Atomkraft: Schweizer Regierung will Verbot neuer AKW aufheben

Verantwortungsvolle Planung der Stromversorgung müsse technologieoffen sein, meint die Schweizer Regierung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 139 Kommentare lesen
Atomkraftwerk Beznau

Im AKW Beznau produzieren zwei Reaktoren Strom.

(Bild: ENSI)

Lesezeit: 2 Min.

Die Schweizer Regierung plant eine Gesetzesreform, durch die das dort geltende Verbot des Neubaus von Atomkraftwerken aufgehoben werden soll. Es sei offen, ob die Erneuerbaren Energien in dem Land rasch genug ausgebaut sein werden, um den steigenden Strombedarf rechtzeitig decken zu können, während Kapazitäten durch geopolitische Unsicherheiten und andere Faktoren wegfallen. Gaskraftwerke kommen dafür nicht in Frage, da die Schweiz bis 2050 Netto-Null-Emissionen anstrebt. Diese sowie Ölkraftwerke seien nur eine Reserve für den Notfall.

"Im Sinne einer verantwortungsvollen Planung der Stromversorgungssicherheit strebt der Bundesrat deshalb nach Technologieoffenheit", heißt es in einer Mitteilung der Regierung. Das bestehende Neubauverbot für AKW sei mit dem Ziel der Technologieoffenheit nicht vereinbar und berge darüber hinaus auch Risiken für den Rückbau bestehender Anlagen.

In der Schweiz produzieren momentan vier Reaktoren an drei Standorten ein Drittel des dort benötigten Stroms. Für sie gibt es keine Laufzeitbeschränkung. 2017 stimmte das Schweizer Volk dafür, den Bau neuer AKW zu verbieten. Dieses Verbot hinterfragte im März dieses Jahres die kleine Kammer des Schweizer Parlaments, der Ständerat.

Nun antwortete der Bundesrat auf eine Volksinitiative, in der gefordert wurde, das Verbot zum 1. Januar 2018 aufzuheben und dafür die Verfassung zu ändern. Das lehnt die Regierung ab, weil die Schweizer Verfassung bereits eine breit gefächerte Energieversorgung vorschreibe. Ihre Reform des Kernenergiegesetzes will die Schweizer Regierung voraussichtlich im Frühjahr 2025 in das Parlament einbringen.

Ebenfalls im Jahr 2017 hatte das Schweizer Volk dafür gestimmt, die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien auszubauen. Im Juni dieses Jahres stimmten die Schweizer dafür, dass 16 Wasserkraftwerke neu- oder ausgebaut werden können. Auch große Solar- und Windkraftanlagen können – wie von der Regierung erhofft – nun leichter umgesetzt werden.

Windkraft- und Solaranlagen ab einer bestimmten Größe und Bedeutung gelten in der Schweiz als "Anlagen von nationalem Interesse". In Deutschland gibt es ein ähnliches Konstrukt, "überragendes öffentliches Interesse", durch das bei der Abwägung von Genehmigungen Erneuerbare Energien oder auch die noch zu entwickelnde Wasserstoff-Infrastruktur schwerer wiegen.

(anw)