Atomkraft: Norwegen geht erste Schritte zu erstem kommerziellen AKW

In Norwegen könnte bald ein erstes kommerzielles Atomkraftwerk bekommen. Bis dahin ist der Weg aber noch weit. Momentan ist fraglich, ob er sich lohnt.

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Ansicht des Forschungsreaktors Jeep II

Forschungsreaktor Jeep II in Kjeller.

(Bild: regieringen.no)

Lesezeit: 2 Min.

Das erste kommerzielle Atomkraftwerk Norwegens könnte in der Gemeinde Farsund in Agder entstehen. Diese hat mit dem Energieunternehmen Norsk Kjernekraft eine Kooperation vereinbart, um zu prüfen, ob der Standort für ein AKW geeignet ist. In Norwegen wurden in den 1950er-Jahren zwar Kernreaktoren errichtet – drei in Kjeller und einer in Halden –, sie dienten aber nur Forschungszwecken und sind mittlerweile außer Betrieb.

Bis zu einem möglichen Baubeginn ist es aber noch ein langer Weg. Die norwegische Regierung hat im Juni dieses Jahres zunächst einen Ausschuss mit zwölf Mitgliedern eingesetzt, der Atomkraft als mögliche Energiequelle für das Land prüfen soll. Er soll bis Anfang 2026 seinen Bericht dazu vorlegen, geht aus einer Mitteilung der norwegischen Regierung hervor.

Ob für die norwegischen Pläne auch sogenannte Small Modular Reactors – auch Mini-AKW genannt – infrage kommen, haben die Berater von Rystad Energy im Auftrag von norwegischen Industrieverbänden voriges Jahr untersucht. Sie kamen zu dem Schluss, Atomkraft sei möglich, aber erst in den 2040er-Jahren; sie sei teuer und es sei ungewiss, ob sie durch die SMR-Technik günstiger werde. Das sei voraussichtlich erst Mitte der 2030er-Jahre besser einschätzbar. Auch müsse sich der Staat kräftig einbringen, besonders vor dem Hintergrund der Technik und der Entsorgung des Atommülls.

Norwegen mit seinen 5,4 Millionen Einwohner gewinnt den größten Teil seines Stroms aus Wasserkraft. Erneuerbare Energien machten 2022 knapp 76 Prozent des Bruttoendenergieverbrauchs des Landes aus. Der norwegische Arbeitgeberverband Næringslivets Hovedorganisasjon (NHO) geht davon aus, dass der Energiebedarf des Landes in den kommenden Jahren stark ansteigen wird.

Davon geht auch Farsunds Bürgermeisterin Ingrid Williamsen aus. Atomkraft könne eine stabile Energiequelle darstellen, auch mit vorhersehbaren Preisen für die Stromverbraucher. Ihre Gemeinde ist nicht die einzige, die sich als Standort für ein Atomkraftwerk anbietet. Beispielsweise hat sich auch der Gemeinderat von Taftøy dafür entschieden, möglicher Standort für SMR zu werden, und hat dafür auch schon ein Gebiet ausgewiesen.

NHO betont, "Technologieoptimisten" zu sein, daher wolle der Verband die Atomkraft keinesfalls abschreiben. Allerdings hätten europäische und US-amerikanische Projekte mit Verzögerungen und Kostenüberschreitungen zu kämpfen, SMR seien noch nicht in Sicht. NHO unterstütze die Regierung darin, die Entwicklung der Atomkraft weiterzuverfolgen, sehe aber keine Grundlage dafür, das Thema momentan nach ganz oben zu stellen.

(anw)