in der Verteilung von Sternen widmet. Das hat das Rensselaer Polytechnic Institute aus den USA jetzt publik gemacht. Diese "Falten" entstehen demnach nach Verschmelzungen von Galaxien und verschwinden dann im Laufe der Zeit, wenn die Sterne sich wieder gleichmäßig verteilen. Gaia-Daten hätten nun gezeigt, dass die Verwerfungen bei der Verteilung von Sternen der Milchstraße auf eine Kollision hindeuten, die sich erst vor drei Milliarden Jahren ereignet hat. Das wäre mindestens fünf Milliarden Jahre später als davor angenommen.

Wie das Forschungsteam erläutert, haben sie die Spur der deutlich jüngeren Kollision in den gigantischen Datenmengen von Gaia gefunden. Das Weltraumteleskop kartiert seit Jahren Milliarden von Objekten am Sternenhimmel, darunter vor allem Sterne in unserer Heimatgalaxie. Etwa 100.000 vergleichsweise nahe Objekte habe man dahin gehend untersucht, wie viele und wie große "Falten" sie werfen. Damit meint das Team Verwerfungen zwischen Sternengruppen, die für eine weniger gleichförmige Verteilung sorgen, als dies nach Milliarden von ruhigen Jahren zu erwarten wäre. So klar, wie die in den Gaia-Daten zu erkennen seien, müssten sie erst vor vergleichsweise kurzer Zeit entstanden sein. Das lasse auf eine weitere und viel jüngere Kollision schließen, als jene, die wir kennen.

Bislang galt eine Kollision als letzte in der Geschichte der Milchstraße, die den Namen Gaia-Sausage-Enceladus (GSE) trägt. Die soll sich vor etwa fünf bis acht Milliarden Jahren ereignet haben. Fünf weitere benannte Kollisionen haben demnach noch vorher stattgefunden. Die Verschmelzung, deren mögliche Spur jetzt entdeckt wurde, hat noch keinen Namen. Das Forschungsteam ordnet sie aber einem Ereignis zu, das den Namen "Virgo Radial Merger" trägt und erst vor drei Milliarden Jahre stattgefunden hat. Die Entdeckung unterstreicht einmal mehr, wie viel wir über die Geschichte der Milchstraße noch herausfinden müssen und gleichzeitig wie enorm wertvoll Gaia dafür ist. Die Forschungsarbeit wird in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society vorgestellt.

(mho)