Aufpolieren, Klimastreit und fliegende Kameras – Fotonews der Woche 9/2023

Technisch hat sich diese Woche wenig getan, die Hersteller versorgten Kameras mit Updates und Upgrades. Ein Blick über den Tellerrand vertreibt das Gähnen.

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(Bild: Generiert mit Stable Diffusion von Christine Bruns)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Christine Bruns
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Nicht jede Woche sind die ganz großen (Foto-)Fische im Netz, manchmal muss man sich auch mit den kleinen Sprotten begnügen. Die kamen in dieser Woche von Nikon und Canon in Form von Updates für einige Kameramodelle. Canon bäckt dabei besonders kleine Brötchen, Anpassungen an das Speedlite EL-5 und Unterstützung für die RF-S55-210 mm F5-7.1 IS STM Optik bei den Kameras EOS R7 und R10, die R6 kann nun bei Übertragung von Bildern an FTP-Server diese auch verkleinern. Kleine Fische eben.

Nikon legt für die Z5 und die Z9 etwas mehr auf den Tisch. Die Z5 unterstützt nun die Speicherung des Fokuspunktes per f2-Taste bei fünf langen Brennweiten (Z 70-200mm f/2.8 VR S, Z 100-400mm f/4.5-5.6 VR S, Z 400mm f/2.8 TC VR S, Z 400mm f/4.5 VR S, Z 800mm f/6.3 VR S), dazu die iOS-App NX MobileAir ab der Version 1.0.4 und den Augenautofokus bei Video. Wer die Kamera gern mit Handgriff bedient, kann sie mit dem fürs Filmen konzipierten Handgriff MC-N10 fernsteuern oder einfach die kleine Bluetooth-Fernbedienung ML-L7 nutzen. Die große Schwester Z9 arbeitet jetzt optimal mit dem Z 85 mm f/1.2 S zusammen und soll bei Serienaufnahmen kontrastarmer Motive besser fokussieren können.

Auch analog haben wir ein kleines Upgrade. Fujifilms instax mini 12 erscheint in fünf neuen Farben, Plastik und Sofortbild wie eh und je. Neu sind der Paralaxenausgleich im Sucher bei Nahaufnahmen und dass die Mini jetzt auch eine dazugehörige App besitzt, mit der sich die Bilder in Nullkommanix auf Social Media posten lassen.

Canon dagegen beschäftigen derzeit nicht nur marktwirtschaftliche und technische Belange. Die Aktivisten der Gruppe „Action Speaks Louder“ halten den Hersteller mit dem Vorwurf auf Trab, den Klimawandel zu leugnen und sogar bewusst falsche Informationen über diesen zu streuen. Die Gruppe bezieht sich dabei auf ein Buch von Dr. Taishi Sugiyama, das den Klimawandel verharmlosen soll. Der Autor hat dazu verschiedene Artikel über das Canon Institute for Global Studies (CIGS) veröffentlicht, die in eine ähnliche Richtung zielen.

Im Interview mit PetaPixel erklärt Canon: „Die Aussagen, auf die sich Action Speaks Louder bezieht, wurden von Herrn Sugiyama veröffentlicht, der mit CIGS verbunden ist. CIGS arbeitet unabhängig und hat nichts mit den Geschäftsaktivitäten von Canon zu tun. Die von Herrn Sugiyama veröffentlichten Untersuchungen und Aussagen sind ausschließlich seine eigenen.“

Diesen Aussagen stimmen die Aktivisten nicht zu, denn die Canon Inc. habe das Institut sowohl gegründet, es trägt deren Namen und habe den eigenen CEO als Vorsitzenden des Aufsichtsrates eingesetzt. Dazu habe Canon Inc. CEO Fujio Mitarai erklärt: 'Das Institut führt verschiedene Forschungsaktivitäten im Einklang mit der Unternehmensphilosophie von Canon durch.'

