Atomkraft: Schweizer und Dänen forschen an Thorium-Flüssigsalz-Reaktor

Kleine, modulare Reaktoren könnten helfen, den künftigen Energiebedarf zu decken. Daran wird nun in der Schweiz geforscht.

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Grafik eines AKW von Copenhagen Atomics

So stellt sich Copenhagen Atomics ein Atomkraftwerk mit SMR mit einer Gesamtleistung von 1 GW vor.

(Bild: Copenhagen Atomics)

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Am Schweizer Paul Scherrer Institut (PSI) wird künftig für neue Reaktortechnik experimentiert. Das zur ETH gehörende PSI kooperiert dafür mit dem dänischen Unternehmen Copenhagen Atomics. Zusammen wollen sie die Salzschmelzenreaktor-Technologie validieren und Erfahrungen gewinnen, die helfen könnten, derartige Reaktoren zu planen, zu genehmigen, zu bauen und auch stillzulegen. "Darüber hinaus sollen Daten für die kommerzielle Nutzung und Open-Source-Daten für die Validierung von Reaktormodellierungswerkzeugen gewonnen werden", wie es in einer Mitteilung des PSI heißt.

Copenhagen Atomics arbeitet demnach seit fast einem Jahrzehnt am Prinzip der Salzschmelzenreaktoren. Die Technik sei inzwischen so weit ausgereift, dass nun kritische experimentelle Tests zu Thorium-Flüssigsalz erforderlich seien. In Kopenhagen gebe es bereits Prototypen mit Reaktorkreisläufen im Originalmaßstab. Als Brennstoff werden Fluoridsalze aus Lithium, Thorium und schwach angereichertem Uran verwendet. Diese könnten in Modulen von der Größe eines herkömmlichen 40-Fuß-Containers hergestellt werden. Thorium-Salzschmelzenreaktoren könnten langfristig als Brutreaktoren Strom mit Gestehungskosten von 20 US-Dollar/MWh produzieren, glaubt Copenhagen Atomics.

In dieser Art Reaktoren wird als Kühlmittel und als Träger des Brennstoffs Salzschmelze verwendet. Die bisher erprobten Schmelzen können bis zu 1400 °C stabil sein, erläutert die deutsche Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS). Die hohen Betriebstemperaturen sollen hohe Wirkungsgrade sowie die Wärmeauskopplung für industrielle Hochtemperaturprozesse ermöglichen. Zudem sollen die Reaktoren durch die Wärmetransporteigenschaften der Salzschmelze verglichen mit gasgekühlten Reaktoren bei gleicher Leistung mit deutlich kleineren Abmessungen gebaut werden können.

Copenhagen Atomics wirbt mit diesen gegenüber herkömmlichen Reaktoren geringeren Abmessungen. Die Industrie skaliere normalerweise die Größe von Atomkraftwerken, um die Kosten zu senken, aber dadurch steige auch das finanzielle Risiko. Die Salzreaktoren seien so klein und zudem modular, dass sie zu einem Bruchteil klassischer Reaktoren hergestellt werden könnten. Die gewünschte Leistung werde erreicht, indem an einem Standort mehrere Reaktoren aufstelle, sogenannte Small Modular Reactors.

Weil in einem solchen Reaktor weniger Brennstoff eingesetzt wird, verringere sich damit auch die Menge der möglichen Radioaktivität, die durch einen Unfall freigesetzt werden kann, ergänzt die GRS. Allerdings brächten Small Modular Reactors neue Risiken mit sich. Im Falle von Salzschmelzen seien das beispielsweise deren stark korrosive Eigenschaften. Diese müssten zum Beispiel für Kühlmittelleitungen berücksichtigt werden.

Ob die neue Technik – sofern sie erfolgreich getestet werden kann – in der Schweiz selbst eingesetzt wird, ist fraglich. 2017 stimmte das Schweizer Volk dafür, keine neuen Atomkraftwerke mehr zu bauen. Allerdings gibt es in der Schweiz Bestrebungen, neue Atomkraftwerke zuzulassen und zu bauen. Ein solches Szenario soll nach dem Willen des Schweizer Ständerats die Regierung prüfen, hieß es im März dieses Jahres.

(anw)