Attentat von Boston: Justizministerin gegen schärfere Sicherheitsgesetze

Nach den Anschklägen von Boston kocht die Debatte über mehr Videoüberwachung und schärfere Gesetze hoch. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wies entsprechende Forderungen von Bundesinnenminister und BKA-Präsdient zurück.

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Nach den Terroranschlägen von Boston werden in Deutschland besonnene Schritte für die innere Sicherheit angemahnt. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wies Forderungen nach schärferen Sicherheitsvorkehrungen in Deutschland in der Welt am Sonntag zurück. "Der fürchterliche Anschlag von Boston sollte nicht für eine innenpolitische Debatte instrumentalisiert werden." Deutschland verfüge über ausreichende Sicherheitsgesetze, das breite und differenzierte Instrumentarium solle man "nicht kleinreden", meinte die Ministerin.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, warnte vor überzogenen Reaktionen. "Dass nach einem Ereignis wie in Boston sofort Forderungen formuliert werden, ist Teil des politischen Geschehens", sagte er der Welt am Sonntag. "Bei der konkreten Umsetzung sollte dann aber wieder Besonnenheit einkehren." Deutschland habe die Herausforderung nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 insgesamt überzeugend bewältigt, betonte Voßkuhle. Jedenfalls sei dies "weniger hysterisch als in manchen anderen Ländern" geschehen. Auch seien die Bürger erstaunlich gelassen geblieben.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, wies im Bayerischen Rundfunk Forderungen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach mehr Video-Überwachung zurück. "Ich warne vor solchen reflexhaften Forderungen." Es komme auf die Verhältnismäßigkeit der Sicherheitsmaßnahmen an. Außerdem dürfe der Wert von Video-Aufzeichnungen auch nicht überschätzt werden.

Friedrich hatte sich für mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen in Deutschland ausgesprochen. "Die Ereignisse in Boston zeigen erneut, wie wichtig die Überwachung des öffentlichen Raums durch Videokameras für die Aufklärung schwerster Straftaten ist. Deshalb arbeiten wir zum Beispiel mit der Bahn daran, die Videoüberwachung an den Bahnhöfen zu stärken", sagte der CSU-Politiker der Bild am Sonntag.

Für Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), zeigen die Anschlagversuche in Köln 2006 und Bonn 2012 sowie der nun gelungene Angriff in Boston, "welche große Bedeutung eine Videoüberwachung bei potenziellen Anschlagsgefahren haben kann". Sie könne "abschreckend wirken und auch entscheidend bei der Aufklärung von Straftaten helfen", sagte er dem Focus.

Auch in den USA wurden Stimmen laut, die Videoüberwachung auszuweiten. Wie das Wall Street Journal berichtet, meint der Republikaner Peter King, der im Ausschuss für innere Sicherheit des Abgeordnetenhauses sitzt, in den Städten sei mehr Überwachung nötig. Die Bürgerrechtler des Electronic Privacy Information Center meinen hingegen, der schnelle Fahndungserfolg nach den Explosionen von Boston habe gezeigt, dass die Überwachung nicht ausgebaut werden müsse. (mit Material der dpa) / (anw)