Auto-Abwrackprämie: Daten(schutz)pannen bei Online-Reservierung

Nach der heute gestarteten Umstellung auf ein Online-Anmeldeverfahren für die Verschrottungsprämie von 2500 Euro für Altautos hat das zuständige Amt E-Mails mit Personen- und Fahrzeugdaten offenbar wiederholt an falsche Adressaten verschickt.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Das am heutigen Montag um acht Uhr gestartete neue Online-Reservierungsverfahren "UMP neu" für den offiziell Umweltprämie getauften Verschrottungsbonus für Altautos entwickelt sich nach einem IT- nun auch zu einem Datenschutz-Desaster für die ausführenden Organe. heise online liegt eine zunehmende Zahl an Belegen dafür vor, dass die zuständige Behörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Antwort-E-Mails mit personen- und fahrzeugbezogenen Daten nicht an den ursprünglichen Antragsteller verschickt hat, sondern an andere Personen, die ebenfalls Abwrackprämien beantragen wollen.

In Einzelnen bedeutet dies für die Betroffenen: Ein Antragsteller "Herr Meier" erhält, nachdem er die durch die Überlastung der Behördenwebsite erschwerte Prozedur erfolgreich abgeschlossen hat, eine E-Mail des BAFA, dem ein PDF angehängt ist. Dieses Dokument enthält jedoch nicht die Bestätigung für die eigene Reservierung, sondern Daten eines anderen Antragstellers. Unfreiwillig erfährt nun "Herr Meier", dass eine "Frau Müller" in einem anderen Winkel der Republik ebenfalls eine Abwrackprämie kassieren will. Genannt wird deren Wohn- und E-Mail-Adresse, Typangabe einschließlich Fahrgestellnummer des alten Autos sowie Fahrzeugtyp und Schadstoffklasse des bestellten Neufahrzeugs.

Unklar ist, wie viele Bestätigungen bislang an einen falschen Adressaten verschickt wurden. Anhand der vergebenen Bearbeitungsnummern ist anzunehmen, dass es im Verlauf des heutigen Montags mindestens einigen tausend Personen gelungen ist, ihre Online-Reservierung vollständig abzuwickeln, auch wenn sie wegen des Ansturms auf die Website dafür mitunter mehrere Stunden aufwenden mussten. Bislang gibt es auch keinen Hinweis darauf, dass Reservierungen lediglich paarweise (Meier/Müller Müller/Meier) falsch versandt wurden. Einige Leser von heise online berichten, dass dieselbe Vorgangsnummer offenbar mindestens zwei verschiedenen Antragstellern zugeordnet worden ist.

Telefonisch war die Pressestelle des BAFA zu dem Thema bislang nicht erreichbar, auch steht eine Antwort der Behörde auf eine schriftliche Anfrage von heise online zur Datenschutz-Panne aus. Bislang ist auch nicht bekannt, wie viele Antragsteller betroffen sind und ob die Fehlerquelle womöglich bei einem externen Dienstleister beziehungsweise in einer fehlerhaften Datenübergabe zwischen diesem und dem BAFA zu suchen ist.

Dass die Behörde eine externe Stelle mit der Online-Reservierung der "UMP neu" beauftragt hat, ist eine nahe liegende Vermutung. Die Umstellung vom schriftlichen auf ein Online-Verfahren bedeutete einen 180-Grad-Schwenk in der noch jungen Verwaltungspraxis der Vergabe von Abwrack-Subventionen. Diese Umstellung war erst eine Woche vor dem Stichtag 30. März beschlossen worden. Da die Umweltprämie zunächst nach dem Motto "wer zuerst kommt, mahlt zuerst" an die ersten 600.000 Antragsteller hätte vergeben werden sollen, benötigte die Behörde nach damaligen Angaben ein Verfahren, das die Eingangsreihenfolge der Anträge "sekundengenau" festhalten sollte.

Automobilclubs hatten das neue Verfahren schon vor seinem Start massiv kritisiert. Der ADAC monierte eine Benachteilung für Bewohner ohne DSL-Zugang oder mit fehlenden Internet-Kenntnissen. Der Automobilclub Europa (ACE) hatte das Online-Verfahren gar als "verfassungswidrig" abgekanzelt. Laut Volker Lempp, Chefjurist des ACE, würden willkürlich und ohne sachliche Rechtfertigung ganze Bevölkerungsgruppen von der Vergünstigung ausgeschlossen. Diese Ungleichbehandlung werde auch nicht dadurch beseitigt, wenn beispielsweise Autoclubs oder Kfz-Händler Anträge im Auftrag ihrer Kunden stellen. Es könne ernsthaft keinen Unterschied machen, in welcher Schriftform die Anträge mit den notwendigen Anlagen eingehen, ob per Brief, per Fax oder eben online. Den Anteil ungültiger Anträge im ursprünglichen Antragsverfahren auf dem Postweg hatte das BAFA zwischenzeitlich auf gerade vier Prozent geschätzt. (ssu)