Atomkraftwerk Tschernobyl: Erster Schichtwechsel seit Beginn des Ukraine-Kriegs

Erstmals nach knapp vier Wochen konnten technische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des stillgelegten AKW Tschernobyl ausgewechselt werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 44 Kommentare lesen

Gelände des AKW Tschernobyl.

(Bild: sNRiU)

Lesezeit: 2 Min.

Technisches Personal des Atomkraftwerks Tschernobyl konnte erstmals seit Beginn der russischen Invasion die Anlage verlassen. Das gibt die Internationale Atombehörde IAEA bekannt, sie sei darüber von der ukranischen Regierung informiert worden.

Von den 210 Mitarbeitern habe die Hälfte zum ersten Mal seit der Besetzung Tschernobyls durch russische Streitkräfte am 24. Februar 2022 nach Hause gehen können, sie wurde durch frisches Personal ersetzt. Beschädigte Straßen und Brücken hätten den Transport von Personal in die nahe gelegene Stadt Slavutych erschwert, schreibt die teilte die IAEA unter Berufung auf die ukrainische Regulierungsbehörde SNRIU mit. Die andere Hälfte habe am Montag das Werk verlassen, dreizehn Mitarbeiter hätten sich dem Schichtwechsel verweigert, Die meisten Mitglieder des ukrainischen Wachpersonals seien ebenfalls im AKW verblieben.

IAEA-Generaldirektor Rafael Mariano Grossi hatte sich wiederholt besorgt über das Befinden des Personals in Tschernobyl geäußert. In Block 4 des Atomkraftwerks hatte sich im April 1986 eine Kernschmelze und Explosion ereignet, er wird ständig überwacht. Der letzte der drei übrigen Reaktoren wurde 2000 stillgelegt, seitdem lagern auf dem Gelände in Wasserbecken abgebrannte Brennstäbe.

Die neue Arbeitsschicht kommt ebenfalls aus Slavutych, das etwa 70 km von Tschernobyl entfernt ist. Es sei eine Einigung darüber erzielt worden, wie zukünftige Schichtwechsel im AKW organisiert werden könne, teilte die IAEA mit. Grossi war vor elf Tagen nach Antalya in der Türkei gereist, um dort mit Vertretern Russlands und der Ukraine über die Situation in den ukrainischen Atomkraftwerken zu sprechen. Diese Konsultationen wolle der Fortsetzen, heißt es.

Außer dem stillgelegten AKW Tschernobyl halten russische Truppen das Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine seit dem 4. März besetzt. Zwei der sechs Reaktoren dort arbeiteten derzeit mit zwei Dritteln ihrer maximalen Last von 1000 MW, erläutert die IAEA. Zwei Starkstomleitungen, die zu dem AKW führen, seien repariert worden, insgesamt sei das Werk nun über drei Leitungen mit dem Stromnetz verbunden. Weiter seien drei Reaktoren im AKW Riwne, ein Reaktor in Chmelnyzkyj und zwei im AKW Südukraine zurzeit in Betrieb. In allen AKW seien die Strahlungswerte normal. Ein Forschungsreaktor in Kiew befinde sich laut SNRIU in einem sicheren Abschaltzustand. Im Gegensatz zu den anderen AKW erhält die IAEA nach eigenen Angaben aus Tschernobyl immer noch keine Daten aus den Überwachungssystemen.

(anw)