Auch die Zahlen, die Canon anführt, um die eigenen Bestrebungen zum Schutz des Klimas zu untermauern, werden von den Aktivisten relativiert. Nach der gemeinnützigen Denkfabrik Transition Asia werden „die betrieblichen (S1,2) -Emissionen [Scope 1: direkte Freisetzung klimaschädlicher Gase, Scope 2 indirekte Freisetzung zum Beispiel durch Stromerzeugung, Anm. d. R.] bis 2030 im Vergleich zu 2010 wahrscheinlich nur um 27,6 Prozent reduziert. Das ist weit entfernt von der IPCC-Empfehlung für 1,5 °C.“ Diese würde rund 45 Prozent Reduktion für den gleichen Zeitraum benötigen. Canon selbst gab dieses Ziel jedoch nie an. Der Hersteller stellte 2008 ein Klimaziel von 30 Prozent Reduktion bis 2030 auf.

Um Druck auf Canon auszuüben, damit die Firma Ihre Klimaziele anpasst, startete die Gruppe einen Fotowettbewerb unter dem Motto „Cameras Don’t Lie“. Hier konnte man bis zum 28. Februar 2023 Aufnahmen einreichen, die den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel belegen. Das Siegerbild soll auf dem Times Square in New York sowie digital ausgestellt werden.

Doch bei all den hitzigen Diskussionen, Vorwürfen und Argumenten ist es gar nicht so einfach, den Durchblick zu behalten und herauszufinden, wer denn jetzt im Recht ist und wer nicht. Vielleicht bietet Konkurrent Sony hier den Ausweg aus dem Dilemma. Seit einiger Zeit arbeitet er mit der japanischen Raumfahrtagentur Jaxa und der Universität von Tokio an dem Projekt Sony STAR SPHERE. Es soll auch Nicht-Astronauten den Blick von oben auf die Welt ermöglicht. Quasi die reale Analogie zu Reinhard Meys Song „Über den Wolken“, wo von oben alles, was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein wird.

Hier soll auch jeder Normalsterbliche Nichtastronaut den Blick von oben auf die Erde, in die Sterne oder den Sonnenaufgang über der Erdkugel erhalten können, indem er sich auf dem Satelliten zeitbegrenzt einmietet. Ziel ist unter anderem, dass Menschen mit der dort im Satelliten integrierten Sony-Vollformatkamera ihre eigene Vorstellung vom Weltraum aufnehmen und wiedergeben können.

Für das Sony STAR SPHERE-Projekt wurde extra die englischsprachige Gesprächsrunde „From Science to Fantasy“ ins Leben gerufen, die auch den Künstler Hiroshi Sugimoto vorstellt. Er beschäftigt sich durch das Projekt unter anderem mit der Frage, welche physischen und spirituellen Veränderungen die Raumfahrtperspektiven für die Zukunft der Menschheit mit sich bringt. Dabei behandeln die Gespräche auch die Frage, ob sich mit mehr Raum die Probleme der Menschen ausbreiten oder ob sie diese relativieren.

In jedem Fall verdeutlicht die Perspektive aus der Erdumlaufbahn, wie groß dieser uns umgebende Raum ist – und wie klein wir, unser Planet und damit auch unsere Probleme. Wenn wir einmal aufhören in den Spiegel zu schauen und nur uns selbst zu sehen, können wir vielleicht aufeinander zugehen und gemeinsam Lösungen finden.

Doch vielleicht hilft uns ja die Künstliche Intelligenz. Auch sie wurde zuletzt immer wieder zur Zielscheibe der Kritik. Diebstahl von Kunst war nur einer der Vorwürfe. Sie nimmt es leicht und eine ganz neue Generation "Künstler", wenn auch ohne Urheberrechte, macht sich die Möglichkeiten zunutze, statt sie zu verteufeln.

Sie lassen die Probleme und Herausforderungen der modernen Gesellschaft einfach übermalen, so wie Cam Harmless. Mit viel Humor durfte die KI alle amerikanischen Präsidenten als coole Vokuhila-Träger in Szene setzen. Wer nicht weiß, was ein Vokuhila ist, das ist eine Frisur: hinten lang und vorn kurz. Eigentlich auch ein guter Kompromiss.

(cbr)